Von Team
Montag, 19. Juli 2021

Wie Diversität Startups erfolgreicher macht – und so gelingt es

Startup-Gründungen sind noch immer eine Männerdomäne. Irgendwie sprechen zwar alle darüber, dass wir mehr Gründerinnen brauchen, aber in der Realität ändert sich wenig. Ein Gastbeitrag von Katrin Bacic.

Diverse Unternehmen sind erfolgreicher. Trotzdem tun sich viele schwer mit der Umsetzung und bleiben hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück. Das gilt für Startups genauso für die Investoren – wie ich im eigenen Innovation Hub erfahren musste. Dabei braucht es gar nicht viel, um Vielfalt wirklich vorzuleben. Wir müssen es nur zur Chef(innen)sache machen.

Startup-Gründungen sind noch immer eine Männerdomäne. Irgendwie sprechen zwar alle darüber, dass wir mehr Gründerinnen brauchen, aber in der Realität ändert sich wenig. Nur rund 15 Prozent der Gründungen in Deutschland werden von Frauen initiiert – dieser Wert stagniert seit Jahren. Und jene Startups, die von Frauen gegründet wurden, spielen meist nicht in einer Liga mit denen ihrer männlichen Gründer-Kollegen. Nur ca. sieben Prozent der weiblich gegründeten Startups beschäftigen mehr als zehn Personen. 

Gleichzeitig bekommen Frauen weniger Risikokapital. Grund dafür: Die Geldgeber sind beim Thema Diversität meist ähnlich schlecht aufgestellt wie die Startups selbst. So gibt es zum Beispiel in Deutschland kaum Investorinnen, die Gründungen finanzieren. Der Anteil von Partnerinnen in deutschen Venture-Capital-Unternehmen beträgt gerade einmal vier Prozent. Und Männer investieren vor allem in Startups, die von Männern gegründet oder geführt werden. 

Daran sollte sich dringend etwas ändern, schon allein weil Frauen zwar seltener Investments bekommen, diese dann aber mehr Umsatz machen (wie eine Untersuchung der Boston Consulting Group zeigt). Weibliche oder zumindest gemischte Teams arbeiten nachweislich erfolgreicher und nachhaltiger. So wissen wir, dass Unternehmen mit hoher Gender-Diversität eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Auch das belegen Studien immer wieder eindrucksvoll. Gefühlt weiß auch jede und jeder, dass mehr Vielfalt Unternehmen voran bringt, nur an der Umsetzung hapert es. 

Ich kenne das Phänomen aus eigener Erfahrung, denn in unserem Innovation Hub war es nicht anders. Seit 2019 bin ich im Investment-Bereich bei Wayra Deutschland tätig. Wir investieren in Tech-Startups – vor allem innerhalb unseres Venture-Client-Modells, bei dem wir unseren Mutterkonzern, die Telefónica, als Kunden für die Startups vermitteln. Auch wir haben uns Diversität stets groß auf die Fahnen geschrieben und im Portfolio von wayra Deutschland finden sich durchaus auch von Frauen geführte Startups, wie zum Beispiel Accu:rate oder vCOACH. Trotz allem sind Gründerinnen auch bei uns noch immer zu selten. 

Ich bin überzeugt davon, dass sich nur dann etwas ändert, wenn das Thema Diversity in der Unternehmensstrategie fest verankert und harte KPIs für alle Mitarbeitenden vereinbart werden. Mittlerweile nimmt Diversity bei uns wirklich Formen an: 50 Prozent unseres Teams ist weiblich. Unser Head of Marketing ist eine Frau. Ich selbst bin als Führungskraft Mutter. Und wir vereinbaren entsprechende Ziele: So muss bei uns jeder Venture Development Manager geeignete weibliche Startups scouten und ins Programm aufnehmen, d.h. Startups, die von Frauen geführt werden oder die mindestens eine Frau auf C-Level-Ebene vorweisen können. Das führt auch zu einem Umdenken bei Startups, denn die Aktivitäten in Sachen Diversität werden nun tatsächlich relevant, wenn es um die Förderung geht. Am Ende profitieren davon alle, denn die Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen hilft den Startups beim Wachstum und erhöht die Erfolgschancen.

Wie das konkret aussehen kann, zeigt zum Beispiel das Data-Training-Startup StackFuel, das zusammen mit Telefónica Deutschland dieses Jahr erstmalig ein Women-in-Data-Stipendium vergeben hat, um Frauen in Datenberufen zu fördern. Hintergrund der Initiative ist, dass die Daten-Expertise für Startups häufig entscheidend für den Geschäftserfolg ist, in Datenberufen aber rund 85 Prozent Männer tätig sind. Insgesamt 50 Stipendien wurden in kurzer Zeit an die Frau gebracht – ein klares Indiz dafür, dass es hier Bedarf gibt.

Unabhängig davon gilt für alle Unternehmen: Diversität muss Chef(innen)sache werden und gehört ganz nach oben auf die Agenda, wenn sich etwas ändern soll. Im Vorstand sollte eine Verantwortliche benannt werden, um die Umsetzung von Strategien und Einhaltung von Regelungen sicherzustellen. Solange Maßnahmen nicht im eigenen Betrieb verankert und vorgelebt werden, ändert sich auch nichts bei Partnern, Kunden – oder den geförderten Startups. Zu guter Letzt muss Diversität in den internen Zielsetzungen ernst genommen werden. Unternehmen können ganz konkret KPIs verankern sowie zumindest teilweise Auflagen für die Vergabe von Investments und Förderungen vergeben.

Ein klarer Fokus auf Diversität bei Investorinnen kann dazu führen, dass Frauen und diverse Menschen sich ermutigt fühlen und ihr Schritt in die Selbständigkeit wahrscheinlicher wird. Eindeutige Vorgaben unterstützen Startups zudem ganz allgemein dabei, Diversität von Beginn an mitzudenken. Denn Gründerinnen und Gründer konzentrieren sich meist nur auf Notwendigkeiten – was zum Unternehmensstart nur natürlich ist. Ein gewisser Druck vonseiten der Geldgeber kann dazu führen dazu, dass Diversität wirklich umgesetzt wird. Wie hoch ist der Frauenanteil im Team und wie viele weibliche Führungskräfte gibt es? Mit welchen Maßnahmen fördert das Startup Diversität? Diese und ähnliche Fragen müssen sich Gründerteams künftig gefallen lassen, wenn sie es auf eine externe Finanzierung abgesehen haben. Das Gute: Sie profitieren direkt und unmittelbar davon.

Über die Autorin
Katrin Bacic ist Chief Strategy Officer bei wayra Deutschland, dem Open Innovation Hub von Telefónica Deutschland. Als Early-Stage-Investment-Arm skaliert wayra technologieorientierte Startups und verfolgt dabei ein Venture-Client-Modell, bei dem die Muttergesellschaft Telefónica als Kunde für die Produkte der Startups auftritt. Als Leiterin für Strategie und Venture Development verbindet Katrin High-Potential-Gründer:innen von Tech-Startups, Investoren, Partner-Acceleratoren und Corporate Partner mit der Telefónica. Als Mentorin begleitet sie junge Frauen u.a. im Stealth Mode Program der Factory Berlin und bei WAI Accelerate (Women in AI).

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Foto (oben): Shutterstock