“Die Chemie zwischen Coach und Coachee muss stimmen”
Seit 2016 bieten wir bei Protofy allen Teammitgliedern regelmäßige Personal Coachings an. Ich werde oft gefragt, wie das im Detail funktioniert, mit wie vielen Coaches wir arbeiten, ob es externe oder interne sind und wie wir sie gefunden haben. Heute möchte ich daher ein paar Einblicke in unser Setup geben und sagen, worauf ich bei der Auswahl eines Coaches achte.
Wir arbeiten fest mit drei externen Coaches zusammen. Zusätzlich haben wir uns über die Jahre einen Pool an weiteren Coaches zu bestimmten Schwerpunktthemen aufgebaut, die wir bei Bedarf punktuell dazu buchen. Mit diesem Modell fahren wir sehr gut.
Auf Empfehlungen setzen
Das Problem bei der Suche nach passenden Coaches: Der Begriff “Coach”ist nicht geschützt. Jede:r kann sich so nennen, deshalb ist das Angebot in dem Bereich riesig. Es gibt viele Top-Leute und mindestens genauso viele schwarze Schafe. Persönliche Empfehlungen sind daher Gold wert. Ich frage immer zuerst im eigenen Umfeld nach Tipps.
Vor sechs Jahren aber war das Thema Coaching für mich und viele um mich herum noch neu. Also habe ich ganz pragmatisch bei Google gesucht. Um Fehlgriffe auszuschließen war eines der Suchkriterien die Zertifizierung des Deutschen Verbands für Coaching und Training e.V. (dvct).
Drei Coaches habe ich so vorausgewählt und zu einem Kennenlerngespräch eingeladen. Mir ist wichtig, dass ein Coach neue Aspekte und Sichtweisen mit in die Company bringt. Ich muss das Gefühl haben, dass wir mit ihr oder ihm einen echten Shift hinbekommen können. Von den dreien blieb damals einer übrig, der mir dann weitere Coaches empfohlen hat – und zwar gezielt ganz andere Typen.
Vertrauen und Vielfalt sind wichtig
Denn um alle Mitarbeiter:innen bestmöglich abzuholen braucht es Diversität bei den Coaches. Jede:r tickt anders, deshalb arbeiten wir bei Protofy bewusst mit drei sehr verschiedenen Coaches zusammen. Sie haben unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte und auch Charaktere. Einer ist sehr direkt und geradeheraus, eine ist eher akademisch und sachlich im Stil, eine eher einfühlsam. Die Vielfalt erhöht die Chance, dass jeder aus unserem Team den Coach findet, der perfekt zu den eigenen Bedürfnissen und Herausforderungen passt.
Dieser Personal Fit ist einfach unglaublich wichtig, die Chemie zwischen Coach und Coachee muss stimmen. Es braucht eine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre. Nur dann öffnet sich ein Coachee wirklich – und nur dann ist echtes Wachstum möglich.
Flexibilität und Setting zählen
Auch eine gewisse Flexibilität seitens des Coaches ist wichtig. Ein Coaching sollte sich so mühelos wie möglich in das Umfeld des Coachees einfügen. Der eine fühlt sich mit digitalen Sessions am wohlsten, der andere braucht die klassische Meeting-Situation im Büro, der nächste den Spaziergang an der frischen Luft. Das Setting muss 100 Prozent zur Komfortzone des Coachees passen, denn nur dann kann im Coaching selbst die inhaltliche Komfortzone verlassen werden. Zum Thema Flexibilität gehört seit Corona für mich übrigens auch, dass die Coaches die Sessions vernünftig remote durchführen können. Und zwar idealerweise in den Kommunikations-Tools, die im Unternehmen ohnehin schon genutzt werden. Ein zusätzliches Tool erhöht nur unnötig die Einstiegsbarriere.
Eine Coaching-Plattform nutzen wir übrigens bewusst nicht. Angebote wie „CoachHub“ sind mir persönlich zu starr und überladen. Sie bieten jede Menge Funktionen wie Videokonferenzen, To-Do-Listen, Trackings oder auch vorgegebene Pläne mit kommenden Modulen – das mag super für Onboardings oder strukturierte Fachfortbildungen sein, für Coachings ist das in meinen Augen überflüssig. Ich denke sogar, dass solch korsettartige Strukturen die Weiterentwicklung und das freie Denken, um das es beim Coaching nun mal geht, hemmen können.
Interner vs. externer Coach
Kürzlich habe ich mich gefragt, ob es an der Zeit wäre, einen Coach fest einzustellen. Es wäre günstiger, außerdem gäbe es dann jemanden, der immer zur Verfügung steht und auch mal spontan in Meetings reingeholt oder bei Konflikten um Rat gefragt werden kann. Das sind durchaus Vorteile.
Ich habe mich trotzdem vorerst dagegen entschieden. Die Zusammenarbeit mit externen Coaches ist flexibler und vielfältiger. Fest anstellen könnten wir derzeit nur einen Coach, und gerade der Fakt, dass das Team jetzt aus mehreren Coaches wählen kann, ist ein großes Plus. Meine Befürchtung ist außerdem, dass ein interner Coach zu sehr durch die Unternehmensbrille schaut. Und gerade der unbefangene Blick von außen war für uns in den letzten Jahren super wertvoll. Zumal auch die externen Coaches, mit denen wir regelmäßig arbeiten, unsere Strukturen inzwischen gut kennen. Sie sind nah dran und doch extern – wir kriegen mit ihnen also das Beste aus beiden Welten.
Im nächsten Teil der Serie “Coachings in Startups”: Die Mitarbeiter:innen ins Boot holen – wie man mit Skepsis und Vorbehalten im Team umgeht
Über den Autor
Moritz Mann ist Gründer der beiden Hamburger Unternehmen Stadtsalat und Protofy, bei dem er Geschäftsführer ist. Der Digital-Enthusiast stieg er direkt nach seinem Master in „International Business“ als Intrapreneur bei PokerStrategy.com ein. Für Moritz gehört Scheitern zum Leben, das hat ihn sowohl der Leistungssport als auch sein erstes Unternehmen Feelgood gelehrt. 2015 nutze er die strategischen Learnings daraus und gründete Protofy. Damit macht er die Essenz aus der Arbeitsweise erfolgreicher Start-ups für den Mittelstand nutzbar, um ihn zu digitalisieren. Moritz beschäftigt sich viel mit Ideen, die unsere Gesellschaft innovativer und unser Leben lebenswerter werden lassen.
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