#Interview

“Die Auftragsbücher sind so voll wie nie”

e-bot7 unterstützt Unternehmen beim wichtigen Thema Kundenservice. "Wir wollen der Marktführer für Conversational AI und Künstliche Intelligenz im Kundenservice werden. Deshalb werden wir alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel so schnell wie möglich zu erreichen", sagt Gründer Xaver Lehmann.
“Die Auftragsbücher sind so voll wie nie”
Donnerstag, 1. Juli 2021VonAlexander Hüsing

Das Münchner Startup e-bot7, das 2016 von Fabian Beringer, Xaver Lehmann und Maximilian Gerer gegründet wurde, entwickelt und integriert künstliche Intelligenz und Deep Learning in bestehende CRM-Kundenservice-Systeme. “Wir helfen Unternehmen dabei, den Kundenservice schnell, einfach und zu jeder Zeit also 24/7 über ein Chat-Interface zu gestalten”, sagt Gründer Lehmann. RTP Global, 42CAP, main incubator und Co, investieren 2019 rund 5,5 Millionen Euro in e-bot7. Eine neue Investmentrunde steht schon in den Startlöchern.

Inzwischen wirkten mehr als 100 Mitarbeiter:innen für e-bot7. Zu den Kunden der Jungfirma zählen “über 70 der größten europäischen Unternehmen wie Siemens, Audi, Telefónica, ADAC, Miele, Otis und Hansgrohe”. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht e-bot7-Macher Lehmann außerdem über Warteschleifen, Servicemitarbeiter und Auftragsbücher.

Wie würdest Du Deiner Großmutter e-bot7 erklären?
Ich denke, jeder kennt die Frustration minutenlang in Warteschleifen zu hängen, falsch weitergeleitet zu werden oder tagelange auf eine Email zu warten. Mit unserer Lösung wird das nicht mehr passieren. Wir helfen Unternehmen dabei, den Kundenservice schnell, einfach und zu jeder Zeit also 24/7 über ein Chat-Interface zu gestalten. Die Technologie nennt sich Chatbot – also die Kombination aus Chat – Unterhaltung – sowie Bot – Kurzform für Roboter. Mit der Conversational AI-Plattform von e-bot7 sind Unternehmen in der Lage, über Kanäle wie Website, Whatsapp und Facebook zur richtigen Zeit ein exzellentes Serviceerlebnis zu bieten. Conversational AI beinhaltet dabei bereits künstliche Intelligenz und bedeutet, dass der Chatbot in natürlicher also menschlicher Sprache mit dem Kunden kommunizieren kann. Das bedeutet, dass der KI-basierte Chatbot auch Semantik, Rechtschreibfehler oder auch die Stimmung des Kunden erkennt. Im besten Fall kann die künstliche Intelligenz direkt den Kunden weiterhelfen oder eben an einen Servicemitarbeiter weiterleiten und diesem Antwortvorschläge vorgeben. Bei der nächsten Konversation, die dasselbe Thema beinhaltet, kann der intelligente Chatbot dann bereits selbst antworten, denn er hat aus der vorherigen Unterhaltung gelernt.

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Wir wollten von Anfang an ein funktionierendes und attraktives Produkt bauen. Deshalb haben wir zunächst eine Beratungsfirma namens Chatbot Consulting aufgebaut mit der wir mit potenziellen Kunden in ganz Europa Workshops durchgeführt haben, um erst einmal zu evaluieren, was im Kundenservice besser gemacht werden muss. Für uns war also klar: bevor wir ein Produkt auf den Markt bringen müssen wir erst einmal zuhören, was genau die Unternehmen brauchen, um einen herausragenden Kundenservice anzubieten.

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unsere Technologie lässt sich zusammen mit der Plattform oder der Integration in ein vorhandenes CRM zu einer monatlichen Transaktionsleihgebühr – SaaS-Modell – nutzen. Unsere Lösung spart unseren Kunden dabei weit mehr als die Kosten unserer Dienstleistungen durch Automatisierung und Stärkung der Agenten. Auch die Kundenzufriedenheit steigt in der Regel signifikant.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Wegen der großen Unsicherheit zum Start der Pandemie Anfang 2020 haben einige Unternehmen Aufträge verschoben oder Budgets für den Bereich Digitalisierung in die Zukunft geschoben. Nach einigen Monaten der Enthaltung, ist der Investitionsdrang jedoch wieder stark gestiegen. Seit circa Juni 2020 sind die Auftragsbücher so voll wie nie und unser Wachstum verzeichnete einen so starken Anstieg wie nie zuvor.

Wie ist überhaupt die Idee zu e-bot7 entstanden?
Als wir Gründer während des Studiums in 2016 bei einem Telefonanbieter über 40 Minuten in einer Warteschleife hingen, entstand unsere Idee, den Kundenservice mit der heutigen Technologie zu revolutionieren. Der Kundenservice heutzutage ist geprägt von hohen Kosten und manuellen Prozessen. Gleichzeitig steigt die Kundennachfrage nach schnellerem Service auf digitalen Kanälen stetig an. Die Verteilung des Anfragevolumens ist dabei nicht ausgeglichen, sodass die Supportkapazität entweder nicht permanent genutzt wird oder die Bearbeitungszeit für Kunden in Spitzenzeiten zu hoch ist. Dabei steigt die Kundennachfrage nach schnellem Service auf immer mehr Kanälen stetig an. Für Unternehmen ist es äußerst kostspielig, diesen Bedarf zu decken. Hinzu kommt, dass die Verteilung der Anfragen sehr volatil ist, sodass die Supportkapazitäten entweder nicht dauerhaft ausgelastet sind oder die Bearbeitungszeiten für die Kunden in Spitzenzeiten unbefriedigend sind.

Wie hat sich e-bot7 seit der Gründung entwickelt?
Von Anfang an ging es bei uns steil bergauf. Wir haben mittlerweile drei Finanzierungsrunden abgeschlossen und über 9 Millionen US-Dollar  Kapital einsammeln können. Auch der Umsatz hat sich jedes Jahr verdoppelt oder verdreifacht. Einer unserer Meilensteine in 2019 und 2020 war unsere Expansion nach UK und Frankreich. Im Dezember 2020 folgte unser Markteintritt in die BeNeLux-Staaten mit der Eröffnung unseres Office in Amsterdam und zusätzlich dem Eintritt in die nordischen Märkte. Eine weitere Internationalisierung ist für die USA in 2021 geplant. Wir wollen der Marktführer für Conversational AI und Künstliche Intelligenz im Kundenservice werden. Deshalb werden wir alle Anstrengungen unternehmen, um dieses Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Darüber hinaus haben wir in unserer Konsole mehr als 70 Sprachen implementiert. In Zukunft werden sich Unternehmen verstärkt auf den Ausbau des Kundenservices konzentrieren müssen, um in direkten Kontakt mit dem Kunden zu treten. Dieser Trend wird durch neue KI-Technologien wie die e-bot7 Lösung unterstützt.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist e-bot7 inzwischen?
Mittlerweile besteht unser Team aus mehr als 100 internationalen Kollegen in aktuell neun verschiedenen Zeitzonen. Auch bei unseren Kunden hat sich viel getan: Zu denen zählen über 70 der größten europäischen Unternehmen wie Siemens, Audi, Telefónica, ADAC, Miele, Otis und Hansgrohe und viele mehr. Im Produktbereich zählt die Entwicklung weiterer Sprachen im Zuge der Internationalisierung zu unseren wichtigsten Ereignissen. So konnten wir kürzlich unsere Conversational AI-Plattform mithilfe von Neural-Machine-Translation auf über 70 Sprachen erweitern. Natürlich arbeiten und veröffentlichen wir auch ständige Verbesserungen unseres Produktes, verschiedenen Integrationsmöglichkeiten und Sprachkomponenten. Zu unseren Umsätzen können wir sagen, dass diese seit Gründung jährlich verdoppelt oder verdreifacht wurden.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
So richtig daneben gegriffen haben wir auch dank unseres Beratungskonzeptes tatsächlich noch nicht. Aber natürlich kam es beispielsweise schon vor, dass wir uns noch am Tag selbst in eine Konferenz als Speaker eingebucht haben und quasi komplett unvorbereitet pitchen mussten – als das einmal der Fall war, haben wir aber tatsächlich einen unserer bisher größten Deals an dem Tag gemacht, so schlecht kam es also nicht an!

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich denke man macht nie alles richtig. Jedoch können wir sehr stolz auf die letzten Jahre sein. Wir sind sehr gut im Markt aufgestellt und haben unserer Meinung nach die besten Kollegen und Kolleginnen für e-bot7 an Bord holen können, um weiter zu wachsen und bald globaler Marktführer in der Technologie zu werden.

Wo steht e-bot7  in einem Jahr?
Mit dem Abschluss der einer kommenden Transaktion stehen uns natürlich Ressourcen zur Verfügung, um unsere weiteren Expansionspläne umzusetzen. So werden wir innerhalb der nächsten zwölf Monate unseren Zweig in den USA weiter ausbauen und dort richtig durchstarten. Vorher wollen wir aber natürlich in ganz Europa vertreten sein, daher proben wir gerade den Markteintritt in Italien und Spanien. Generell haben wir ambitionierte Ziele. Mit der Transaktion sind wir dabei definitiv auf einem guten Weg.

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Foto (oben): e-bot7

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.