#Interview
“Wir glauben fest, dass Confidential-Computing zu einem riesen Thema wird”
Das Bochumer Unternehmen Edgeless Systems, das 2020 von Felix Schuster (ehemals Microsoft) und Thomas Tendyck (ehemals G Data) gegründet wurde, entwickelt eine “hochsichere relationale Datenbank für die Cloud”. Durch eine Kombination aus “sicherer Hardware und innovativem Software-Engineering” verspricht das Startup dabei “echte Ende-zu-Ende Verschlüsselung und Verifizierbarkeit”. Acequia Capital, Inventures, die Six Group und einige Business Angels investierten zuletzt 1,45 Millionen Euro in die Jungfirma aus dem Ruhrgebiet.
Das Startup setzt beim Markteintritt auf eine Open-Source-Strategie. “Auf der Basis werden wir die klassischen Open-Source-Geschäftsmodelle verfolgen, also bezahlte Premium-Features und SaaS-Angebote”, sagt Gründer Schuster. Im Mini-Interview mit deutsche-startups.de spricht er außerdem über Potenziale, Kundenakquise und das Ruhrgebiet.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Edgeless Systems erklären?
Mit unserer Technologie können Daten im verschlüsselten Zustand und präzise nachvollziehbar verarbeitet werden. Das hilft mit vielen Problemen in den Bereichen Datensicherheit und Datenschutz – also gegen Hacker und Missbrauch von Daten. Man weiß genau was mit den Daten passiert und weiß wer darauf Zugriff hat. Oder noch einfacher: Wir entwickeln die sicherste Datenbank der Welt.
Welches Problem genau wollt Ihr mit Edgeless Systems lösen?
Mit Confidential-Computing können Daten Ende-zu-Ende verschlüsselt und verifizierbar verarbeiten werden. Das birgt enormes Potenzial – gerade in der Cloud oder bei KI. Die nötige Hardware ist schon breit verfügbar – es fehlt noch die Software. Wir entwickeln Open-Source-Software, die Confidential-Computing leicht nutzbar, skalierbar und integrierbar macht.
Jede Woche entstehen dutzende neue Startups, warum wird ausgerechnet Edgeless Systems ein Erfolg?
Wir glauben fest, dass Confidential-Computing zu einem riesen Thema wird, weil es einfach viele Probleme bei Datensicherheit und -schutz an der Wurzel packt. Innerhalb des aktuell noch relativ kleinen Markts sehen wir uns sehr gut aufgestellt: Wir haben ein super Team, hervorragende Technologie und starke Partner wie Intel. Bei Microsoft war ich zum Beispiel einer der Ersten, die an dem Thema Confidential-Computing gearbeitet haben.
Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Natürlich hatte die Krise die üblichen Auswirkungen auf den Office-Betrieb. Daneben haben die Reisebeschränkungen auch Vieles effizienter gemacht. Die meisten Kunden- und Investorengespräche konnten wir per Zoom erledigen und so viel Zeit sparen. Unsere In-House-Konferenz OC3 war als reines Online-Event einfacher zu organisieren und war mit einigen hundert Teilnehmern erfolgreicher als gedacht. Negative Auswirkungen etwa bei der Partner- und Kundenakquise haben wir nur zu Beginn der ersten Welle wahrgenommen.
Ihr konntet gerade 1,45 Millionen Euro einsammeln. Wofür braucht ihr das Geld?
Aktuell besteht unser Team hauptsächlich aus Entwicklern und Ingenieuren. Da wollen wir weiter wachsen. Daneben wollen wir die Themen Marketing und Vertrieb stärker in den Fokus rücken und uns entsprechend verstärken.
Wo steht Edgeless Systems in einem Jahr?
Unser aktuelles Ziel ist es mit Hilfe von Open-Source zum sichtbarsten Startup im Bereich Confidential-Computing zu werden und Standards zu setzen. In einem Jahr wollen wir einer der zentralen Spieler in dem Bereich sein und erste kommerziell erfolgreiche Produkte auf Basis unseres Open-Source-Ökosystems am Markt haben. Wir gehen auch davon aus, dass wir in einem Jahr erste große Projekte sehen werden, die mit Hilfe unserer Tools umgesetzt wurden – zum Beispiel Ende-zu-Ende sichere KI-Pipelines die Daten aus vernetzten Fahrzeugen verarbeiten.
Reden wir zudem noch über das Ruhrgebiet. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für das Ruhrgebiet als Startup-Standort?
Wir haben uns für den Standort entschieden, weil es ein paar starke Vorteile gibt: Niedrige Lebenshaltungskosten, ein relativ entspannter Wohnungsmarkt und super ausgebildete Entwickler von den Unis in Bochum, Duisburg/Essen und Dortmund. Im Ruhrgebiet gibt es nicht so viel Konkurrenz um die Talente und man kann sich auch als junges Startup schnell einen Namen machen. Gerade Bochum mit seinem Cybersecurity-Schwerpunkt zieht Top-Studenten an und ist mittlerweile auch bei internationalen Investoren bekannt. Recruiting von außerhalb kann aber aufgrund des immer noch recht schlechten Rufs des Ruhrgebiets auch schwierig sein – nicht jeder zieht z.B. gerne von Berlin oder London hierher.
Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Bochum aus?
“Klein aber fein” beschreibt die Szene bei uns in Bochum ganz gut. Gerade wir Cyber-Security-Startups pflegen einen engen persönlichen Kontakt. Jeder kennt jeden. Vor Corona kam es schonmal vor, dass gefühlt alle CEOs zusammen in der Ostkurve beim VfL standen.
Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Ruhrgebiet?
Mehr interessante Büroflächen; eine weitere Verbesserung der Ausbildung an den Unis – da geht noch mehr; und natürlich mehr Zusammenarbeit zwischen Städten und Einrichtungen.
Themenschwerpunkt Ruhrgebiet
#Ruhrgebiet: Gemeinsam mit dem ruhrHUB berichtet deutsche-startups.de regelmäßig über die Startup-Szene im Ruhrgebiet. Mit hunderten Startups, zahlreichen Gründerzentren und -initativen, diversen Investoren sowie dutzenden Startup-Events bietet das Ruhrgebiet ein spannendes Ökosystem für Digital-Gründer – mehr im Startup Guide Ruhrgebiet. Das Buch “Wann endlich grasen Einhörner an der Emscher” wiederum erzählt die spannendsten Startup- und Grown-Geschichten aus dem Ruhrgebiet.
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