“Ein ungünstigeres Timing hätte es nicht geben können”
Das Berliner Startup Skill Yoga positioniert sich als digitaler Yoga-Coach. “Wir verfolgen einen sehr funktionalen Yoga-Ansatz, welcher Yoga mit modernen Trainingswissenschaften und -trends kombiniert, was bisher besonders Männer und Sportler Innen begeistert”, sagt Gerjet Efken, der das Startup 2018 gemeinsam mit Benno Mielke und Timko Linssen gegründet hat.
Derzeit arbeiten 15 Mitarbeiter:innen für das sportliche Startup, das auch vom leAD Sports Accelerator unterstützt wird. “Wir machen monatlich sechsstelligen Umsatz und haben rund 10.000 zahlende Kunden. Aber was mich persönlich am stolzesten macht ist, dass durch uns täglich mehrere tausend Menschen Yoga zu Hause praktizieren können”, sagt Gründer Efken zum Stand der Dinge bei Skill Yoga.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Skill Yoga-Macher außerdem über interaktive Erfahrungen, nicht erreichbare Investoren und Trainingspläne.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Skill Yoga erklären?
Skill Yoga ist ein digitaler Yoga Coach, also eine App mit der wir es Menschen, die noch keinen Zugang zu Yoga gefunden haben, ganz einfach machen wollen zu Hause Yoga zu machen, ohne zwingend ein Yogi zu werden. Wir sind dabei weder spirituell, noch dogmatisch was Yoga angeht, sondern sehen Yoga eher als Werkzeug um seinen Körper und Geist zu trainieren und fokussieren uns darauf schnell messbare Fortschritte zu erreichen. Wir verfolgen einen sehr funktionalen Yoga-Ansatz, welcher Yoga mit modernen Trainingswissenschaften und -trends kombiniert, was bisher besonders Männer und Sportler Innen begeistert. Außerdem nutzen wir moderne Technologien wie künstliche Intelligenz um zum Beispiel anhand der Selfie-Kamera des Smartphones zu erkennen, wenn der/die Nutzer:in eine Pose nicht korrekt ausführt. Unsere App erkennt das, und gibt direkt Feedback zur Verbesserung der Übungsausführung.
Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Wir haben angefangen mit dem Ziel, mehr Männer für Yoga zu begeistern. Dafür haben wir erstmal Kumpels einmal wöchentlich zu einer Yoga Session eingeladen und geguckt, was so gut ankommt. Irgendwann haben wir uns entschlossen ein professionelles Online-Programm zu entwickeln. Heute sind wir dabei unsere Kunden immer besser zu verstehen. Wir sammeln nicht nur extrem viel Feedback in der App, sondern messen kontinuierlich den Fortschritt unserer User und wollen zukünftig auch relevante externe Gesundheitsmetriken wie Schlafqualität oder Herzfrequenzvariabilität berücksichtigen, um darauf basierend das perfekte Yoga Programm ganz individuell für unsere User und deren aktuelle Lebenslage zu konzipieren.
Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Wir haben ein klassisches Freemium-Abo-Modell. Die Nutzer:innen können sich anmelden und die App mal ausprobieren. Zugang zum ganz individuellen Trainingsplan, zu unseren Fortschrittsmessungen und Meditationen gibt es dann mit einer Mitgliedschaft.
Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Wir konnten im letzten Jahr zu Lockdown-Zeiten extrem spüren, dass mehr und mehr Menschen nach einer Trainingsmöglichkeit zu Hause gesucht haben und sich auch mehr und mehr Menschen mit ihrer mentalen Gesundheit auseinandersetzen – müssen. Da Yoga extrem effektiv ist gegen Stress, im Homeoffice ein gutes Tool für eine bessere Haltung und gegen Rückenschmerzen und man sich einfach fantastisch fühlt nach einer Session, sind wirklich viele zu uns gekommen und haben Skill Yoga ausprobiert. Wir schaffen es besonders jüngere Menschen, hauptsächlich Männer bisher, durch unseren funktionalen Ansatz zu begeistern.
Wie ist überhaupt die Idee zu Skill Yoga entstanden?
Wir haben vorher bei Freeletics und Gymondo gearbeitet und waren bereits absolute digital-Sport-Fans. Ich habe früher in Indien studiert und dort erste Erfahrungen mit Yoga gesammelt, war aber in Deutschland in Studios immer total überfordert mit der Spiritualität in den meisten Studios, hatte das Gefühl, dass die Klassen überhaupt nicht auf meine Bedürfnisse als Mann abgestimmt waren und war sowieso fast immer der einzige männliche Teilnehmer. Da wir wussten wie effektiv eine gutes Yoga Training sein kann und wie positiv es unser Lauf- und Crossfit Training beeinflusst, haben wir uns entschlossen, dass wir eine coole, moderne Yoga Marke entwickeln wollen für Menschen wie uns: Denen Yoga total guttun würde, die aber einen anderen Zugang benötigen als der, der bisher im Westen angeboten wurde.
Wie hat sich Skill Yoga seit der Gründung entwickelt?
So richtig gibt es uns seit zwei Jahren. Nachdem wir Teil des leAD Sports Accelerators waren, haben wir in Berlin eine kleine Investment Runde geraised und unsere Apps entwickelt, sehr guten Yoga-Content produziert und sind seitdem hauptsächlich auf dem amerikanischen und UK-Markt unterwegs. Im letzten Jahr haben wir dann angefangen ganz gezielt moderne Technologien zu integrieren, um aus Yoga-“Frontalunterricht” eine interaktive Erfahrung zu machen. Da wir für viele Menschen auch eine Gateway-Drug zu mehr Mindfulness waren, besonders in Corona-Zeiten, haben wir nun auch mehr mentales Training und Meditation integriert. Im Yoga geht es viel um Balance, und auch wir versuchen Körper und Geist gemeinsam zu trainieren, weil es uns Menschen nur dann langfristig gut geht, wenn wir fit sind und wir uns immer wieder geistig entspannen können.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Skill Yoga inzwischen?
Wir haben mittlerweile 15 Mitarbeiter:innen, machen monatlich einen sechsstelligen Umsatz und haben rund 10.000 zahlende Kunden. Aber was mich persönlich am stolzesten macht ist, dass durch uns täglich mehrere tausend Menschen Yoga zu Hause praktizieren können.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Ah ja, herrliche Frage. Wir hatten letztes Jahr am 10. März unser Pitch Deck fertig, um das Fundraising zu starten. Am 11. März hat die WHO Corona zur Pandemie erklärt. Ein ungünstigeres Timing hätte es nicht geben können. Viele Investoren waren absolut nicht erreichbar und wollten erstmal abwarten, ob nicht die Welt untergeht, bevor sie in einen digitalen Yoga Coach investieren. Es hat erstmal Absagen gehagelt. Mittlerweile ist Yoga zu Hause so explodiert, sodass viele Investoren sogar selber schon Erfahrungen haben. Die Welt halt sich schnell gewandelt.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Als Produktmanager ist Fokus zu Beginn extrem wichtig. Wenn man direkt versucht das perfekte Produkt für alle zu bauen, wird das nichts. Wir haben ganz spitz mit einer jungen, sportlichen, männlichen Zielgruppe angefangen, und für die eine coole Marke und ein wirklich gutes Produkt entwickelt. Wir haben von Vornherein sehr viel Geld und Zeit in gute Videos und Workouts investiert, um uns noch einmal deutlich von YouTube und anderen Plattformen hervorzuheben. Sodass wir nun über unseren Algorithmus dir nicht nur das richtige Training empfehlen können, sondern das Training auch wirklich richtig Spaß macht und effektiv ist.
Wo steht Skill Yoga in einem Jahr?
Seit dem zweiten Lockdown wachsen wir auch sehr schnell in Europa, besonders in der DACH-Region. Bisher haben wir uns auf den englischsprachigen Markt fokussiert aber wir werden wohl im nächsten Jahr auch mit anderen Sprachen internationalisieren. Gerade arbeiten wir mit verschiedenen Profi-Sportlern an Programmen für Sportler. Die Fußballnationalmannschaft macht Yoga, NBA Star Lebron James macht Yoga, der MMA Fighter Conor McGregor macht Yoga. Wir wollen, dass Yoga über diese Stars auch im Breitensport ankommt. Unsere größte Vision ist es allerdings, moderne Technologie im Yoga sinnvoll anzuwenden, um die Yoga Trainingserfahrung zu Hause noch besser als live im Studio zu machen. Ein ganz individueller Trainingsplan, basierend auf der Uhrzeit, deinem Stresslevel, deiner Zeitlichen Verfügbarkeit, deiner Trainingshistorie und so viel mehr zu entwickeln, und dich dann ganz individuell bei der Übungsausführung korrigieren zu können, das ist wirklich der nächste Schritt in der digitalen Yoga Welt.
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