5 Erfolgsfaktoren: So knacken Startups den “Unicorn-Code”
Der große Startup-Erfolg ist längst nicht mehr nur im Silicon Valley erreichbar. Auch hierzulande schaffen es immer mehr Gründer:innen, den “Unicorn-Code” zu knacken – beispielsweise GetyYourGuide, Personio oder flaschenpost.de. Viele Gründer:innen, die noch am Anfang stehen, träumen von ähnlichem Erfolg. Doch welche Faktoren sollte man dafür beachten? Welche Eigenschaften vereinen erfolgreiche Gründer:innen? Ein Blick auf die erfolgreichsten Startups und Unicorns zeigt: Es sind vor allem fünf Faktoren, die den Weg zum Erfolg maßgeblich beeinflussen.
1. Wahren Schmerz lindern
Gründer:innen lösen mit ihrem Geschäftsmodell im besten Fall Probleme und bilden diese in Pitch-Präsentationen vor möglichen Investor:innen ab. Dennoch gelingt es nur wenigen mit ihrer angebotenen Problemlösung, dem Produkt oder dem Service, langfristig erfolgreich zu sein. Der entscheidende Punkt ist: Bei der Identifizierung von Bedürfnissen lohnt es sich, um die Ecke zu denken und, dort wo es schmerzhaft wird, tiefer zu bohren. Je schmerzhafter ein identifizierter Pain Point ist, umso größer ist das Potenzial, diesen Schmerz durch ein neues Produkt- oder Serviceangebot erfolgreich zu lindern. Zentral sind die Fragen: Was könnte ein vorgelagertes Problem der potenziellen Kund:innen sein, das nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist? Wie erleichtere ich den Alltag für so viele Menschen wie möglich? Beispielsweise nimmt HelloFresh den Menschen durch seine Lieferungen nicht nur die Last ab, Lebensmittel-Einkäufe tragen zu müssen – das wäre der offensichtliche Pain Point. Das Grown-up setzt bereits einen Schritt vorher an und nimmt den Kund:innen mit den Rezeptideen auch die lästige Entscheidung ab, was man überhaupt kochen könnte. Neben dem reinen Lebensmittelkauf rückt also die Inspiration in den Vordergrund.
2. Schrittweise in die Vision hinein wachsen und nicht aufgeben
Erfolgreiche Gründer:innen stecken sich zwar ambitionierte Ziele, bleiben zugleich aber realistisch. Sie wachsen in ihre Vision hinein. „Moonshots“ für sich zu definieren kann ein Ansporn sein. Allerdings sollten nicht alle Ziele direkt erreicht werden wollen: Gestaffelte Meilensteine oder sogenannte Proof-of-Concepts, welche die Durchführbarkeit eines Vorhabens belegen, sollten auf jeden Fall Teil der Entwicklung sein. Bei Nichterreichen eines Meilensteins sollte das Konzept neu angepasst werden, sodass konstanter Fortschritt und Skalierung möglich bleiben. Ein Beispiel liefert unter anderem Flaschenpost, die ihr Geschäftskonzept zunächst in einem lokalen Teilmarkt – einer Kleinstadt – geprüft und perfektioniert haben, um es danach in die ersten Millionenstädte auszurollen. Ein solches Vorgehen erleichtert den Gründer:innen nicht zuletzt den Zugriff auf Folgeinvestments, da sie hiermit zeigen, dass ihr Unternehmen ortsunabhängig erfolgreich und profitabel bestehen kann.
3. Strategische Weitsicht und operative Details im Blick halten
Im Gründungsprozess kann man sich herrlich verzetteln, zum Beispiel im Detail verrennen und dabei den Blick auf das große Ganze verlieren. Dies ist kein guter Indikator für nachhaltigen Erfolg. Besonders erfolgreiche Gründer:innen bringen eine Kombination aus strategischer Weitsicht und operativer Detailversessenheit mit. Das bewiesen beispielsweise Dominik Richter und Thomas Griesel (HelloFresh). Die Fähigkeit, sowohl alle relevanten Kennzahlen akurat im Blick zu behalten, als auch eine initiale Strategie breit aufzustellen und das „große Ganze” im Fokus zu halten, ist langfristig ein Treiber des Erfolgs.
4. Wesentliche Wertschöpfungsstufen nicht aus der Hand geben
Exzellente Dienstleistungen und Produkte anzubieten, die langfristig am Markt erfolgreich sind, bedeutet auch, die Qualität stets im Auge zu behalten. Hierfür ist es sinnvoll, unabhängig von Dritten handeln zu können und die aus Kundensicht wichtigen Prozesse eigenständig zu managen – also keine wesentlichen Wertschöpfungsschritte an andere Unternehmen auszulagern. Denn nur dann kann schnell auf mögliche Marktveränderungen reagiert werden. Die Zügel selbst in der Hand zu halten und nicht auf externe Partner:innen – etwa bei der Logistik – angewiesen zu sein, kann auch zu einer höheren Kundenzufriedenheit beitragen, beispielsweise in puncto Nachhaltigkeit. Ein Beispiel: Ein Lebensmittel-Start-up, welches sein Angebot über eine externe Warenlogistik versendet, wird bei der Sortimentsaufnahme von Tiefkühlkost großen Herausforderungen entgegensehen. Denn bei externem Versand werden regelmäßig, bestenfalls täglich, Bestellungen palettenweise abgeholt – allerdings muss die Tiefkühlkost dann mitunter kostspielig oder gar umweltschädlich verpackt sein, um frisch beim Empfänger anzukommen. Das wiederum führt zu zusätzlichem Aufwand. Wenn hingegen auf eigene Logistik gesetzt wird, kann ein Start-up individueller disponieren. Unabhängig von Dritten zu agieren, erfordert aber auch ein gewisses Organisationstalent seitens der Gründer:innen und des Teams. Zudem bedeutet der Aufbau integrierter Wertschöpfungsketten initial meist auch einen höheren Kapitalbedarf.
5. Top-Talente rekrutieren
Letztlich ist ein menschlicher Faktor maßgeblich verantwortlich für die Entwicklung von Startups zum Unicorn. Wer als Gründer:in mit einer Idee erfolgreich sein möchte, muss die eigenen Stärken und Schwächen kennen – und diese durch die gezielte Auswahl talentierter Teammitglieder ausgleichen. Sprich: Der oder die Gründer:in muss den Mut haben, sich Personen in das Team zu holen, die in manchen Aspekten besser sind als man selbst. Gründer:innen, die dies verstanden haben, sind Wettbewerbern auf dem Weg zum Erfolg einen Schritt voraus.
Fazit
Die Anpassungsfähigkeit an sich schnell ändernde Marktgegebenheiten, welche vor allem durch eine vertikale Unternehmensstruktur gelingt, ist ein gutes Fundament für den Start-up Erfolg, ebenso wie die Adressierung von wachsenden und dynamischen Märkten. Aber auch persönliche Eigenschaften und Verhaltensweisen der Gründer:innen, beispielsweise Bodenständigkeit oder Zielstrebigkeit, sind richtungsweisend auf dem Weg zum Unicorn. Wer am Anfang seiner Start-up-Entwicklung steht, sollte sich nicht ausschließlich auf sein Produkt fokussieren, sondern frühstmöglichst auch auf eine durchdachte und vielseitige Teamzusammenstellung achten. Denn gemeinsam lässt sich der Unicorn-Code schneller knacken, als alleine.
Über den Autor
Dirk Meurer ist Managing Partner bei Vorwerk Ventures und verantwortet unter anderem die Investments in rebike Mobility, Thermondo, Ottonova und HelloFreshGo. Vorwerk Ventures hat innerhalb kürzester Zeit mehrere deutsche Unicorns von der Start-up-Phase bis zum erfolgreichen Exit als Investor begleiten dürfen, unter anderem Flaschenpost und HelloFresh.
Dirk Meurer verfügt mehr als 25 Jahre internationale Erfahrung im Venture-Capital- und Private-Equity-Markt. Zuvor war er als Investment Director bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft sowie als Partner bei Deutsche Venture Capital aktiv.
Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.