#Gastbeitrag

Was die Schule von heute lernen muss, um die Gründer:innen von morgen hervorzubringen

Zu Anfang möchte ich klarstellen, dass es hier nicht darum geht, dass alle Schüler:innen in Zukunft direkt nach dem Abitur, oder sogar noch während der Schulzeit anfangen sollen, zu gründen. Jedoch sollten Schüler:innen diesen möglichen Weg zumindest aufgezeigt bekommen.
Was die Schule von heute lernen muss, um die Gründer:innen von morgen hervorzubringen
Donnerstag, 10. Juni 2021VonTeam

Seitdem ich 17 Jahre alt bin, möchte ich ein Startup gründen. Dass ich diese Leidenschaft für mich entdeckt habe, verdanke ich dem Seminarkurs “business@school” der Boston Consulting Group, an dem ich in der elften Klasse teilgenommen habe. Vorher hatte ich diese Art von Karriere überhaupt nicht auf dem Schirm. Der Weg, auf den man als Schüler:in vorbereitet wird, ist eindeutig: Nach dem Abitur kommt das Studium und danach geht man ein Angestelltenverhältnis ein, von dem aus man die Karriereleiter Stück für Stück hochklettern kann. Für viele Schüler:innen mag das ein passender, guter und sicherer Weg sein. Jedoch hat man gerade als junger Mensch die Möglichkeit, mutig zu sein und Risiken einzugehen. Um die Gründer:innen von morgen auf ihre Zukunft vorzubereiten, sind vor allem das richtige Mindset und besondere Soft Skills nötig. Um ihnen diese Dinge mitgeben zu können, müssen die Schulen von heute noch viel lernen.

Durch einen Einblick in die Gründerszene schon während der Schulzeit, wusste ich früh, was mein Ziel ist

Zu Anfang möchte ich klarstellen, dass es hier nicht darum geht, dass alle Schüler:innen in Zukunft direkt nach dem Abitur, oder sogar noch während der Schulzeit anfangen sollen, zu gründen. Jedoch sollten Schüler:innen diesen möglichen Weg zumindest aufgezeigt bekommen. An den meisten Schulen kann man seine gesamte Schullaufbahn bestreiten, ohne jemals von dieser Möglichkeit gehört zu haben. 

In dem Seminarkurs “business@school” arbeitet man zusammen mit Mitschüler:innen in einem Team. Nach zwei Phasen, in denen man durch Unternehmensanalysen tiefer in die Betriebswirtschaftslehre eintaucht, erarbeitet man in der dritten Phase selbst einen Businessplan für ein eigenes Startup. Auch wenn es unseren Aufsatz für den Mülleimer, mit dem man seinen Plastikmüll komprimieren kann, heute nirgendwo zu kaufen gibt, habe ich unfassbar wichtige Dinge durch business@school gelernt. Dazu gehören unter anderem Kompetenzen, wie Projekt-, Team- und Zeitmanagement, freies Sprechen und selbstbewusstes Auftreten in Präsentationen, das Pitchen einer Idee vor einer Jury mit kritischen Rückfragen und das Aufbauen von Kooperationen mit externen Organisationen oder Unternehmen. Mein durch den Seminarkurs gewecktes Interesse und der darauf folgende Entschluss, eines Tages selbst zu gründen, hat vieles ins Rollen gebracht und meine Studienwahl maßgeblich beeinflusst. Genau um diese Art der Orientierung geht es. 

Ich habe mir durch die Erfahrung mehr zugetraut und mich daraufhin für den “Top Talents under 25“-Award beworben. Durch die Auszeichnung und die damit in Zusammenhang stehenden Events habe ich viele neue inspirierende junge Menschen kennengelernt. Einige davon aus der Gründerszene.

Momentan sammle ich meine ersten Berufserfahrungen bei der Job-Matching-Plattform matched.io. Hier sehe ich, was es bedeutet, in einem Startup zu arbeiten und welche Werte in diesem Kontext besonders wichtig sind. All diese Erfahrungen haben meinen Wunsch, zu gründen, noch einmal verstärkt.

Daraus haben sich für mich bestimmte Inhalte und Lehrmethoden herauskristallisiert, die ich mir in der Schule noch verstärkt gewünscht hätte.

Vorbilder sind entscheidend, um sich die eigene Zukunft ausmalen zu können

Zur Studien- und Berufsorientierung wäre es toll gewesen, Menschen aus der Arbeitswelt, in meinem Fall vor allem Gründer:innen kennenzulernen. Erst jetzt in meinem Praktikum hatte ich die Chance durch enge Zusammenarbeit mehr darüber zu erfahren, wie der Arbeitsalltag in einem Startup ist. Als Format in der Schule wäre ein Vortrag mit Q&A vorstellbar, bei dem Erfahrungen und Tipps mit den Schüler:innen geteilt werden. So kann man aus erster Hand lernen und erkennen, ob man sich den jeweiligen Karriereweg auch für sich selbst vorstellen kann. Außerdem machen Vorbilder Mut. 

Da unter den CEOs vor allem Männer zu finden sind, wäre es für mich toll gewesen, etwas über den Werdegang einer Gründerin zu erfahren. Das wäre auch eine effektive Möglichkeit, um endlich mehr Frauen unter die CEOs zu bekommen. 

Die “echte Welt” ist nicht in “Mathematik”, “Wirtschaft”, “Englisch” und “Geologie” aufgeteilt

Es sollte viel öfter fächerübergreifende Projekte an Schulen geben. Denn der Trend geht in die Richtung, dass alles komplexer wird und miteinander verflochten ist. Stichwort “Globalisierung” und “Klimawandel”. Auch beim Gründen sind verschiedenste Kompetenzen und Soft Skills notwendig, die man nicht als einzelne Fächer differenziert voneinander lehren kann. Das habe ich in meinem Praktikum festgestellt, da alle Bereiche verzahnt sind und es nicht die eine Person gibt, die für eine bestimmte Aufgabe verantwortlich ist. Beispielsweise kümmert sich Mitgründerin, Manuela Sayin, um Finanzen, Recht und Sales. Im Corporate-Umfeld kommen auf diese Tätigkeiten mindestens drei Personen. Während meiner Schulzeit konnte ich durch business@school konnte viel Wissen durch praktische Anwendung noch weiter vertiefen und mit verwandten Themen verknüpfen.

Scheitern ist okay! …wenn man daraus lernt und es dann noch einmal versucht.

Auch eine gesunde Fehlerkultur ist unglaublich wichtig, um Schüler:innen darauf vorzubereiten, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Denn es ist rein statistisch sehr wahrscheinlich, dass das erste Startup nicht der große Durchbruch sein wird. Der Knackpunkt ist, aus den gemachten Erfahrungen zu lernen und es wieder zu versuchen. Bei matched.io sollen beispielsweise bewusst viele Fehler gemacht werden. Man spricht darüber und es gibt offenes Feedback. Daraus kann man bestmöglich lernen und steht gleichzeitig noch füreinander ein. Wenn Fehler machen und Scheitern normalisiert werden, entwickeln die Lernenden eine Toleranz für Ambiguität. Sie lernen, dass die Möglichkeit des Versagens besteht, dass das jedoch noch lange kein Weltuntergang ist. Diese Einstellung macht mutig, verringert die innere Hürde, Neues zu versuchen und Risiken einzugehen. Das ist nicht nur für zukünftige Gründer:innen, sondern für alle Menschen, die in ihrem Leben wachsen und große Ziele erreichen wollen, wichtig. 

Schüler:innen soll Mut gemacht werden, dass sie die Welt verändern können

Wie man an dem Beispiel business@school gesehen hat, reichen schon kleine Impulse aus, um Großes ins Rollen zu bringen. So schaffen wir es, Schüler:innen Mut zu machen, ihre Träume zu verwirklichen und über kritischen Meinungen von außen stehen zu können. Ihnen soll vermittelt werden, dass sie die Welt verändern können. Ganz egal, ob durch Social oder Environmental Entrepreneurship oder durch beispielsweise politischen Einsatz. Dieses “Growth Mindset” ist eines der entscheidendsten Dinge, die ich während meiner Schulzeit noch vermisst habe. Durch das Kennenlernen von Vorbildern, themenübergreifende Fächer und eine gesunde Fehlerkultur in Schulen, würden die Gründer:innen der Zukunft jedoch gut auf ihren Werdegang vorbereitet werden. 

Über die Autorin
Lisa Steinhauser ist Teilnehmerin des technischen Studienorientierungs- und vorbereitungsjahres “proTechnicale”. In diesem Rahmen macht sie ein Praktikum beim HR Tech-Startup matched.io, wobei sie ihre ersten Berufserfahrungen sammelt. Lisas Ziel ist es, später einmal selbst ein Tech-Startup zu gründen, mit dem sie gesellschaftliche oder Umweltprobleme lösen kann. Für ihr Engagement und Interesse wurde sie im Jahr 2019 mit dem “Top Talents under 25”-Award ausgezeichnet.

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Foto (oben): Shutterstock