Wie du deiner Steuerberatung hilfst, dir zu helfen
Keine der in diesem Buch beschriebenen Weichenstellungen solltest du in Eigenregie umsetzen: Als Unternehmer*in brauchst du eine gute Steuerberatung – für dein operatives Unternehmen und für deine Holding.
Du solltest aber in jedem Fall auch selbst über eine fundierte Steuerbildung verfügen. Nur, wenn du ein ausreichendes Verständnis von steuerlichen Zusammenhängen hast, kannst du deinen Steuerberater entsprechend instruieren bzw. Sachverhalte steuerlich prüfen lassen. Dass du dir dieses Buch vorgenommen hast, zeigt deinen Willen deine Steuerbildung zu vertiefen.
Mein Eindruck ist, dass viele Unternehmer*innen eine falsche Erwartungshaltung hinsichtlich der Rolle und den Leistungen ihrer Steuerberatung haben. Falsch im Hinblick darauf, als dass diese Erwartungshaltung nicht mit dem Selbstverständnis und Rollenbild der Steuerberater*innen übereinstimmt. Ich sage falsch ganz bewusst wertend, weil ich es in der Verantwortung der Unternehmer*innen sehe, ihre Erwartungshaltung zu überdenken und nicht als Aufgabe der Steuerberater*innen, ihr Selbstverständnis anzupassen.
Daher ist es mir wichtig, diese Missverständnisse auszuräumen, über das Verhältnis zwischen Unternehmer*in und Steuerberater*in aufzuklären und einige Tipps zur Zusammenarbeit abzuleiten. Dabei möchte ich vorwegschicken, dass ich die überwiegende Zahl der Steuerberater*innen fachlich für sehr kompetent halte und als wichtige Stützen von Unternehmer*innen sehe.
Da die meisten Unternehmen ihre Steuerberatung auch mit der Buchhaltung beauftragen, differenziere ich in meinen Ausführungen nicht zwischen Steuerberatung und Buchhaltung, sondern nutze den Begriff Steuerberatung synonym und integriert mit der Buchhaltung.
Missverständnis #1: Unternehmer*innen sehen Bringschuld bei der Steuerberatung, Steuerberatungen sehen Holschuld bei Unternehmer*innen.
Die meisten Steuerberatungen übernehmen auch die Buchhaltung für ihre Mandanten. Damit liegen ihnen sehr umfassende betriebswirtschaftliche Daten zum Unternehmen vor. Viele Unternehmer*innen gehen daher davon aus, dass die Steuerberatung sich schon melden wird, wenn aus den Daten Risiken abzulesen wären oder sich steuerliche Optimierungspotenziale ergäben. Sie verstehen ihre Steuerberatung wie ärztliches Fachpersonal, das ein Langzeit-Elektrokardiogramm (EKG) auf den betriebswirtschaftlichen Zustand des Unternehmens durchführt und bei Störungen zum Hörer greift.
Steuerberatungen verstehen ihre Buchhaltung jedoch als Datenerfassung und Datenaufbereitung. Die automatisch erstellte betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) wird üblicherweise monatlich übermittelt. Anders als ärztliches Personal bewerten und interpretieren Steuerberater*innen die BWA nicht – wenn das nicht ausdrücklich beauftragt wurde. Die Bewertung und Interpretation ist damit Aufgabe der Unternehmer*innen.
Leider ist die BWA für viele Unternehmer*innen nur schwer lesbar. Alle Informationen sind da, aber versteckt in einem Zahlendschungel, durch den es sich durchzukämpfen gilt. Viele Unternehmer*innen schauen sich die BWA daher gar nicht erst an.
Tipp: Sorge für eine Aufbereitung und Bewertung der BWA!
Du brauchst unbedingt einen Überblick und Verständnis über die betriebswirtschaftliche Situation deines Unternehmens. Und das zu jeder Zeit. Nur dann kannst du dein Unternehmen vorausschauend führen, Potenziale für mehr Umsatz oder weniger Kosten heben und Risiken frühzeitig entdecken.
Um dieses Verständnis zu ermöglichen, brauchst du ein gutes Controlling: die Erhebung, Bewertung, Interpretation und Aufbereitung der betriebswirtschaftlichen Daten für bessere unternehmerische Entscheidungen.
Ohne Controlling fährst du dein Unternehmen auf Sicht, ohne Navigation, ohne Ausguck, der rechtzeitig vor Eisbergen warnt.
Wenn bislang niemand das Controlling für dich und dein Unternehmen vorgenommen hat, hast du mehrere Optionen, das zu ändern.
Viele Steuerberatungen bieten auch Unternehmensberatung und Controlling an. Du könntest auch für das Controlling jemanden einstellen, sei es in Teilzeit, oder freiberuflich beauftragen. Es gibt auch Softwarelösungen, die die betriebswirtschaftlichen Daten besser lesbar machen und das Controlling vereinfachen.
Egal, wofür du dich entscheidest, kaum eine Investition wird sich so schnell auszahlen wie die in ein gutes Controlling.
Tipp: Beauftrage deine Steuerberatung mit regelmäßigen Steueroptimierungen!
Wie schon gesagt, die Holschuld für Beratung liegt bei dir, nicht bei deiner Steuerberatung. Wenn du steuerliche Beratung wünschst, musst du sie auch beauftragen:
1) Vereinbare mit deiner Steuerberatung, dass diese regelmäßig deine Daten nach steuerlichen Optimierungspotenzialen durchforstet. Das kann quartalsweise geschehen oder auch einmal pro Jahr.
2) Informiere deine Steuerberatung auch über größere Investitionsvorhaben und wichtige Unternehmensentscheidungen und lass die steuerlichen Implikationen vor der Umsetzung prüfen. Nach der Umsetzung gibt es kaum noch Gestaltungsspielraum.
3) Setze dich wenigstens einmal pro Jahr mit deiner Steuerberatung zusammen und sprich deine Planung und wichtigsten Ziele für das nächste Geschäftsjahr durch.
Nur so ermöglichst du deiner Steuerberatung, dich steuerlich wirklich zu beraten. Auch diese Investition zahlt sich schnell aus.
Missverständnis #2: Unternehmer*innen denken, ihre Steuerberatung hätte alle nötigen Informationen.
Die meisten Steuerberatungen sind nicht spezialisiert, sondern haben Mandanten aus ganz unterschiedlichen Branchen; z.B. Einzelhandel, Restaurants, Handwerksbetriebe, Freiberufler*innen oder produzierende Unternehmen. Jede Branche, jedes Geschäftsmodell hat unterschiedliche Anforderungen, jedes Unternehmen ist anders.
Die Buchhaltung kann in den meisten Fällen aus den Dokumenten schließen, wie der Vorgang gemäß den rechtlichen Vorschriften an das externe Rechnungswesen korrekt verbucht werden muss. Damit ist das Finanzamt zufrieden.
Was die Buchhaltung nicht weiß, ist, wie die Vorgänge für dein internes Rechnungswesen zugeordnet werden müssen, damit du die Daten bestmöglich für das Controlling nutzen kannst. Zu welchem Produkt, zu welchem Projekt, zu welchem Team gehört diese Eingangsrechnung?
Ohne die richtige Zuordnung landen alle Eingangsrechnungen in Sammel-Töpfen wie ‚Wareneingang‘ oder ‚Fremdleistungen‘. Die Daten verlieren damit einen großen Teil ihrer Aussagekraft und müssen mit großem Aufwand nachträglich zugeordnet werden.
Tipp: Vereinbare eine spezifische Anpassung des Kontenplans für dein Unternehmen.
Es gibt sogenannte Standardkontenrahmen (SKR) zur einheitlichen Zuordnung von Geschäftsvorgängen zu Buchungskonten. Für einige Branchen wie Einzelhandel oder Hotels gibt es sogar branchenspezifische Kontenrahmen. Deine Steuerberatung wird zu Beginn eurer Zusammenarbeit einen geeigneten Standardkontenrahmen ausgewählt haben.
Innerhalb des Standardkontenrahmens stellt die Steuerberatung dann einen Kontenplan auf. Beispielsweise wird für jeden Lieferanten ein eigenes Kreditorenkonto und für jeden Kunden ein eigenes Debitorenkonto angelegt.
Für künftige Auswertungen und gutes Controlling brauchst du jedoch weitere Differenzierungen. Für jeden Standort, jede Abteilung, jedes Produkt oder auch jedes einzelne Projekt sollten entsprechende Unterkonten angelegt werden.
Teile deiner Steuerberatung mit, welche Differenzierungen du benötigst und vereinbare einen passenden Kontenplan!
Tipp: Nutze Software zur Vorkontierung der Daten und Übermittlung an die Steuerberatung.
Hast du einen individuellen Kontenplan vereinbart, solltest du auch die korrekte Zuordnung der Geschäftsvorgänge ermöglichen.
Bei Ausgangsrechnungen könnte die Rechnungsnummer einen Schlüsselcode enthalten, aus dem die Buchhaltung das Unterkonto ableiten kann.
Bei Eingangsrechnungen ist die Zuordnung für die Buchhaltung deutlich schwieriger und bedarf meist einer zusätzlichen Kommunikation zwischen der internen, vorbereitenden Buchhaltung und der externen Buchhaltung bei deiner Steuerberatung.
Um die Kommunikation zwischen interner und externer Buchhaltung zu vereinfachen und umständliches Hin und Her zu vermeiden, empfehle ich die Nutzung von Softwarelösungen zur digitalen Übermittlung von Belegen und Zusatzinformationen.
Missverständnis #3: Deine Steuerberatung kann dir bei allen Steuerfragen helfen.
Um es mit Theodor Fontane zu sagen: Steuern sind ein weites Feld.
Nur weil deine Steuerberatung im Tagesgeschäft gute Arbeit leistet, ist sie nicht unbedingt die beste Anlaufstelle für jede steuerliche Frage.
So wie du dich nicht von deiner Allgemeinärztin oder deinem Allgemeinarzt am Herzen operieren lassen würdest, solltest du dich für Spezialthemen auch an spezialisierte Steuerberatungen wenden. Erfahrung ist viel wert, wenn es beispielsweise um die Umwandlung vom Personenunternehmen zur GmbH oder die Übertragung von Vermögenswerten an die Holding geht. Durch Erfahrung kennt eine spezialisierte Steuerberatung mögliche Fallstricke und kann diese umgehen.
Anders als Allgemeinärzt*innen haben Steuerberatungen jedoch oft Angst, ihre Mandanten an die spezialisierten Beratungen zu verlieren.
Daher überweisen sie ihre Mandanten nur ungern weiter und machen die Spezialthemen einfach mit.
Tipp: Prüfe, ob du für spezielle Themen auch spezialisierte Beratungen mit einbindest.
Die spezialisierte Steuerberatung erfolgt dann meist zusätzlich zur Allgemein-Steuerberatung und der laufenden Buchhaltung – du brauchst dafür nicht die Steuerberatung zu wechseln. Auch deine Allgemein-Steuerberatung müsstest du für die zusätzliche Beratung gesondert bezahlen – dann kannst du auch gleich zu einer Fachberatung gehen, die ist nicht unbedingt teurer.
Wenn deine Allgemein-Steuerberatung meint, die Spezialthemen auch bedienen zu können, dann solltest du unbedingt darauf bestehen und achtgeben, dass sie dafür auch die Haftung übernimmt.
Gerade bei Steuerfragen mit großen Auswirkungen sind die Kosten für eine zusätzliche Prüfung – sozusagen eine Zweitmeinung – gut investiert. Wenn du also deine Allgemein-Steuerberatung mit der Durchführung beauftragst, kannst du zusätzlich eine Fachberatung mit der Prüfung beauftragen.
Missverständnis #4: Wenn du deine Steuerberatung nicht verstehst, liegt es an dir.
Steuerberater*innen sind Fachleute auf ihrem Gebiet – für diese ist herausfordernd, sich in die Position von Nicht-Fachleuten hineinzuversetzen; es ist anstrengend und erfordert Arbeit, sich für fachfremde verständlich auszudrücken. Die Fachsprache der Steuern und Buchhaltung muss in die Sprache von Unternehmer*innen übersetzt werden.
Das ist die Aufgabe deiner Steuerberatung. Dafür bezahlst du sie.
Nicht für Fach-Kauderwelsch, sondern dafür, dass sie dein Verständnis steuerlicher Konsequenzen erhöht und du bessere unternehmerische Entscheidungen treffen kannst.
Wenn du deine Steuerberatung nicht verstehst, dann liegt es nicht an deiner Begriffsstutzigkeit, sondern an einer mangelnden Übersetzungsleistung. Das solltest du auch so kommunizieren – und einfordern.
Tipp: Wähle eine Steuerberatung, die deine Sprache spricht.
Wenn du deine Steuerberaterin oder deinen Steuerberater wiederholt auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht verstehst, habt ihr ein Kommunikationsproblem.
Egal, was der Grund für das Kommunikationsproblem ist, du brauchst eine andere Steuerberatung!
Eine für dich passende Steuerberatung erkennst du an diesen Eigenschaften:
• Die Steuerberatung kennt deine Branche und hat viele ähnliche Unternehmen als Mandanten.
• Die Steuerberatung kann sich für dich verständlich ausdrücken und versucht auf Nachfrage neue Erklärungsansätze zu finden (ohne Augenrollen).
• Die Steuerberatung hat keine einfachen und schnellen Antworten, sondern stellt wie bei einer ärztlichen Untersuchung viele Fragen, um die Gesamtsituation besser zu verstehen und bessere
Lösungen zu entwickeln.
Ein Wechsel der Steuerberatung bringt uns zum nächsten Missverständnis.
Missverständnis #5: Die Steuerberatung zu wechseln, bedeutet großen Aufwand und hohe Kosten.
Viele Unternehmer*innen sehen sich gefangen und wechseln die Steuerberatung auch dann nicht, wenn sie schon lange unzufrieden sind.
Dafür gibt es meist zwei Gründe: Zum einen befürchten die Unternehmer*innen beim Wechsel der Steuerberatung große Reibungen, Mehraufwand und damit verbundene Kosten. Zum anderen wissen die Unternehmer*innen nicht, wohin sie wechseln sollen, welche Steuerberatung für sie besser passt.
Zumindest für den ersten Grund kann ich Entwarnung geben: Steuerberatungen sind nach dem Steuerberatergesetz verpflichtet, alle Daten und Unterlagen an die neue Steuerberatung zu übergeben. Du solltest dir von der alten Steuerberatung unbedingt alle Daten entsprechend der „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) aushändigen lassen.
Auch zeitlich gibt es keine großen Einschränkungen. Vermeide jedoch den Wechsel, während deine alte Steuerberatung gerade noch mit Steuererklärungen, Jahresabschlüssen oder Bilanzen beschäftigt ist. In diesen Fällen müsstest du die geleisteten Arbeiten doppelt zahlen – an diealte und an die neue Steuerberatung.
Ein guter Zeitpunkt ist der Wechsel direkt nach der Erstellung des Jahresabschlusses und der Jahressteuererklärung.
Tipp: Wechsle die Steuerberatung, wenn du nicht zufrieden bist.
Eine gute und für dich passende Steuerberatung ist enorm wichtig und kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Also wechsle, wenn du nicht zufrieden bist!
Wenn dein Unternehmen nicht gerade aus anderen Gründen am Abgrund steht und du dich voll auf die Rettung konzentrierst, gibtes für dich kaum eine wichtigere Aufgabe als eine neue Steuerberatung zu finden.
Wenn du noch nicht weißt, wohin du wechseln sollst, investiere die Zeit, die passende Steuerberatung zu finden. Sprich mit anderen Unternehmer*innen, bevorzugt aus deiner Branche, und frag sie, ob sie mit ihrer Steuerberatung zufrieden sind. Such im Internet nach Steuerberatungen für deine Branche, lerne sie kennen und schau, bei wem du dich gut aufgehoben und verstanden fühlst. Hauptsache, du tust alles, das Problem zu lösen!
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