“Ich habe früh angefangen, selbst Lösungen für Probleme zu suchen”
Wie blicken Gründerinnen und Gründer auf ihre Schulzeit zurück? Heute spricht Oliver Bracht, Gründer von Eoda aus Kassel, über seine eigene Schulzeit und was sich am deutschen Schulsystem unbedingt ändern muss.
Auf welcher Schule warst du und welche Erinnerung hast Du an Deinen ersten Schultag in der weiterführenden Schule?
Eigentlich wollte ich auf eine Realschule gehen, weil mein Nachbar auch da war. Die Eltern eines guten Freundes haben mich dann aber doch überzeugt, aufs Gymnasium zu gehen. Im nachhinein bin ich froh darüber – das war eine wichtige Weichenstellung für meinen weiteren Weg. Bezüglich des ersten Schultages kann ich mich erinnern, dass ich zuerst etwas gefremdelt habe mit dem Gymnasium. Es war alles aufregend, eine ganz andere Welt – ich habe mich nicht sofort zu Hause gefühlt.
Woran erinnerst Du dich gern, woran weniger?
Einzelne Lehrer waren sehr wichtig für mich, mein Philosophielehrer in der 11. Klasse zum Beispiel. Auch die Klassengemeinschaft und alles, was um die Schule herum passiert ist, habe ich als sehr positiv erlebt. Ansonsten war Schule eher etwas, was man halt machen musste.
Welches war Dein Lieblingsfach und auf welches hättest Du verzichten können?
Zu meinen Lieblingsfächern gehörten auf jeden Fall Mathe und Sport. Aber auch Fächer, in denen ich improvisieren konnte, haben mir Spaß gemacht. Nicht so toll fand ich Latein.
Welche Tipps würdest Du aus heutiger Sicht Deinem Schüler-Ich geben?
Wenn man in irgendeiner Weise Schulfächer auswählen kann, würde ich meinem Schüler-Ich auf jeden Fall empfehlen, das zu machen, was Spaß macht. Man neigt dazu die Fächer zu wählen, die einem später nutzen könnten. Im späteren Leben entwickeln sich die Sachen, die man für das Berufsleben braucht, aber meist von allein. Ich war beispielsweise in der Schule nicht so gut in Englisch, das wurde dann aber viel besser, als ich es im Berufsleben ständig anwenden musste.
Welchen Berufswunsch hattest Du während Deiner Schulzeit?
Ich hatte am Anfang gar keine Vorstellung, was man so werden kann und was man für die einzelnen Berufe für Voraussetzungen braucht. Ich hatte auch das Gefühl, dass es gar nicht so die Möglichkeiten gab, sich zu informieren. Später haben mich vor allem Architektur, Landschaftsbau und andere handfeste Berufe interessiert.
Warst Du früher schon eher Macher mit Gründer-Gen?
Ich habe früh angefangen, selbst Lösungen für Probleme zu suchen und bin oft ins kalte Wasser gesprungen, habe improvisiert oder einfach ausprobiert. Diese Erfahrungen haben auf jeden Fall auch bei der Entscheidung geholfen, ob ich gründe oder nicht. Man muss sich einfach manchmal etwas trauen, auch wenn man noch nicht in allen Teilbereichen Bescheid weiß. In der Oberstufe hatte ich zum Beispiel eine Idee mit ein paar Freunden: Ein Einkaufsservice, bei dem die Leute uns ihre Einkaufslisten faxen und wir anschließend alles einkaufen und vorbeibringen. Wir hatten sogar einen Termin mit einem Supermarkt-Leiter. Er fragte, was wir machen, wenn wir von den Bestellungen überrollt werden. Während wir nur darüber nachdachten, was passiert, wenn es nicht läuft, dachte er das Ganze also aus einer ganz anderen Richtung Den Aspekt fand ich ganz interessant, denn Erfolg kann einen tatsächlich vor noch größere Probleme stellen, als Misserfolg.
Wie kann die Schule dazu beitragen, dass Jugendliche schon in der Schulzeit einen Gründergeist entwickeln?
Schulen sollten mehr in Projekten denken und die Kinder auch mal machen lassen. Es sollte mehr Möglichkeiten geben, sich auszuprobieren und den Erfindergeist fließen zu lassen. Zudem sollte die Bildung im IT-Bereich eine größere Rolle spielen. Der richtige und sichere Umgang mit digitalen Werkzeugen und ein Grundwissen in Sachen Programmierung sind heute wichtiger als je zuvor.
Viele Schüler waren zuletzt durch Homeschooling in einer ganz besonderen Situation. Sollte das Schulsystem nach Corona grundsätzlich überdacht werden?
Die Schulen sollten Chancen nutzen und pragmatischer denken – gerade in Zeiten, wo eine schnelle Lösung erforderlich ist. Manche Lehrer meinen, sie müssten erst eine Fortbildung machen, bevor sie Skype oder Zoom zum Unterrichten benutzen könnten. Dieses Mindset ist antiquiert und das absolute Gegenteil von Gründergeist.
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