#Interview

“Ich hab’ viel Kritik für meine Idee ernten müssen. Das hat mich angespornt”

bumpli erwirtschaftet mit einem Nachtlichtsystem für Kindertrinkflaschen einen Millionenumsatz. "Als ich die Idee hatte und mit Hilfe eines 3D-Druckers einen Prototypen gebaut habe, hatte ich viel Hoffnung und eine große Portion Naivität in mir", sagt Gründer Enis Ayari.
“Ich hab’ viel Kritik für meine Idee ernten müssen. Das hat mich angespornt”
Dienstag, 30. März 2021VonAlexander

Das Kieler Startup bumpli, eine junge Direct to Consumer-Marke, verkauft ein Nachtlichtsystem für Baby- und Kindertrinkflaschen. “Aus der anfänglichen Idee ist heute ein gestandenes Unternehmen mit Millionenumsatz geworden. Darauf bin ich stolz, weil ich sehe, dass sich all die harte Arbeit gelohnt hat und unser Produkt so viele Menschen begeistert”, sagt Gründer Enis Ayari.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der bumpli-Macher außerdem über Lagerbestände, Ehrgeiz und Struktur.

Wie würdest Du Deiner Großmutter bumpli erklären?
Wir verkaufen eine elastische Silikonhülle, in der ein kleines, flaches Lämpchen liegt. Zusammen mit dem Lämpchen stülpst du die Silikonhülle ganz einfach unten auf eine Baby- oder Trinkflasche. Und wenn du dann das Lämpchen einschaltest, wird aus jeder Flasche ein angenehmes Nachtlicht für kleine Kinder!

Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Wir sind erst seit knapp zwei Jahren auf dem Markt. Die größte spürbare Veränderung ist unser Wachstum – und alle damit einhergehenden Folgen, wie die Einstellung von neuen Mitarbeitern, Prozessoptimierungen, etc.

Wie ist überhaupt die Idee bumpli Startup entstanden?
Die Idee hatte ich, als meine Frau im Januar 2019 schwanger war und wir uns mit dem Thema Erstausstattung und Gadgets befasst haben. So kam es wohl durch einfach mehrere aufeinander folgende Ereignisse dazu, solch eine Idee überhaupt zu bekommen. Zu dem Zeitpunkt waren meine Frau und ich Inhaber eines Eltern-Kind-Cafés, so dass wir die ganze Zeit schon mit unserer jetzigen Zielgruppe Familien zu tun hatten.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Corona hat viele Existenzen zerstört und nachhaltig unser Leben verändert. Für uns bedeutet die Pandemie lediglich, dass wir nun weitestgehend vollständig im Homeoffice arbeiten. Wir können aber nicht eindeutig sagen, ob wir schneller oder langsamer durch die Pandemie gewachsen sind.

Wie genau hat sich Bumpli seit der Gründung entwickelt?
Bumpli ist erwachsen geworden. Als ich die Idee vor ca. zwei Jahren hatte und mit Hilfe eines einfachen 3D-Druckers und Silikon-Teilen aus dem Internet einen ersten Prototypen meiner Erfindung gebaut habe, hatte ich viel Hoffnung und eine große Portion Naivität in mir. Aus der anfänglichen Idee ist heute ein gestandenes Unternehmen mit Millionenumsatz geworden. Darauf bin ich stolz, weil ich sehe, dass sich all die harte Arbeit gelohnt hat und unser Produkt so viele Menschen begeistert.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist bumpli inzwischen?
Wir sind mittlerweile ein Team aus sechs Festangestellten, vier Freelancern und vier Werkstudenten. Im April erweitern wir das Team um zwei bis drei weitere Festangestellte. Umsatztechnisch haben wir im Jahr 2019 circa 50.000 Umsatz gemacht, und im Jahr 2020 über 1 Millionen Euro, der sogar profitabel war! Unser Umsatzziel mit bumpli ist es, auf jeden Fall in den nächsten zwei bis fünf Jahren achtstellige Umsätze zu erzielen. Die wichtigste Kennzahl ist letzten Endes aber die Zufriedenheit unserer Kunden mit den Produkten von bumpli.

Euer Firmensitz ist Kiel. Was zeichnet die Startup-Szene vor Ort aus?
Kiel hat eine recht kleine Startup-Szene. Hier gibt es einige Unternehmen, die entweder regional, oder teilweise auch national für Aufsehen gesorgt haben. Wir sind gespannt, was hier im Norden noch entstehen kann. Es wäre schön, wenn wir eines Tages die Stadt Kiel als eine kleine Startup-Hochburg etablieren können. Wir tun unser bestes, um hierzu unseren Beitrag zu leisten.

Du hast Bumpli bisher ohne Fremd-Finanzierungen und Kapitalgeber aufgebaut. War dies von Anfang an eine bewusste Entscheidung?
Ganz klar: ja! Ich wollte es ohne fremde Hilfe schaffen. Ich hab viel Kritik von Freunden und Bekannten für meine Idee ernten müssen. Das hat mich so sehr angespornt, dass ich es allen beweisen wollte, insbesondere mir selbst. Ich habe aber auch das Potential gesehen und recht früh anhand erster Reaktionen von Kunden gemerkt, dass mein Produkt massentauglich ist.

Wie war der Start ohne fremdes Geld – was geht recht einfach, was ist als Bootstrapping-Startup recht schwierig?
Die größte Herausforderung stellte sich mir tatsächlich erst, als ich wusste, dass ich bei der ProSieben Erfinder-Show “Das Ding Des Jahres” auftreten darf. Ich wollte diese Chance nutzen. Es war klar, dass meine Lagerbestände nicht ausreichen würden, um die Anzahl an Bestellungen nach der Show auch nur ansatzweise zu bewältigen. Also musste ich das erste mal für meine Idee einen Kredit aufnehmen, um mehr Produkte vorzuproduzieren. Tatsächlich habe ich weniger verkauft als erwartet, aber auch dies hat mir gezeigt: Ich darf mich niemals von einzelnen Kanälen wie TV oder Facebook abhängig machen.

Gab es denn viele Dinge, die Du einfach nicht umsetzen konntest, weil das Geld fehlte?
Ich konnte mir nicht die notwendige Expertise ins Haus holen. Mir fehlte oft das Know-How für den nächsten Schritt. Also war ich gezwungen, mir alles selbst beizubringen. Heute profitiere ich enorm von diesen Learnings. Ich denke, dass dies eines der Schlüssel für den heutigen Erfolg von mir und meinem Team ist. Ich denke, wir haben uns gerade deshalb zu E-Commerce-Profis entwickelt.

Was rätst du anderen Gründer:innen, die sich für Bootstrapping entscheiden?
Geduld zu haben. Die Mechanismen brauchen deutlich länger, um zu greifen, als bei Unternehmen mit Invest-Möglichkeiten. Wenn du von deiner Idee überzeugt bist, dann investiere so viel Energie wie möglich da rein. Und eines sollte man können: wieder aufstehen, wenn man fällt. Auch ich musste in meinem Leben sehr häufig zurückstecken. Aber mein Ehrgeiz hat mich wirklich Tag für Tag gepackt – bis ich die für mich richtigen Schlüsse aus den Erfahrungen und Fehlern gezogen habe.

Wovon hast Du in der Anfangszeit gelebt?
Ich hatte eine kleine Vortagsbäckerei. Die Erlöse reichten, um mich und meine kleine Familie über Wasser zu halten. Irgendwann fehlte mir die Zeit, beiden Projekten die nötige Kraft zu schenken, also trennte ich mich von meiner Bäckerei. Mein Auto habe ich dann auch verkauft. Meine Kosten konnte ich decken. Mehr brauchte ich nicht. Ich wollte alles in meine Vision investieren. Erst seit dem 1 Januar 2021 also knapp 20 Monate nach der Unternehmensgründung, waren meine Reserven aufgebraucht, ich bin jetzt auch in meiner eigenen Firma angestellt und zahle mir ein Gehalt.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Natürlich ist schon so einiges schief gelaufen: Ich habe 43.000 Euro auf eine falsche Kontonummer in Hongkong überwiesen. Das war schon blöd, zum Glück aber kam das Geld mit etwas Verzögerung nach drei Wochen zurück. Außerdem habe ich einige Kilos zugenommen. Obwohl ich versuche, trotz der vielen Arbeit immer auf meine Gesundheit zu achten, ist es mir dennoch nicht gelungen, regelmäßig Sport zu treiben und mich fit zu halten. Die Zeit dafür nehme ich mir aber jetzt immer mehr. Was jedoch den größten negativen Einfluss auf mein Unternehmen genommen hat, ist die lange Zeit fehlende Struktur gewesen. Ohne Know-How in so ein Business zu steigen, sorgt dafür, dass du versuchst dir wirklich jeden Schritt selbst beizubringen. So verlierst du aber irgendwann den Überblick und hast nicht mehr das Gefühl, alles im Griff zu haben als CEO. Erst jetzt, mit den richtigen Experten und vor Allem mit dem richtigen Mindset und großer Anstrengung, ist es mir und meinem Team gelungen, strukturierter und deshalb auch um ein vielfaches effizienter zu arbeiten.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich habe mir ein wirklich tolles Team aufgebaut. Nicht nur was die Expertise angeht. Auch zwischenmenschlich habe ich Menschen um mich herum, die an mich glauben und ihr Bestes für bumpli geben. Sie zu mir geholt zu haben, war eine richtig gute Entscheidung. Wobei ich auch alles richtig gemacht habe: ich habe eine starke Frau an meiner Seite, die mir mehr als nur den Rücken stärkt. Ich bin so dankbar, dass ich eine gesunde und glückliche Familie mit ihr habe. Denn Familie ist einfach das wichtigste im Leben. Ohne ihr Engagement und ihre Geduld wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Ich verdanke ihr sehr viel. Sie und mein Sohn Elyan ebnen unsere gemeinsame Zukunft.

Wo steht bumpli in einem Jahr?
Etabliert als die innovative Kindermarke, auf die wir Eltern schon lange gewartet haben. Denn bei bumpli verfolgen wir stets das Motto: von Eltern für Eltern.

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Foto (oben): bumpli

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.