Nike kopiert Schuh-Startup! – “Eine bessere Bestätigung können wir uns kaum vorstellen”
Das junge Unternehmen bendys setzt auf Schuhe, die jeder anziehen kann ohne sich bücken zu müssen. “Wir arbeiten seit inzwischen fast 20 Jahren an den bendys – angefangen bei meiner Diplomarbeit. Das Unternehmen dazu haben wir aber erst Mitte letzten Jahres gegründet. Das fängt gerade an, sich mit Leben zu füllen – coronabedingt leider langsamer als erhofft”, erzählt Max Neumeyer, der das Unternehmen gemeinsam mit Heinz Gerd Brammen führt.
Der Schuhgigant Nike stellte kürzlich einen Schuh vor, der wie der verschollene Zwilling von bendys aussieht. “Natürlich waren wir erstmal baff, als das Produkt vorgestellt wurde. Da schwang schon etwas Sorge mit, aber auch viel Neugier. Denn uns wurde schnell klar, dass uns durch Nike ganz neue Möglichkeiten eröffnet werden. Eine bessere Bestätigung unseres Geschäftsmodells können wir uns kaum vorstellen”, sagt Neumeyer.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der bendys-Macher außerdem über Experimente, Lieferprobleme und Schuhfertigung.
Wie würdest Du Deiner Großmutter bendys erklären?
Das ist einfach: “Oma, Dein Enkel verkauft jetzt Schuhe und Du musst Dich nie wieder bücken, wenn Du Schuhe anziehen willst!”
Hat sich Euer Konzept, Euer Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Ja – und zwar sehr deutlich: Statt unser Patent des “hands-free-entry”-Schuhs an andere Firmen zu verkaufen oder an Lizenzpartner zu vermitteln, sind wir selber zum Hersteller geworden. Und als Hersteller verlassen wir gerade den Bereich Kleinstserien und produzieren erstmals größere Mengen. In der Entwicklungsphase hin zur Serienreife haben wir versucht, für unser Erfindung vertriebsstarke Partner zu finden. In den Gesprächen, die wir geführt haben, tauchte immer wieder die Frage auf: „Kann man bendys auch erfolgreich verkaufen?“ Wir fanden das etwas sonderbar – schließlich kannten unsere Gesprächspartner ihre Zielgruppe und den Schuhmarkt ja viel besser. Wir mussten feststellen, dass die Schuhbranche sehr konservativ und der Markt hart umkämpft ist. Dort gibt es wenig Spielraum für Experimente. So wurde uns klar, dass wir bendys selber am Markt etablieren und dabei auch als Hersteller auftreten müssen. Erste Versuche mit reinem Direktvertrieb im Modebereich haben wir schnell wieder beendet. Es fehlte – bisher – schlicht die Marktpräsenz, um ein komplett neues Schuhkonzept in der Breite bekannt zu machen. Wir mussten lernen, unsere Zielgruppe viel klarer zu definieren, um sie besser ansprechen zu können. Jetzt sprechen wir Menschen an, für die bendys mehr sind als nur ein modisches Gimmick. In unserer Gesellschaft gibt es viele Menschen, für die das An- und Ausziehen von festen Schuhen aufgrund von vorübergehenden oder chronischen Erkrankungen nur noch schwer oder gar nicht mehr machbar ist. Dieser Zielgruppe Mobilität und Unabhängigkeit anbieten zu können ist unser Ziel. Im Handel richten wir uns Orthopädieschuhmacher und Schuhhäuser mit Bequemschuhabteilung. Erste Kooperationen gibt es bereits.
Nike hat kürzlich einen Schuh vorgestellt, der ziemlich nach eurem Konzept aussieht. Wie fühlt es sich an, von einem solchen Giganten kopiert zu werden?
Natürlich waren wir erstmal baff, als das Produkt vorgestellt wurde. Da schwang schon etwas Sorge mit, aber auch viel Neugier. Denn uns wurde schnell klar, dass uns durch Nike ganz neue Möglichkeiten eröffnet werden. Eine bessere Bestätigung unseres Geschäftsmodells können wir uns kaum vorstellen. Mit einem unbekannten Produkt ohne Vorbild steht man als kleines Startup vor einer großen Marketing-Aufgabe. Wir sehen in dem Produkt von Nike eine Art Türöffner. Die typische Händlerfrage „Kann man bendys auch verkaufen?“ werden wir vermutlich seltener hören – und vielleicht häufiger offene Türen einrennen. Jetzt ist es spannend zu sehen, wie ähnlich die Kommunikation am Markt aussieht. Beispielsweise verwendet Nike ebenfalls das etwas sperrige und sehr technische Wort “bistabil”. Da wurde uns klar – offensichtlich ist unsere Kommunikation nicht so falsch. Gestalterisch spricht Nike ohnehin eine ganz andere Zielgruppe an. Wir denken daher, dass wir von Nikes Engagement nur profitieren können. Schließlich gilt: Wer kopiert wird, hat Erfolg.
Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Einen guten Teil der Krisenzeit konnten wir nutzen, um uns in Ruhe mit unserer Zielgruppe und dem Produkt zu beschäftigen. Da hat uns Corona vergleichsweise wenig gestört. Aktuell haben wir – so wie viele – mit Corona bedingten Lieferproblemen zu kämpfen. Auch die Ansprache des Handels oder geplante Messeauftritte ruhen natürlich aktuell.
Wie ist überhaupt die Idee zu bendys entstanden?
Die erste Auseinandersetzung mit “freihändig anzuziehenden Schuhen” erfolgte bereits in meinem Studium als Industrie-Designer. Das Thema hat mich dann nicht mehr losgelassen. Die Idee, ein Unternehmen zu gründen, entstand dann erst mit Heinz Gerd Brammen, einem Experten in Sachen Schuhfertigung. Ohne dessen Know How und Einsatz gäbe es die bendys GmbH nicht.
Wie hat sich bendys seit der Gründung entwickelt?
Wir arbeiten seit inzwischen fast 20 Jahren an den bendys – angefangen bei meiner Diplomarbeit. Das Unternehmen dazu haben wir aber erst Mitte letzten Jahres gegründet. Das fängt gerade an, sich mit Leben zu füllen – coronabedingt leider langsamer als erhofft.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist bendys inzwischen?
Auf dem Papier sind wir nur zu zweit. Zum Glück haben wir aber im Umfeld viele Profis aus den verschiedensten Bereichen die uns beraten und auch mal mit anpacken. Solange wir auf Ware warten, versuchen wir die Struktur schlank zu halten. Die Liste der Vorbestellungen und Anfragen stimmen uns aber optimistisch.
Wo steht bendys in einem Jahr?
Wenn alles läuft wie geplant, dann gibt es in einem Jahr eine Händlerstruktur, so dass Kunden bendys in Ihrer Nähe probetragen können. Auch unser bisher sehr schlankes Produktprogramm ist dann größer. Schuhe sind modische Produkte. Da kommt man um eine gewisse Auswahl nicht herum. Die wollen wir gerne bieten, sobald unsere Stückzahlen das zulassen.
Reden wir zudem noch über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Wenn es um Schuhe geht, schenken sich die beiden Standorte nicht viel – fachlich wären wir in der alten Schuhstadt Pirmasens vermutlich am besten aufgehoben. Vertrieblich ist die Lage ein echter Vorteil. Mit Düsseldorf, Bonn und dem Ruhrgebiet wohnen Millionen Menschen in direkter Umgebung.
Was fehlt in Köln noch?
Die “Digitalstadt Köln” hat für ein Startup im produzierenden Gewerbe, vergleichsweise wenig zu bieten. Da hatten wir nie das Gefühl besondere Unterstützung zu erfahren.
Zum Schluss hast Du drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Köln?
Mehr breite Fuß und Radwege. Niedrigere Mieten wären natürlich schön. Und das man nicht drei Monate auf eine Steuernummer warten muss.
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