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Millionenschwerer Exit-Rausch im Telemedizin-Segment

Telemedizin boomt - und Unternehmen wie Zur Rose, Shop Apotheke und Zava kaufen derzeit gezielt E-Health-Firmen wie TeleClinic, smartpatient, Fernarzt und Medlanes auf. Dafür nehmen die Unternehmen zweistellige Millionenbeträge in die Hand.
Millionenschwerer Exit-Rausch im Telemedizin-Segment
Donnerstag, 21. Januar 2021VonAlexander

Hinter dem altmodischen Wort Telemedizin, also der medizinischen Versorgung von Patienten über das Internet, verbirgt sich einer der größten Wandel im Gesundheitswesen überhaupt. Nach einem Boom an Neugründungen in den vergangenen Jahren erlebt die E-Health-Szene derzeit einen millionenschweren Exit-Rausch. Gefühlt kommt dieser viel zu früh, denn noch ist Telemedizin längst kein Alltag. Online-Apotheken wie Zur Rose und Shop Apotheke bzw. Telemedizin-Firmen wie Zava stecken aber lieber zu früh, als zu spät ihre Wachstumsfelder ab.

Gerade erst übernahm das deutsch-britische Telemedizin-Unternehmen Zava (früher als DrEd bekannt) sprechstunde.online (gehörte zuvor zur Deutsche Arzt AG aus Essen) und das Berliner Startup Medlanes, das Hausbesuche von Kinderärzten, Internisten, Orthopäden und Allgemeinmedizinern organisiert übernommen.  sprechstunde.online zählt nach eigenen Angaben 12.000 registrierte Ärzten und Therapeuten. “Mit seiner KBV-zertifizierten Videosprechstunden-Software ist sprechstunde.online bundesweit Marktführer unter den Anbietern, die unabhängig vom Praxis-Verwaltungs-System (PVS) operieren”, teilte das Unternehmen zum Zukauf mit.

Medlanes wurde 2014 von Erik Stoffregen und Emil Kendziorra gegründet. 2018 investierte die Berliner E-Health-Schmiede Heartbeat Labs in den privatärztlichen Bereitschaftsdienst. Das Unternehmen ist derzeit in 14 deutschen Städten aktiv. “Die Übernahme von Medlanes ist ein bedeutender Schritt im Rahmen unserer Wachstumsstrategie. Mit Medlanes’ starkem Ärztenetzwerk können wir die Brücke zwischen telemedizinischer Behandlung und Vor-Ort-Strukturen schlagen. Wir bieten eine zeitgemäße Gesundheitsversorgung, die den selbstbewussten Patienten in den Mittelpunkt stellt”, sagte Zava-Chef David Meinertz zum Zukauf.

Was Zava für die beiden Übernahmen in die Hand genommen hat, ist leider nicht bekannt. Ebenfalls nicht bekannt ist, wie viel das britische Investmenthaus Marcol für die Übernahme von Fernarzt gezahlt hat. “Die strategische Übernahme ergänzt die hauseigene Digital-Health-Gruppe HealthHero und das schnell wachsende Portfolio im Bereich Healthcare des Londoner Private Equity Investors”, teilte das Unternehmen zur Übernahme mit. Fernarzt wurde 2017 von Heartbeat Labs gegründet.

Wie teuer Zukäufe im Segment derzeit sein können, zeigen dagegen die Übernahmen von TeleClinic und smartpatient. Die Online-Apotheke Shop Apotheke zahlte für smartpatient, das die App MyTherapy entwickelt und betreibt. einen Kaufpreis im “oberen zweistelligen Millionenbereich“. Aktuell wird die MyTherapy-App nach Firmenangaben von rund 1,4 Millionen Patienten aktiv genutzt. SmartPatient wurde Ende 2012 von Philipp Legge, Sebastian Gaede und Julian Weddige in München gegründet.

Die Versandapotheke DocMorris, gehört zur Zur Rose-Gruppe, zahlte für den Telemedizin-Anbieter TeleClinic stattliche 43,5 Millionen Euro. “Durch den Telemedizin-Service von TeleClinic können wir unseren rund 9 Millionen aktiven Kunden, einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung bieten und schaffen attraktive Mehrwerte für unsere Partner auf dem DocMorris Marktplatz“, sagte Olaf Heinrich, Head Germany bei Zur Rose, zum Zukauf. Das Unternehmen erwartet, dass “für bis zu 50 % der über die Plattform durchgeführten Konsultationen elektronische Rezepte ausgestellt werden”. Ins Leben gerufen wurde das Startup TeleClinic 2015 von Katharina Jünger, Reinhard Meier und dem Wirtschaftsinformatiker Patrick Palacin.

Der Zukauf-Hunger von Zur Rose, Shop Apotheke und Zava dürfte mit diesen Übernahmen noch nicht gestillt sein. Weitere Zukäufe dürften in den kommenden Wochen und Monaten folgen. Es gilt offenbar schnell zuzuschlagen, bevor die Konkurrenz zuschlägt, oder die Unternehmen noch teurer werden. Wobei die viele Konkurrenz die Preise schon jetzt in die Höhe treiben dürfte.

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.