#Interview
“Selbstständigkeit bietet viele Freiheiten, aber auch extrem viel Verantwortung”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Anna Nußbaum, Gründerin von Miyana Berlin. Das junge Unternehmen bietet “feminine Damenschuhe in Übergröße” an.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Das Wichtigste im Gründer Alltag ist für mich eine gewisse Routine zu haben. Ich setze diese um, in dem ich mir zu Beginn jeder Woche einen genauen Plan mache, welche To-Do’s anstehen und jeden Tag zur exakt gleichen Zeit aufstehe & mit der Arbeit beginne. Die Selbstständigkeit bietet viele Freiheiten, aber auch extrem viel Verantwortung gepaart mit sehr viel Arbeit. Sich eine Struktur zu schaffen ist daher sehr wichtig.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Jede/r Gründer*in wird mir wahrscheinlich in der Aussage zustimmen, dass man nie ganz abschaltet – gerade zu Beginn. Ich habe jedoch die fixe Regel, wirklich alles im Büro zu erledigen. Wenn viel ansteht, bleibe ich also lieber lange dort, als noch etwas mit nach Hause zunehmen. Mein Laptop bleibt grundsätzlich auch über Nacht dort ;-) Wenn ich also Feierabend mache, höre ich auch wirklich auf zu arbeiten und kann somit ganz gut abschalten. Ohne diese Regelung gäbe es wohl gar kein Stopp, etwas zu tun gibt es schließlich immer!
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich bin von Grund auf ein sehr realistischer Mensch – tendiere also weder zu großem Optimismus oder Pessimismus. Das war bei der Gründung sehr hilfreich, da ich mir vieles ähnlich ausgemalt habe, wie es sich dann auch ergeben hat. Allerdings fiel es mir am Anfang sehr schwer, Aufgaben abzugeben. Lässt man sich jedoch einmal darauf ein und findet Personen für’s Team denen (& deren Fähigkeiten) man vertraut, ist es unglaublich befreiend und auf Dauer natürlich sowieso mit Wachstum unausweichlich.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die erste Hürde war natürlich, den Mut zu finden sich zu 100% für den Weg einer Gründung zu entscheiden und damit erst einmal gegen einen bezahlten Job. Als mein Entschluss dann feststand, war die größte Hürde sich in der sehr traditionellen Schuhindustrie ohne vorherige Arbeitserfahrung in dieser oder Netzwerk zurechtzufinden. Ein großes Thema war zum Beispiel einen passenden Produzenten in Italien zu finden, der überhaupt Schuhe in einer Größe 41 und größer für Frauen herstellt.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Glücklicherweise ist mir noch kein größerer Fehler unterlaufen, ich hab allerdings gelernt, mich aufs Wesentliche zu konzentrieren und mich nicht stundenlang mit kleinen, administrativen Aufgaben zu verzetteln. Hier muss man schnell klare Entscheidungen treffen oder die Sachen abgeben, um sich den Großteil des Tages konzentriert auf die wichtigen Dinge fokussieren zu können.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Gute Frage, denn Teambuilding ist wirklich eine große Herausforderung. Gleichzeitig kann man jedoch gut auf sein Bauchgefühl hören und spürt meistens innerhalb der ersten Gespräche sehr schnell, ob eine Person ins Team passt. Nach diesem Gefühl würde ich immer wieder gehen. Ich hatte bisher Glück, dass mir einige Leute über Bekannte empfohlen wurden, wo sowohl Fähigkeiten als auch die persönliche Note sehr gut gestimmt haben.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Klare Zielsetzung und gute Struktur. Behaltet das Big Picture im Auge! Baut euch so schnell ihr könnt ein Team auf und gebt Aufgaben ab. Das hilft wahnsinnig. Sprecht mit so vielen Menschen über eure Idee wie möglich – die besten Impulse kommen oft unerwartet.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Unser Shop läuft über Shopify, das ist also natürlich die absolute Basis von Miyana Berlin. Dicht gefolgt von Slack – ich kann mir Arbeiten ohne Slack garnicht mehr vorstellen, man spart so unglaublich viel Zeit!
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Ich denke der Grundstein ist gegenseitige Zuverlässigkeit und Vertrauen. Wenn man sich auf jeden im Team verlassen kann, gibt es keinerlei Anlass zu schlechter Stimmung – auch nicht, wenn mal Fehler passieren. Wir haben keine Hierarchie und arbeiten alle zusammen auf Augenhöhe. Da geht allerdings nur, weil wirklich alle sehr zuverlässig sind.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Wahrscheinlich mein erster geplanter Besuch bei meinem Produzenten in Italien, bei dem ich nach Rom geflogen bin, um von da aus mit dem Mietwagen weiter zu fahren. Auf halber Strecke stellte ich fest, dass die Italiener mehrere Tage landesweit die Tankstellen geschlossen haben – aufgrund eines Streiks. Ich strandete somit in einem kleinen Bergdorf, 150 Km vor meinem eigentlichen Ziel. Mit leerem Tank und ohne öffentliche Anbindung!
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
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