#Interview

“Wir suchen Teams mit spannenden, neuen Technologien, die Branchen verändern können”

Mit neoteq Ventures starteten Simon Schneider und Byung-Jun Park, die beide schon jahrelang in der deutschen VC-Szene unterwegs sind, gerade einen neuen Kapitalgeber. "Wir investieren deutschlandweit und setzen einen Schwerpunkt im Rheinland", sagt Schneider.
“Wir suchen Teams mit spannenden, neuen Technologien, die Branchen verändern können”
Mittwoch, 4. November 2020VonAlexander

Der neue Kapitalgeber neoteq Ventures investiert vor allem im Bereich Seed bis Series A. “Unsere Ticketgröße in der ersten Runde fängt bei 250.000 Euro an und geht bis 1,5 Millionen Euro. Wir haben einen klaren Tech-Fokus, haben aber bewusst keinen Branchenfokus definiert. Wir suchen vielmehr Teams mit spannenden, neuen Technologien, die Branchen verändern können. Wir investieren deutschlandweit und setzen einen Schwerpunkt im Rheinland”, sagt Simon Schneider, der den Kapitalgeber gemeinsam mit Byung-Jun Park führt.

neoteq ventures verkündete kürzlich das First Closing (30 Millionen Euro) seines ersten Fonds. Zielgröße sind 40 bis 60 Millionen Euro. Im VC-Interview mit deutsche-startups.de spricht neoteq-Macher Schneider, der früher unter anderem beim High-Tech Gründerfonds (HTGF) wirkte, über Erfahrungen, Pitch Decks und Ankündigungen.

Reden wir über Geld. Was genau reizt Dich daran, Geld in Unternehmen zu investieren?
Das faszinierende an unserem Job als VC-Investor ist vor allem die Möglichkeit, immer wieder bei sehr spannenden Unternehmen mitzuhelfen, dass diese groß werden. Auch nach über 15 Jahren, die ich mittlerweile in der VC-Branche arbeite, begeistert mich dieser Teil meiner Arbeit immer wieder aufs neue.

Wie wird man eigentlich Venture-Capital-Geber – wie bist Du Venture-Capital-Geber geworden?
Bei mir war das einfach nur Zufall. Nach Abschluss meines Jura-Studiums wusste ich, dass ich keine klassische Juristen-Karriere machen wollte. Da bekam ich von einem Freund die Empfehlung, mir doch mal die Venture Capital-Branche anzuschauen. Und so bin ich dann in die VC-Welt reingestartet. Das war übrigens 2001, als gerade der Neue Markt krachend zusammenbrach und alle in der Branche leicht panisch waren. Nicht gerade der beste Einstiegszeitpunkt, es war aber sehr lehrreich.

In der VC-Welt wird oftmals mit Millionenbeträgen hantiert, wird Dir da nicht manchmal mulmig zumute – bei diesen Summen?
Es ist richtig, dass es in der Startup-Welt immer wieder um sehr große Summen geht. Mulmig ist mir dabei allerdings nicht, vielmehr habe ich Respekt davor. Wir haben als Investor nicht nur eine Verantwortung den Startups gegenüber, sondern auch gegenüber unseren eigenen Investoren. Wir gehen mit unseren Investments immer Risiken ein und somit gehört auch dazu, mit diesen Risiken umgehen zu können. Klar ist, wenn man als Startup heute mit großen Zielen an den Start geht, dann geht das nicht ohne entsprechendes Funding. Im Earlystage-Bereich ist in Deutschland mittlerweile auch viel Kapital für die Startups verfügbar. Es ist aber nach wie vor so, dass die großen Growth-Finanzierungen ohne internationale Investoren in Deutschland so gut wie gar nicht zustandekommen. Hier ist es aus meiner Sicht wünschenswert, dass wir ein paar mehr große Fonds an den Start bekommen, die solch eine Finanzierungsrunde auch mal alleine machen können.

Was sollte jeder Gründer über Euch – als VC – wissen – wie etwa grenzt Ihr Euch von anderen Investoren ab?
neoteq ventures ist gerade erst gestartet, wir bringen aber als Team schon sehr viel Erfahrung mit. Wir sind ein Earlystage-VC und investieren vor allem im Bereich Seed bis Series A. Unsere Ticketgröße in der ersten Runde fängt bei 250.000 Euro an und geht bis 1,5 Millionen Euro. Wir haben einen klaren Tech-Fokus, haben aber bewusst keinen Branchenfokus definiert. Wir suchen vielmehr Teams mit spannenden, neuen Technologien, die Branchen verändern können. Wir investieren deutschlandweit und setzen einen Schwerpunkt bei unseren Investmentaktivitäten im Rheinland.

Welche Unterstützung bietet Ihr – neben Geld?
Wir helfen sehr gerne dabei mit, dass die Startups, bei denen wir uns beteiligen, ihre nächsten Finanzierungsrunden planmäßig hinbekommen. Leider dauern Finanzierungsrunden oft sechs bis acht Monate. Wenn man da mit seinem Netzwerk helfen kann, dass das ganze etwas schneller geht, ist schon eine Menge geholfen. Darüber hinaus setzen wir uns mit den Gründern zusammen und schauen, wo welche Unterstützung von uns wünschenswert ist. Das kann im Bereich HR, beim Zugang zu neuen Kunden oder in anderen Bereichen sein. Am Ende haben wir alle das gleiche Ziel, dass das Startup erfolgreich wird.

Was ist wichtiger: Das Team oder die Idee?
Für mich ganz klar das Team, dicht gefolgt von der Idee.

Wie sieht das ideale Gründerteam aus bzw. gibt es überhaupt das ideale Gründerteam?
Es ist natürlich immer wünschenswert, dass ein Gründerteam möglichst alle Bereiche für den Unternehmensaufbau abdeckt: Also eine Rampensau, die alles verkauft, was es zu verkaufen gibt, das Superhirn, das die Technik im Griff hat und den Innenminister, der dafür sorgt, dass der Unternehmensaufbau auch vom Team mitgetragen wird. Dazu sollten die sich auch noch gut verstehen und immer alle in die gleiche Rechnung gehen. In der Realität findet man ein solches Team häufig nicht von Anfang an und dann gehört es eben auch dazu, dass ein solches Team über die Zeit aufgebaut wird. Um es mit den Worten meines ehemaligen Kollegen Marc Schröder von MGV I Maschmeyer Group Ventures zu sagen: Teamwork makes the dream work!

Wie entscheidet Ihr, ob Ihr in ein Startup investiert: Bauchgefühl, Daten, Beides oder was ganz anderes?
Es ist eine Kombination aus beidem: Wir haben über die Jahre hinweg einen standardisierten Due Diligence-Prozess entwickelt, mit dem man alle wichtigen Punkte für ein Investment abklopft. Am Ende ist es aber natürlich auch immer so: Wenn man es dem Gründerteam nicht zutraut, sollte man es besser lassen.

Nicht jedes Startup läuft rund, nicht jedes wird ein Erfolg. Was macht Ihr, wenn eine Eurer Beteiligungen in Schieflage gerät?
Es kommt wie immer auf den Einzelfall an. Jedes Startup durchläuft unterschiedliche Phasen in seiner Entwicklung und dabei klappt natürlich auch nicht immer alles. Wichtig ist aus meiner Erfahrung, dass es zwischen Gründern/Management und Investoren immer eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt. Das stellt nämlich sicher, dass man Schieflagen frühzeitig erkennt und Lösungen dafür erarbeitet. Das gelingt nicht, wenn man stur an seinem ursprünglichen Plan festhält sondern ist nur dann möglich, wenn man immer wieder bereit ist, die getroffenen Entscheidungen zu überdenken und ggf. zu korrigieren.

Und woran merkt Ihr, dass Ihr bei einem Startup die endgültige Reißleine ziehen müsst?
Meistens gibt es nicht nur einen Grund, der zu dieser Erkenntnis führt. Oft sind es verschiedene Gründe, die dazu führen, dass ein Startup nicht funktioniert. Sehr gefährlich ist auf jeden Fall lang andauernder Streit im Gesellschafterkreis und natürlich ist es sehr problematisch, wenn sich die Kunden gar nicht für das Produkt begeistern lassen.

Wie wichtig und bindend ist ein Businessplan?
Der Businessplan wurde über die Jahre hinweg mehr und mehr vom Pitch Deck verdrängt. Über Seiten hinweg ausformulierte Businesspläne sind heute eher selten. Egal ob Businessplan oder Pitch Deck, beides ist nach wie vor ein wichtiges Dokument für einen Investor, da es häufig die erste Unterlage ist, die man vom Unternehmen erhält, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen.

Wie spricht man als Gründer am besten einen Investor an?
Auf Events, einfach hingehen und ansprechen. Dafür gehe ich ja auf solche Veranstaltungen. Ansonsten am besten immer mit einem Intro. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, direkt von Anfang an entsprechende Aufmerksamkeit zu bekommen.

Was sollten Gründer vor Investoren niemals sagen oder machen?
Ankündigungen machen oder Behauptungen aufstellen, von denen man weiß, dass sie nicht haltbar sind.

Gebt Ihr uns einen Einblick in Euer Anti-Portfolio – bei welchen, jetzt erfolgreichen, Firmen seid Ihr – vor neoteq – leider nicht eingestiegen?
Ich hatte damals myTaxi auf dem Tisch und bin davon ausgegangen, dass die wenig Chancen gegen die Taxizentralen haben werden. Das habe ich falsch eingeschätzt. Dann wollten wir 2008 eigentlich bei Limango investieren, aber auf einmal sind andere Investoren an uns vorbeigezogen und haben den Deal alleine gemacht. Kurz danach wurde Limango Anfang 2009 dann von Otto übernommen. Ich weiß noch, wie ich die Nachricht dazu bei deutsche-startups.de gelesen, und mich geärgert habe.

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Foto (oben): neoteq Ventures

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.