#Gastbeitrag
10 Learnings aus 10 Jahren Fundraising
Gründerinnen und Gründer, die diesen Prozess bereits durchlaufen haben, wissen: Eine Finanzierungsrunde ist kein Zuckerschlecken, sondern ein langwieriger, anstrengender Prozess der einem selbst, aber auch dem gesamten involvierten Team einiges abverlangt. Um anderen Unternehmerinnen und Unternehmern, die diesen Prozess noch vor sich haben, ein paar persönliche Erfahrungen mitzugeben, habe ich im Folgenden meine 10 Learnings aus 10 Jahren Fundraising zusammengefasst – für zenloop, meine vorige Gründung Flaconi sowie in Bezug auf verschiedene Ventures, in die ich selbst als Business Angel investiert habe.
1. Beginne mit dem Fundraising, bevor du das Kapital tatsächlich benötigst
Um Risikokapital einzusammeln, sind wie auch beim Closen von Sales-Deals, beim Sichern von guter PR oder der Anstellung neuer Mitarbeitender zwei Dinge sehr wichtig: gute Beziehungen und Vertrauen. Daher folgender Tipp: Versuche schon früh ein nachhaltiges Netzwerk aufzubauen und pflege diese Kontakte – auch wenn du nicht sofort von ihnen profitierst. Der rechtzeitige Austausch mit potentiellen Investoren bietet die Möglichkeit, wichtige Informationen einzuholen, wie beispielsweise die erwarteten KPIs oder ab welcher Investitionsphase welcher Geldgeber bereit ist, sich mit einem Investment zu beteiligen. Diese frühzeitige Qualifizierung wird ab einem späteren Punkt sehr nützlich werden – du leistest also wertvolle Vorarbeit.
2. Stimm dich zuallererst mit bestehenden Shareholdern ab
Bestreitest du nicht deine erste Finanzierungsrunde, sondern bist auf der Suche nach einer Folgefinanzierung, solltest du dich zuallererst mit deinen Bestandsinvestoren abstimmen, bevor du Kontakt zu potenziellen neuen VCs aufnimmst. Bestehende Partner kontinuierlich über relevante Geschäftsentwicklungen zu informieren, schafft Transparenz. Darüber hinaus sind Folgefinanzierungen ein überaus positives Zeichen für potentielle neue Investoren – ein gutes Verhältnis zu deinen Partnern zu pflegen, zahlt sich also aus vielerlei Hinsicht aus.
3. Enable dein Team, dich zu unterstützen
Eine Finanzierungsrunde ist ein Fulltime-Job. Allein aus einer Zeitmanagement-Perspektive betrachtet, ist es meiner Erfahrung nach kaum möglich, sich ausreichend auf das Fundraising zu konzentrieren und gleichzeitig bei allen relevanten Entscheidungen aus dem Tagesgeschäft involviert zu bleiben. Eine Best Practice, die sich deshalb für mich bewährt hat, ist das Team bestmöglich dazu zu befähigen, bei der Finanzierungsrunde zu unterstützen. Müssen interne Daten zusammengetragen werden? Hol dir Hilfe vom Team. Muss das Pitch Deck überarbeitet werden? Hol dir Unterstützung beim Team. Einerseits ist es so möglich, den Fokus auf die relevantesten Themen zu legen, andererseits schafft die Einbindung des Teams auch hier Transparenz und stärkt das interne Vertrauen in das Leadership.
4. Investiere Zeit und Geld in dein Pitch-Deck
Ein weiteres wichtiges Learning, das ich mit der Zeit gemacht habe: Investiere ausreichend Zeit und Geld in dein Pitch-Deck. Nicht einmal, sondern so lange, bis alles stimmig ist. Eine Herangehensweise, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, ist zunächst eine generelle Storyline zu entwerfen und diese im Folgenden ausgewählten Friendlies vorzustellen, um ein erstes Feedback zu erhalten. Kommen hier Fragen auf? Dann gilt: zurück ans Reißbrett und die Story noch einmal überarbeiten. Falls keine Fragen aufkommen, starte den ersten Outreach zu potentiellen Investoren. Das Feedback, was du aus den ersten Gespräch mit VCs erhältst, sollte wiederum erneut genutzt werden, um das Pitch-Deck weiter zu iterieren. Wiederhole diesen Prozess, bis keine Fragen mehr offen bleiben.
Neben dem Inhalt solltest du ferner auch in das Design des Pitch-Decks investieren. Ein großartiges Design allein wird dir zwar nicht die Finanzierungsrunde gewinnen, aber ein unprofessioneller Look könnte sie dich im Zweifel kosten.
5. Setze dir Meilensteine
Um sicherzustellen, dass du deinem eigenen Zeitplan treu bleibst, ist es wichtig, dir selbst, aber vor allem auch deinem Team, klare Meilensteine zu setzen. Bis wann benötigst du alle Unterlagen für den Datenraum, um die Due-Diligence zu starten? Bis zu welchem Zeitpunkt sollte das Term-Sheet unterzeichnet sein? Deine Meilensteine solltest du auch in Form einer Roadmap in dein Pitch Deck integrieren. So kannst du nicht nur mögliche Investoren über bereits erreichte Meilensteine auf dem Laufenden halten, es ermöglicht dir auch VCs zu identifizieren, die nicht in der Lage sind, diesem Zeitplan zu folgen. Standardisierte interne Prozesse erlauben es VCs häufig nicht so schnell zu agieren, wie es für deine Zeitplanung nötig ist – ein Punkt, der besser früher als später für beide Seiten klar sein sollte.
6. Organisiere potentielle Investoren wie eine Sales-Pipeline
Ein Punkt, der sich in der Vergangenheit als sehr praktikabel erwiesen hat, ist mit VCs wie mit Sales-Leads umzugehen. Dafür lohnt sich die Arbeit mit einem CRM-Tool, um eine gute Übersicht zu behalten, mit welchem Investor man sich derzeit in welcher Phase befindet. Habe ich bereits Kontakt aufgenommen? Fand das erste Treffen bereits statt? Gab es bereits das Partner-Meeting? Ziel sollte es hier sein, alle Kontakte auf einem ähnlichen Level zu halten, wodurch eine Routine in der spezifischen Phase, in der man sich befindet, entsteht. Pitchen beispielsweise ist eine Fähigkeit, die regelmäßig geprobt und geschärft werden sollte, um maximal effizient darin zu sein. Hat man also die Möglichkeit, sich innerhalb einer bestimmten Phase ausschließlich auf eine spezifische Tätigkeit – in diesem Beispiel das Pitchen – zu fokussieren, hilft dies ungemein.
7. Setze den ersten Vertragsentwurf selbst auf
Hast du die meisten Prozesse durchlaufen und befindest dich im finalen Abschnitt der Finanzierungsrunde, sollten deine ersten Vertragsentwürfe durch dich selbst bereitgestellt werden. Dies erspart dir zum einen Zeit und Mühe, da du dich nicht in „fremde” Verträge einarbeiten musst. Zum anderen bietet sich dir weniger Verhandlungsspielraum, wenn die Gespräche auf Grundlage von Dokumenten beginnen, die vom VC aufgesetzt wurden. Hier lohnt es sich, in kompetenten juristischen Support zu investieren, um selbst VC-taugliche Verträge vorlegen zu können.
8. Vergleiche deine Vertragsbedingungen
Etwas, was meiner Meinung nach nicht genug getan wird, ist das eigene Netzwerk zu nutzen, um erhaltete Vertragsangebote zu benchmarken. Finanzierungsrunden sind nichts Alltägliches – zögere also nicht, dich an erfahrene Kontakte zu wenden, um dir einen Überblick über Standardkonditionen zu verschaffen. Wie viele Anteile sollte ich für das VSIP bereitstellen? Wie viele Jahre sollte meine Vesting-Periode laufen? Wie sollte die Liquidation Preference strukturiert sein? Standardklauseln wie diese lassen sich leicht vergleichen, was in Folge hilft, VCs auszusortieren, die eindeutig inakzeptable Deals anbieten.
9. Referenz-Checks bei den Portfoliounternehmen des VCs
Die Investoren werden es tun, also solltest du es auch tun: Referenzen überprüfen. Gerade Unternehmen, die nicht so erfolgreich waren wie erwartet, verfügen oft über wertvolle Insights. Haben sie von ihren Investoren die nötige Unterstützung erhalten, die sie brauchten? Wenn ja, zu welchen Bedingungen? Die Beziehung zu einem VC sollte man sich vorstellen wie eine Ehe. Im Idealfall hält die Bindung ewig, tritt der Idealfall nicht ein, kostet es eine Unmenge an Zeit und Ressourcen – stelle also sicher, dass du deinen zukünftigen Partner gut kennst, bevor ihr „die Ringe austauscht”.
10. Nach der Finanzierungsrunde ist vor der Finanzierungsrunde
Hast du das erste Kapital eingesammelt, sollte dir klar sein, dass die nächste Finanzierungsrunde höchstwahrscheinlich nur wenige Jahre oder sogar Monate entfernt ist. Um dich schon jetzt auf diesen Zeitraum vorzubereiten, sollte eine kontinuierliche und möglichst transparente Kommunikation mit deinen Investoren bestehen bleiben. Wie entwickeln sich deine KPIs? Geht der zuvor kommunizierte Business-Plan auf wie erwartet? Alle Shareholder up-to-date zu halten, schafft Vertrauen und wird bei der nächsten Runde viele Schritte deutlich erleichtern und beschleunigen.
Über den Autor
Björn Kolbmüller ist Mitgründer und Geschäftsführer von zenloop, einer integrierten Experience-Management-Plattform. Die SaaS-Lösung wurde 2016 von Björn Kolbmüller, Paul Schwarzenholz und Lukasz Lazewski gegründet und sitzt mit rund 60 Mitarbeitenden in Berlin. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der HHL Leipzig Graduate School of Management begann Björn Kolbmüller seine berufliche Laufbahn bei Mister Spex, bevor er 2008 in das Brand Management Team von Procter & Gamble wechselte. Zusammen mit Paul Schwarzenholz gründete er anschließend die Online-Parfümerie Flaconi, die erfolgreich an Pro7Sat1 verkauft wurde. Bei Flaconi war Kolbmüller verantwortlich für Marketing-, Produkt- und Tech-Themen. Neben zenloop ist er als Business Angel aktiv und berät junge Start-ups.
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