Vytal: Der Unterschied zwischen Wollen und Können bei der Bewertung
Bewertungen sind immer wieder Kernthema bei Investorenverhandlungen, sowohl innerhalb als auch außerhalb von “Die Höhle der Löwen”. Die Suche nach der einen, absolut wahren und immer zutreffenden Formel oder Methode blieb jedoch bisher ergebnislos. Zwar findet man nach kurzer Recherche schnell ausführliche Beschreibungen und Anleitungen wie z.B. zu der “Dicounted-Cashflow”-Methode (DCF), in der Realität ist ein solches Rechenergebnis jedoch vor allem in frühen Startup-Phasen selten ausschlaggebend.
Das liegt vor allem daran, dass die meisten dieser Methoden auf Werten basieren, die bei sehr jungen Unternehmen nur schwer vorhersehbar sind, wie z.B. die geplanten Umsätze. Das ist auch einer der Gründe, warum man Umsätze bottom-up auf Basis möglichst konkret ermittelter Branchen-KPIs bei Investoren (und in Finanzplänen) kalkulieren sollte, und nie top-down etwa von der Marktgröße argumentieren sollte. Hieraus entstehen dann nämlich allzu oft völlig übertriebenen Bewertungen, und nicht nur einmal hat man auch die Löwen sagen hören, das die Größe eines Marktes keine Bewertungsargumentation ist.
Oberflächlich betrachtet hätte bei Vytal zunächst der Eindruck entstehen können, dass die Gründer genau diesen Weg gegangen sind. Denn die Bewertung wurde von allen Löwen als wesentlich zu hoch empfunden, und die Gründer argumentierten häufig mit den Aussichten eines globalen Geschäftsmodells.
Was gerade in der Höhle vielen Gründern auch passiert, ist, den Löwen eine Bewertung wie für einen reinen Finanzinvestor anzubieten, also einen Investor, der sich außer der Bereitstellung von Kapital nicht viel einbringt. Doch Investoren wie die Löwen bieten wesentlich mehr, vielen Gründern ist hier sogar oft z.B. der Zugang zu Vertriebskanälen wichtiger als das Kapital selbst, und genau diese Leistungen müssen eben auch bei der Bewertung berücksichtigt werden, schließlich wären viele davon mit Geld kaum zu bezahlen.
Im Fall von Vytal hatte man jedoch nicht das Gefühl, dass die Gründer die Investoren und ihre Bedeutung unterschätzten, denn immer wieder betonten sie, was sie sich von einem starken Investor erhofften und dass sie unbedingt mit einem oder mehreren der Löwen arbeiten wollten. Doch das Gegenangebot von Dr. Georg Kofler und Nico Rosberg war mit 25% weit von den ursprünglich angebotenen 10% entfernt. Daher hat es auch weniger überrascht, dass die Gründer nun ihrerseits ein neues Angebot machten. Allerdings hätten viele Zuschauer ein wenig mehr Entgegenkommen von ihnen erwartet, denn die nun vorgeschlagenen 12,5% wirkten nicht so, als ob die Gründer unbedingt einen Deal haben wollten. Auch nach einem weiteren Entgegenkommen der Löwen mit 20% zeigte sich im Angebot der Gründer keine Bewegung. Dadurch verloren sie Nico Rosberg, Dr. Georg Kofler machte jedoch schließlich den Deal alleine. Doch was gab hier den Ausschlag und überzeugte letztendlich, dass die Gründer, wie sie auch sagten, nicht mehr Anteile anbieten “konnten” und nicht nur einfach nicht “wollten”?
Schon recht früh in der Argumentation der Bewertung legten die Gründer dar, welche Skalierungsmöglichkeiten sie in ihrem Geschäftsmodell sahen, und in diesem Zug auch, dass daher im Laufe des Wachstum noch viel mehr weiteres Geld nötig sei, und daher auch weitere Investitionsrunden. Solche weiteren Runden, die oft eine mindestens 7-stellige Investmentsumme umfassen, werden dann meistens von reinen Finanzinvestoren angeführt, die normalerweise ein bestimmtes Set an Regeln haben, nach denen sie investieren. Eine der verbreitetsten ist hierbei, dass die Gründer noch einen erheblichen Anteil der Unternehmensanteile besitzen, was viel mit Motivation und Commitment der Gründer, aber auch z.B. mit Entscheidungsstrukturen zu tun hat. Einen zu hohen Anteil in einer frühen Runde abzugeben, könnte also das scheitern späterer Investorenakquisen und damit auch das Ende des Unternehmens bedeuten.
Dieses Argument wird jedoch häufiger genutzt, als es tatsächlich zutrifft, es müssen schon einige Merkmale in der Komposition von Markt, Geschäftsmodell und Unternehmensphase vorliegen, um wirklich sagen zu können, dass man nicht mehr Anteile abgeben “kann” obwohl man den Investor unbedingt an Board haben will.
Ein weiteres Indiz, dass dies im Fall von Vytal zutrifft, kann in der genauen Nachfrage von Dr. Georg Kofler nach den Sklalierungsplänen gesehen werden, denn natürlich dreht sich bei einem solchen Modell alles ums Wachstum.
Schließlich schien ihn die Antwort zufrieden zu stellen und wir dürfen gespannt sein, ob mit Vytal endlich ein global agierendes Modell im Kampf gegen die Plastikberge von Essensverpackungen entsteht.
Tipp: Alles über die Vox-Gründer-Show gibt es in unserer DHDL-Rubrik. Die jeweiligen Deals und Nicht-Deals gibt es hier: “Die Höhle der Löwen (8. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen (7. Staffel), “Die Höhle der Löwen” – Deals (6. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen” – Deals (5. Staffel), “Die Höhle der Löwen – Deals (4. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen – Deals (3. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen – Deals (2. Staffel)“, “Die Höhle der Löwen – Deals (1. Staffel)“.
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