#Interview

“Anfangs wurden wir als die ‘bösen’ Fintechs abgestempelt”

Vor fünf Jahren ging Clark an den Start. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen mehr als 200 Mitarbeiter. Und die Berliner haben noch mehr vor: "Unsere Vision ist es, der größte digitale Versicherungsmakler in Europa zu werden", sagt Gründer Christopher Oster.
“Anfangs wurden wir als die ‘bösen’ Fintechs abgestempelt”
Montag, 22. Juni 2020VonAlexander

In den vergangenen fünf Jahren flossen schon rund 36 Millionen Euro in den Versicherungsmanager Clark. Zu den Investoren des Berliner InsurTech-Startups gehören unter anderem Portag3 Ventures, White Star Capital, Coparion und Yabeo Capital. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen mehr als 200 Mitarbeiter. “Dabei beraten unsere Versicherungsexperten insgesamt mehr als 200.000 Kunden bei ihren Versicherungsfragen. Seit dem Launch der App haben Kunden eine Million Verträge mit Clark digitalisiert”, sagt Gründer Christopher Oster.

Zum Start vor fünf Jahren unterschätzen die Clark-Macher vor allem ihre “eigene Positionierung in der Branche”. “Anfangs wurden wir als die ‘bösen’ Fintechs ohne Geschäftsmodell abgestempelt. Eine Bezeichnung, die uns nicht gerecht wurde. Wir haben erst sehr spät festgestellt, dass wir unsere gesamte Kommunikation an den Endkunden gerichtet und dabei den Austausch mit anderen Unternehmen der Branche, die wir auch als Produktpartner brauchen, vernachlässigt haben. Ein Fehler, der uns lehrte, dass neben der Tatsache, wie uns unsere Kunden wahrnehmen, es mindestens genauso wichtig ist, wie wir in der Branche selbst auftreten”.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Clark-Macher außerdem über skalierbare Prozesse, Front-End und Provisionen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Clark erklären?
Bei deiner Bank kannst du alles machen, was mit deinem Geld zu tun hat: Überweisungen, Daueraufträge, Abhebungen, … bei Clark kannst du alles machen, was mit deinen Versicherungen zu tun hat: vergleichen, sparen, einen Schaden melden. Und das jederzeit von Zuhause oder unterwegs am Computer oder mit dem Handy.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Das grundlegende Konzept, mit dem wir vor fünf Jahren gestartet sind, hat sich nicht verändert. Der Grundgedanke lautet nach wie vor: Clark macht Versicherungen einfach und sorgt dafür, dass du richtig abgesichert bist. Natürlich hat sich aber seit Launch der App Anfang 2016 einiges verändert. Es kamen neue Features hinzu, wie beispielsweise unser Renten-Cockpit, und auch die User Experience in der App haben wir kontinuierlich weiterentwickelt. Im Rahmen unseres Jubiläums haben wir uns mal die ersten Screens unserer App angesehen – ein Unterschied zu heute wie Tag und Nacht.

Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Einige Branchen hat Corona wirklich kalt erwischt. Auf uns hatte die Krise glücklicherweise keine massiven wirtschaftlichen Auswirkungen. Die deutlichste und bislang einzige Auswirkung der Corona-Krise betraf unsere allgemeine Arbeitssituation an den jeweiligen Standorten. Mitte März sind ausnahmslos alle Mitarbeiter bei Clark ins Home Office gegangen.

Lief dabei alles rund?
Dank unserer flexiblen Infrastruktur fiel die Umstellung allerdings nicht schwer und wir konnten auch die Kundenberatung und den Service wie bislang online und telefonisch weiterführen. Ich würde sogar soweit gehen, zu sagen, dass diese extreme Situation im März und April auch einen positiven Einfluss auf uns hatte: Nämlich, dass wir alle näher zusammengerückt sind – trotz der Distanz. Unsere Expansion nach Österreich haben wir beispielsweise trotz Home Office erfolgreich auf die Beine gestellt.

Wie ist überhaupt die Idee zu Clark entstanden?
Nach dem Studium startete ich zunächst als Unternehmensberater. Meine Dissertation und die Bekanntschaft einiger Gründer brachte mich dann schließlich 2011 zum Rocket Internet-Startup Wimdu, wo ich als COO einstieg. Als ich 2014 Wimdu wieder verließ, war eine Rückkehr in die Unternehmenswelt für mich ausgeschlossen.

Warum?
Ich wollte unbedingt selbst gründen und habe mich auf die Suche nach einer guten Idee begeben. Die Idee zu Clark kam dann tatsächlich, aufgrund der eigenen Erfahrungen mit meinen Versicherungen: Ich hatte einfach keinen Überblick, was ich wie gut abgesichert habe. Ich dachte: Eine digitale Lösung wäre eigentlich für meine Generation das beste Tool, um Versicherungen zu managen. Diese Lösung gab es aber schlicht nicht. Damit war dann Clark geboren – wobei der Name erst einige Monate später kam.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Wir sind ein B2C-Produkt: Als digitaler Versicherungsmakler beraten wir unsere Kunden zu allen ihren Versicherungen. Im Unterschied zum Offline-Makler machen wir dies vor allem online und digital. Zum einen, weil wir glauben, dass eine moderne Lösung eher dem entspricht, wie die “digitale Generation” konsumiert und das eigene Leben managed. Zum anderen, weil wir damit für den Verbraucher mehr Transparenz herstellen und das Thema Versicherungen vereinfachen. Für den Kunden ist der Service – also in erster Linie die App – kostenlos. Aber natürlich könnten wir als Dienstleistung nicht überleben, wenn wir keinerlei Einnahmequelle hätten. Wir finanzieren uns durch Provisionen von den Versicherungsgesellschaften. Das entspricht dem ganz klassischen Maklermodell.

Wie hat sich Clark seit der Gründung entwickelt?
Mit Blick auf die letzten fünf Jahre sehen wir eine Entwicklung in allen Bereichen. Innerhalb der Organisation ist unser Team schnell gewachsen. So mussten die bisherigen Strukturen und internen Prozesse nach und nach professionalisiert werden. Dazu gehört auch die Formalisierung der eigenen Kultur, die nicht mehr wie zu Beginn von Mitarbeiter zu Mitarbeiter weitergetragen wird, sondern aufgrund der aktuellen Größe dokumentiert, trainiert und vor allem gelebt werden muss. Auch auf Kundenseite ist einiges passiert. Durch die stetige Weiterentwicklung der App, die Einführung neuer Features und Partnerschaften wie mit Miles & More, N26 oder Payback hat sich unsere Kundenzahl seit Ende 2016 mehr als verzehnfacht. Dass wir unsere App seit diesem Jahr auch in anderen Ländern anbieten, zeigt in welche Richtung sich Clark zukünftig weiterentwickelt.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Clark inzwischen?
Wir beschäftigen mittlerweile mehr als 200 Mitarbeiter an insgesamt vier Standorten in Deutschland und Österreich. Dabei beraten unsere Versicherungsexperten insgesamt mehr als 200.000 Kunden bei ihren Versicherungsfragen. Seit dem Launch der App haben Kunden eine Million Verträge mit Clark digitalisiert. Für unsere steile Wachstumskurve spricht auch der Gründerszene Award 2019. Wir hatten ein durchschnittliches, jährliches Wachstum von mehr als 1.000 % zwischen 2016 und 2018. Wie bei – fast – allen jungen Unternehmen sprechen wir nicht über unseren Umsatz. Ich kann aber zumindest so viel verraten: Wir sind – auch in der aktuellen Krise – mit unseren Umsatzzahlen sehr zufrieden.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Was wir total falsch eingeschätzt haben, war unsere eigene Positionierung in der Branche. Anfangs wurden wir als die “bösen” Fintechs ohne Geschäftsmodell abgestempelt. Eine Bezeichnung, die uns nicht gerecht wurde. Wir haben erst sehr spät festgestellt, dass wir unsere gesamte Kommunikation an den Endkunden gerichtet und dabei den Austausch mit anderen Unternehmen der Branche, die wir auch als Produktpartner brauchen, vernachlässigt haben. Ein Fehler, der uns lehrte, dass neben der Tatsache, wie uns unsere Kunden wahrnehmen, es mindestens genauso wichtig ist, wie wir in der Branche selbst auftreten.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben schon sehr früh darauf geachtet, skalierbare Prozesse zu bauen. Uns war immer wichtig, nicht nur ein schickes Front-End, sondern auch eine Technologie dahinter zu haben, die es uns erlaubt, bei gleichbleibender Beratungsqualität und Zufriedenheit die Kundenzahlen zu steigern. Diese Grundlage ermöglichte uns, auch in den letzten drei Jahren so schnell zu wachsen.

Wo steht Clark in einem Jahr?
Unsere Vision ist es, der größte digitale Versicherungsmakler in Europa zu werden. Daran werden wir auch in den nächsten 12 Monaten weiter arbeiten. Mal in die Glaskugel blickend: Entweder wir sind bereits oder wir werden kurz davor sein, in einem weiteren europäischen Markt zu starten. Gleichzeitig ist es unser Ziel als Marke in den bestehenden Märkten – Deutschland und Österreich – noch bekannter zu werden und unsere Position weiter auszubauen.

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Foto (oben): Clark

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.