Vertraut auf den Earn-Out – insbesondere in der Krise!
“Der Earn-Out kommt ohnehin nicht”- das ist einer dieser Sätze, die M&A-Berater tausendfach hören und die trotzdem immer wieder sofort aufschrecken lassen. Warum? Weil er Schwierigkeiten bedeutet. Wenn der Gründer selbst schon nicht an seinen eigenen Business Plan glaubt, wie soll es der Käufer dann erst?
Jüngste Erhebungen der Investmentbank Carlsquare aus mehr als 250 Transaktionen zwischen 2010 und heute haben ergeben, dass der Earn-Out in den allermeisten Fällen zu 82,1 % tatsächlich erreicht wird. Im Durchschnitt wurden 89,2 % der Initialzahlung als performance-basierte Vergütung ausgezahlt.
Warum also sind so viele Gründer skeptisch, was den Earn-Out betrifft?
Obwohl gegenwärtig, während der Krise, in vielen Fällen allein das Instrumentarium des Earn-Outs Transaktionen überhaupt erst ermöglicht- Umsatzeinbrüche und damit verbundene Unsicherheiten hinsichtlich der Unternehmensbewertung lassen sich durch den Earn-Out gut überbrücken- zweifeln nicht wenige Gründer nach wie vor an diesem Konstrukt. Der Grund: manchmal liegt die Skepsis nicht im fehlenden Glauben an die Unternehmensziele, sondern darin, die Geschicke des eigenen Unternehmens nur schwerlich in fremde Hände geben zu können. Was, wenn der neue Gesellschafter an Bord andere Interessen verfolgte als die, das gekaufte Unternehmen tatsächlich noch erfolgreicher zu machen? Vielleicht beabsichtigte er schlicht, unliebsame Wettbewerber ruhig zu stellen? Was, wenn er ihm unnötige Kosten auferlegte, ihn so also in seinem Erfolg beschnitte? Was, wenn er die Kontrolle über sein Haus verlöre. Was, wenn dies die Ergebnisse ruinierte?
Faule Eier erkennen
Für diese Sorgen gibt es recht wirksame Lösungen. Durch vertraglich vereinbarte Earn-Out-Protection-Mechanismen beispielsweise. Gemeint sind hier insbesondere Vetorechte des Minderheitsgesellschafters für nicht budgetierte Ausgaben, mit deren Hilfe sich willkürliche Mehrkosten, die den Earn-Out gefährden könnten, verhindern lassen. Abstand sollten Gründer darüber hinaus von Kaufinteressenten nehmen, die keine Synergien versprechen oder gar negative Auswirkungen auf das Geschäft erwarten lassen, etwa aufgrund von Channel-Konflikten. Zudem sollten sich Gründer bei vergangenen Geschäftspartnern des Käufers Earn-Out-Referenzen einholen.
Welche Laufzeiten generieren den profitabelsten Earn-Out?
Sind sich Käufer und Verkäufer grundsätzlich einig, stellt sich die Frage, über welche Zeitspanne der Earn-Out bestenfalls vereinbart werden sollte. Ein-Jahres-Earn-Outs führen unseren Zahlen zu Folge im Vergleich zu mehrjährigen Earn-Outs zwar zu einer 30 bis 50 % höheren Initialzahlung. Allerdings erreicht er nach einem Jahr durchschnittlich nur vergleichsweise geringe 27 % des Ursprungspreises. Insgesamt ist der Earn-Out nach einem Jahr dennoch eine recht sichere Bank.
Deals mit Zweijahres-Earn-Outs waren im Gesamtergebnis die schwächsten. Bei drei Jahren Laufzeit konnten Verkäufer insbesondere in Jahr zwei und drei mehr rausholen (insgesamt 59 % vs. 35 % Earnout).
Bei einer Laufzeit von vier Jahren gab es insbesondere in den vergangenen Jahren und bei Transaktionen der Sparte „Consumer Internet“ immer wieder Fälle, in denen die Gründer die initiale Kaufpreistranche sogar um das 3,5-fache steigern konnten.
Faktoren, warum der Earn-Out nicht erreicht wird
Mit sieben von zehn Fällen der häufigste Grund, warum der Earn-Out nicht erreicht wurde, ist eine deutliche Businessplan-Verfehlung. Auf Platz zwei, in ein von fünf Fällen, wurde die Zielverfehlung durch den Absprung eines wichtigen Kunden verursacht. Auch wenn der M&A-Berater den Unternehmer stark entlastet, begründen 3 von 20 Unternehmen den Earn-Out-Verlust mit einem zu ressourcenintensiven M&A-Prozess, wodurch das Neugeschäft zu großen Schaden nahm.
Was bei Earn-Out-Vereinbarungen unbedingt vermieden werden muss
Während sich nicht alle oben genannten Faktoren von vornherein ausschließen lassen können, gibt es gewisse Klauseln, die unbedingt vermieden werden müssen, damit der Earn-Out erreicht werden kann. Dazu gehören Ziele, die das Management nicht selbst beeinflussen kann, beispielsweise technologische Meilensteile zu erreichen, bei denen der Käufer maßgeblich mitwirken muss. Starre Hürden, bei denen bereits ein einziger Euro Umsatz unter Soll den gesamten Earn-Out verhindert, sollten durch wesentlich fairere, linear skalierende Verteilungen ersetzt werden.
Zuletzt sollten Gründer darauf achten, ein Schieberecht für den Earn-Out einzubauen. Für den Fall einer nicht vorhersehbaren Rezession wie der aktuellen Corona-Krise, sind Gründer dann in der Lage, den Earn-Out zu verschieben. Letztlich geht es bei einem klugen und gesunden Verkauf darum, eine Win-Win-Situation für alle Partner zu schaffen. Ziehen die Beteiligten nicht an einem Strang, haben sie nicht dasselbe Ziel, entwickelt sich die Transaktion für beide Seiten zum Misserfolg. Vorsicht ist bei Unternehmensverkäufen immer besser als Nachsicht. Kluge Voraussicht ist die halbe Miete und Timing ist alles.
Über den Autor
Mark Miller gründet im Jahr 2000 zusammen mit Michael Moritz die M&A-Beratungsfirma CatCap in Hamburg, die seit 2019 unter dem Namen Carlsquare firmiert. Er hat in seiner Karriere den zweiten Golfkrieg ebenso erlebt, wie das Platzen der New Economy-Blase oder die Lehman-Pleite und musste mit seinem M&A-Beratungshaus die Staatenfinanzkrise umschiffen. Dabei hat er eines gelernt: „Die Welt geht immer wieder nicht unter“. Das Unternehmen ist auf disruptive Märkte spezialisiert und hat Büros in Hamburg, München, Berlin, Kopenhagen, Stockholm und London.
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