#Interview
“Geschwindigkeit schärft den Fokus und hilft, Fehler effizient zu machen”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Alexander Mahr, Mitgründer bei Stryber, einem strategischen Corporate Venture Builder.
Wie startest du in einen ganz normalen Start-up-Arbeitsalltag?
Ich wohne auf dem Land, da ist schon der Weg ins Office etwas komplizierter. Im Zug lese ich oder höre einen Podcast wie Insider und strukturiere meinen Tag. Obwohl ich durchaus auch abends öfter recht lang arbeite, bin ich kurz vor 9:00 Uhr im Office, denn ab da gehen dann die internen und externen Meetings los. Wenn ich den ganzen Tag nur Calls habe, arbeite ich aber durchaus auch mal von zu Hause aus.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Es klingt wahrscheinlich wie eine Floskel, aber ich trenne Beruf und Privatleben nicht bewusst voneinander. Als Gründer bin ich ständig mit dem Kopf bei der Arbeit. Es gibt natürlich auch schöne Momente mit meiner Familie, auf Reisen oder beim Sport, bei denen ich nicht an Stryber denke. Aber ich liebe ja, was ich tue, deshalb ziehe ich da keine Grenze. Warum soll ich bewusst abschalten wollen?
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich bin “Wiederholungstäter”, insofern gibt es da für mich keine Überraschungen mehr. Aber ich glaube, dass es keine “Abkürzungen” für Gründer gibt. Damit meine ich: Es gibt keinen Studiengang, kein Buch oder sonstigen Ersatz für die Erfahrungen, die man als Gründer eigenhändig sammelt. Es gibt Höhen und Tiefen – und durch die Tiefen muss man einfach durch.
Was waren die größten Hürden, die du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Die eigene Motivation. Wie vielen Absolventen war für mich nach dem Studium klar, dass ich einmal ein Startup gründen will. Allerdings fehlte die Idee, das Team und das Geld. Ich hatte zuerst das Bedürfnis, möglichst viel zu lernen. Zudem – wenn ich das so sagen darf – war es zu meiner Zeit als Absolvent etwas “uncool”, zu gründen. Dann kamen zunächst die gut bezahlten Jobs in der Beratung und Konzernen. Mit dem Ergebnis, dass ich schnell auf einem Weg war, bei dem es schwierig ist, diesen wieder zu verlassen. Meine Erkenntnis war letztlich: Man muss sich auch einmal trauen, einen krassen Schlussstrich zu ziehen und wirklich neu anfangen – ohne das sechsstellige Jahresgehalt, die beeindruckende Visitenkarte und den flotten Firmenwagen.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast du aus diesen gelernt?
Als Gründer macht man gerade am Anfang viele vermeidbare Fehler. Das ist sicherlich erst einmal ärgerlich. Aber wie gesagt: Ich denke, das sind sehr wertvolle Erfahrungen, die ich nicht missen möchte. Fehler – im Sinne von Dingen, die nicht immer direkt funktionieren – mache ich auch heute noch, sonst lerne ich ja nichts! Aber eine Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch alle meine Erfahrungen: Geschwindigkeit zählt! Geschwindigkeit schärft den Fokus und hilft zumindest, Fehler effizient zu machen. Schnell Dinge auszuprobieren – ob im Kleinen oder im Großen – ist für mich der Schlüssel für den Erfolg eines Start-ups. Du bist immer im Wettbewerb, ob um Nutzer deines Produktes oder Service, Talent oder Kapital. Ein hohes Tempo hilft dabei enorm.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Das ist sicherlich eine der schwierigsten Aufgaben für einen Gründer, gerade am Anfang, wenn das Start-up noch unbekannt ist. Hervorragende Talente werden insbesondere von großen Arbeitgebermarken oder starken Signalen, wie beispielsweise großen Finanzierungsrunden, angezogen. Aber es gibt viele Talente, die hauptsächlich nach einer Mission suchen, mit der sie sich identifizieren können. Mit viel Aufwand findet man diese Talente. Das sind die motiviertesten Mitarbeiter, die man sich wünschen kann. Diese Begeisterung kann man sich auch mit hohen Gehältern nicht erkaufen.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Immer Vollgas geben, keine halbherzigen Sachen anfangen – etwa zu langes Moonlighting, also die Arbeit an dem eigenen Start-up neben der Festanstellung. Zudem ist es sehr wichtig, sich mit seinem Umfeld auszutauschen, also nicht nur “im stillen Kämmerlein” vor sich hin zu brüten. Gründer sollten kontinuierlich möglichst viel Input aufnehmen und richtig interpretieren, gerade auch Kritik. Darüber hinaus sollten Gründer sukzessive den Track Record ihres Unternehmens aufbauen, also ihre Referenzen erweitern, sowie Hypothesen über ihr Geschäftsmodell beweisen oder verwerfen. Denn inhaltsfreie Visionen beeindrucken niemanden.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Wichtig sind sicherlich Tools wie Jira, aber gefühlt benutzen wir – zu – viel Slack.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Wir haben drei Offices – da ist es als Gründer schon eine Herausforderung, kontinuierlich die Stimmung im Team aufzunehmen. Aber ich bekomme immer wieder sehr positives Feedback über die Atmosphäre bei uns. Dafür tun wir auch einiges, wir haben unter anderem einen “Head of Happiness” und zwei große Firmenevents pro Jahr. Aber ich denke, das Wichtigste für die gute Stimmung bei uns sind unsere Werte und Prinzipien, die wir täglich kompromisslos leben. Bei Stryber haben alle Mitarbeiter viel Verantwortung zu tragen, aber auch maximale Entscheidungsfreiheit.
Was war dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
“Wild” ist es für mich immer in Gründungsphasen von Start-ups – und wir gründen ja ständig. Es ist immer wieder eine Herausforderung, den richtigen Problem-Solution-Fit zu finden – eine extrem spannende Zeit. Nutzerfeedback und Daten entscheiden letztendlich, ob wir auf dem richtigen Weg sind oder ob wir unseren Ansatz nochmal überarbeiten. Aus diesem “Chaos” mithilfe einer strukturierten Methode ein Geschäftsmodell zu bauen, ist in der Tat ein wilder Ritt. Aber genau das reizt mich tagtäglich an meiner Tätigkeit!
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
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