#Interview

“Am Anfang habe ich PDF-Dateien verkauft”

"Wir haben es geschafft, mit einem kleinen Team, mit der Expertise von guten Physiotherapeuten und ohne große finanzielle Mittel eine App zu entwickeln, die jetzt schon ihresgleichen im Fußballumfeld sucht", sagt Andreas Gschaider, Gründer von B42.
“Am Anfang habe ich PDF-Dateien verkauft”
Donnerstag, 7. Mai 2020VonAlexander Hüsing

Bei der Fußball-App B42 stehen die sprichwörtlichen Räder derzeit nicht still. “Wir ermöglichen den Fußballern gerade jetzt, trotz Zwangspause, effektiv zu Hause an den Bereichen Athletik, Mobilität und Verletzungsprävention zu arbeiten – um dann mit entsprechendem Vorsprung wieder in die Saison zu starten. Wir sind jetzt eben mehr Ersatz für das Mannschaftstraining als Ergänzung. Das geschieht auf individueller Ebene, aber es arbeiten auch schon über 600 Vereine mit unserem Vereinspaket”, sagt Gründer Andreas Gschaider. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Firmenlenker außerdem über PDF-Dateien, Franz Beckenbauer und Physiotherapeuten.

Wie würdest Du Deiner Großmutter B42 erklären?
Gute Frage! Ich würde sagen: Oma, du kennst doch den Franz Beckenbauer. Wenn der Franz damals unsere App gehabt hätte, dann hätten wir 1970 das Halbfinale gegen Italien nicht verloren. Spaß bei Seite. Ich würde ihr erklären, dass wir den Amateur-Fußball besser machen wollen. Das tun wir mit einer App, bei der den Fußballern und den Fußballspielerinnen Übungen erklärt werden. Diese Übungen haben wir zusammen mit echten Experten entwickelt und sie sind speziell auf die Bedürfnisse eines Fußballers abgestimmt. Und sie lassen sich alle von zu Hause aus machen, ohne dass man Geräte oder Hilfsmittel braucht. Die Übungen werden mit Texten, aber auch mit Videos erläutert und lassen sich für jedes Leistungsniveau anpassen. Wenn die Fußballer sich verletzt haben, können sie ein ergänzendes Reha-Programm absolvieren, um schneller wieder fit zu werden. Und dann sagen wir ihnen noch, dass sie was gutes Essen sollen vor dem Training und dem Spiel – so wie du immer kochst, Oma. So in etwa würde ich es ihr erklären.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Absolut – sowohl was die inhaltliche Schwerpunktsetzung, aber auch die Mittel anbelangt. Am Anfang habe ich PDF-Dateien mit eigens entwickelten Übungsprogrammen für Fußballer verkauft und zudem bei Vereinen Workshops angeboten. Später kam, auch aufgrund einer persönlichen Verletzung, das Thema Reha-Training zum Tragen. Diese Programme und die Expertise unserer Partner – allen voran Sportärzte und renommierte Physiotherapeuten – haben wir dann später in eine App gepackt.

Die Corona-Krise trifft die Startup-Szene derzeit hart. Wie und in welcher Form spürt ihr die Auswirkungen?
Wir verspüren glücklicherweise keine negative Auswirkung – im Gegenteil. Wir haben für jede Saisonphase das passende Programm. Wir ermöglichen den Fußballern also gerade jetzt, trotz Zwangspause, effektiv zu Hause an den Bereichen Athletik, Mobilität und Verletzungsprävention zu arbeiten – um dann mit entsprechendem Vorsprung wieder in die Saison zu starten. Wir sind jetzt eben mehr Ersatz für das Mannschaftstraining als Ergänzung. Das geschieht auf individueller Ebene, aber es arbeiten auch schon über 600 Vereine mit unserem Vereinspaket.

Welche langfristigen Auswirkungen erwartest du für B42?
Wir gehen davon aus, dass viele Fußballer den Nutzen der Programme erkennen und auch dann, wenn der Ball wieder rollt, ergänzend zum Mannschaftstraining mit unserer App arbeiten. Das Feedback der User und die Bewertungen der App zeigen klar, dass die Programme einen nachweisbaren Nutzen haben. Und es ist gleichzeitig die schönste Bestätigung für unsere Arbeit und auch eine große Motivation, um jeden Tag weiter an dem Produkt zu feilen.

Wie genau bereitet ihr euch auf die Zeit nach der Corona-Pandemie vor?
Nicht speziell. Unsere Programme sind anpassbar auf die individuelle Leistungsfähigkeit und die Saison-Phase. Wir empfehlen unseren Sportlern aktuell mit dem Programm für die Off-Saison zu trainieren. Später können sie es entsprechend auf Saison oder Pre-Saison – sprich die Zeit in der Vorbereitung – anpassen. Unser Comeback-Training bei Verletzungen ist genauso saison-unabhängig wie unsere Empfehlungen rund um die Ernährung, die die User in der App finden.

Wie hat sich B42 seit der Gründung entwickelt?
Unsere Entwicklung ist mehr als positiv. Wir haben es geschafft, mit einem kleinen Team, mit der Expertise von wahnsinnig guten Physiotherapeuten aus dem Hochleistungssport und ohne große finanzielle Mittel eine App zu entwickeln, die jetzt schon ihresgleichen im Fußballumfeld sucht. Das war nur mit extrem viel Herzblut, Einsatz, Disziplin und der Liebe zum Fußball möglich, auch wenn das vielleicht ein wenig pathetisch klingt. Und natürlich mit hohem Aufwand: Das ganze Fachwissen zu sammeln, dafür professionelle Partner zu finden und es in eine App zu transformieren, hat Jahre gebraucht. Und es gibt noch viel zu tun.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist B42 inzwischen?
Wir haben im Moment sechs Vollzeit-Mitarbeiter und zudem einige Teilzeit-Mitarbeiter, die sich neben ihrem Hauptjob bei uns einbringen. Aktuell haben wir knapp 50.000 User in der App und über 600 Vereine, die mit uns zusammen trainieren.

Wo steht B42 in einem Jahr?
Die Frage ist wirklich schwierig zu beantworten. Lass es mich so versuchen: Ich hätte mir vor einem Jahr nicht vorstellen können, dass wir mit einem kleinen Team und einem begrenzten Budget so viel erreichen können. Ich glaube wie nie zuvor an diese Idee und die Menschen, die dahinterstecken. Und seit letzter Woche haben wir eine Persönlichkeit für unser Team gewonnen, die uns mit ihrer Expertise und Erfahrung auf ein ganz neues Level bringen wird und eine echte Größe in diesem Markt ist. Daher glaube ich, dass wir in einem Jahr bei den Sport-Apps eine führende Größe im DACH-Raum sein werden.

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Foto (oben): B42

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.