Rettungsprogramme: Zuerst an Startups denken
Startups brauchen jetzt schnell neues Kapital, wenn sie die nächsten Wochen und Monate überstehen sollen. Der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister haben in Rekordzeit ein „Rettungspaket für Startups“ in Höhe von 2 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, um die Verwerfungen der Corona-Krise für Startups abzumildern.
Die vorgestellten Programme lassen jedoch Zweifel zu, ob das Programm sein Ziel erreichen kann, es setzt in einem gestörten Markt auf ein Instrumentenmix aus staatlichen Co-Investments in Startups und Erhöhung der Investments in VC-Fonds. Vergangene Krisen haben jedoch gezeigt, dass die VC-Gesellschaften als Intermediäre keine sichere Bank sind. In der Schweiz wird mit einem Bridge Loan Pool ein Alternatives Rettungsszenario diskutiert.
Bridge Loan Pool als Alternative
Der Bund muss, wenn er helfen will, auch allein agieren können. Gleichzeitig ist aber keine Zeit, hunderte Startups durch KfW, HTGF oder Coparion en Detail prüfen zu lassen. Als Alternative zu Eigenkapitalinvestments haben sich in den letzten Jahren vor allem Wandeldarlehen, gerade bei Anschub- und Brückenfinanzierungen und schnellen Runden etabliert.
Neben der Schnelligkeit des Instrumentes hat es den Vorteil, dass es den Startups, die aktuell stark geschwächt in die Verhandlungen mit Investoren gehen den Rücken stärkt und diese Corona Konditionen nicht akzeptieren müssen. Startups und VCs sind Teile eines Ökosystems, es gibt aber auch Situationen, in denen VC und Startups nicht zwingend an einem Strang ziehen sondern sich als Parteien gegenüberstehen.
Die über den Bridge Loan Pool bereitgestellten Mittel sollten 15 % des in den letzten zwei Jahren investierten Risikokapitals in Deutschland also rund 2,5 Milliarden Euro umfassen. Träger des Pools könnten KfW, HTGF oder Coparion, die Beteiligungsgesellschaften der Länder oder ein oder mehrere beauftragte Prüfungsgesellschaften sein, wenn die Kapazitäten der zuvor genannten nicht ausreichen.
Die Mittel aus dem Pool werden dabei passiv, ohne Beteiligungsprüfung investiert. Die Gefahr das „tote Pferde“ gerettet werden, besteht. Dieses ist aber als kleineres Problem zu akzeptieren, wenn dafür die „gesunden Pferde“ auch gerettet werden.
Die Vorteile sind zusammengefasst: das Geld kommt schnell bei den Startups an, als Kosten fallen nur eine niedrigere Verwaltungs- und Bearbeitungsgebühr an und es stärkt die Startups die gerade geschwächt in die Verhandlungen treten.
Das Instrument kann aber auch als zusätzliche Instrument neben den anderen eingesetzt werden. So erreichen wir unser Ziel, möglichst vielen Startups schnell und unkompliziert durch die Krise zu helfen.
Was ist das Problem?
Hohe Nachfrage – geschrumpftes Angebot – Transmissionsmechanismus gestört
Neue Nachfrage bei etablierten Startups – Gestern profitabel und heute kaum Umsatz
Startups in den Portfolios der Investoren, die inzwischen profitabel waren und aus dem eigenen Cash Flow wuchsen, also ohne weitere Finanzierungen auf den Exit hingearbeitet haben, sind jetzt durch Umsatzrückgänge von zum Teil 100% gezwungen eine Runde zur Unzeit zu machen und treten jetzt in einem gedrehten Markt wieder als Kapitalmarktfrage auf. Für sie wird es schwer, eine Finanzierung von Bestandsgesellschaftern zu erhalten, da diese für sie keine Mittel mehr eingestellt hatten oder weil sie zu alt für eine Folgerunde sind oder der Fonds bereits in der Desinvestitionsphase ist. Ein öffentliches Co-Investment kann hier nicht helfen.
Neue Nachfrage bei Meilenstein Verfehlung
Startups, bei denen die Gesamtfinanzierungssumme an das Erreichen gewisser Meilensteine gebunden war, können nun das Vorliegen der Meilensteine nicht mehr nachweisen. Die Bestandsinvestoren haben nun das Recht, die Auszahlung zu verweigern und die Modalitäten neu zu verhandeln. Auch hier gehen die Startups auf die Suche nach frischem Geld im Altgesellschafterkreis oder bei Neuinvestoren.
Neue Nachfrage durch Absage kurz vor Unterschrift
Viele Startups berichten mir, dass Notartermine abgesagt oder verschoben werden, dass kurz vor Unterschrift die Bewertung nach unten angepasst werden soll oder, dass Investoren nicht mehr erreichbar sind.
Niedriges Angebot – Marktaustritt, Bestandportfolio und eingetrübte Fortführungsprognose
In Berlin wird wieder Deutsch gesprochen
Rückholaktionen, Ein- und Ausreisestopps betreffen nicht nur Touristen, sondern auch die Investoren Szene. Eine befreundete Unternehmerin sagte vor kurzem zu mir, „Berlin war noch nie so Deutsch in den letzten 10 Jahren, die Investoren, die Software Entwickler, die Touristen, alle sind wohl weg“. In allen Krisen zuvor haben sich ausländische Investoren auf ihre Heimatmärkte konzentriert. Und gerade diese Investoren haben in sehr späten Finanzierungsrunden fast schon ein Monopol.
Bestandsportfolio zuerst keine Neuinvestments. Investoren werden sich für einen ungewissen Zeitraum nicht darauf verlassen können, dass neues Geld in Ihre Fonds fließt. Deshalb werden sie zunächst das vorhandene Kapital, das für Folgerunden im Bestandsportfolio geplant war, erhöhen weil sie sich nicht darauf verlassen können, dass der bisherige Gesellschafterkreis stark ist. Bei der Auswahl wird sich auf die Portfoliounternehmen konzentriert, die aktuell am wenigsten unter der Krise leiden. Auch wenn noch anderes nach außen Kommuniziert wird, es gibt bereits Investitionsstopps.
Marktaustritt von Fondsgesellschaften
In der New Economy Krise ist Zahl der Fondsgesellschaften mit einem Büro in Berlin von über 30 auf 3 gesunken. Viele Gesellschaften gehen aktuell davon aus, dass der letzte Fonds nicht der zwischen dem vorletzten und dem nächsten ist, sondern bis auf weiteres der Letzte. Fundraising für die Gesellschaften wird aber auch deswegen schwerer, da mit Blick auf die Aktienmärkte Alternativinvestments interessanter werden.
Good Bye Corporate Money
500.000 Unternehmen in Deutschland haben Kurzarbeit angemeldet, Gewinnprognosen werden revidiert und selbst bei DAX Konzernen ist eine Insolvenz nicht mehr ausgeschlossen. In dem Umfeld ist es schwer vorstellbar, dass die Startup-Aktivitäten hier fortgesetzt werden.
Geld das nicht ankommt – gestörter Transmissionsmechanismus
Gibt es private Co-Investoren
Staatliche Co-Investments benötigen private Co-Investoren. In der Banken Krise 2009 haben die öffentlichen Fonds allerdings beinahe die Telefonnummern ihrer Notare vergessen, da die private Seite nicht agiert hat. In dem Marktumfeld ist es äußerst fraglich, dass die deutschen privaten Investoren so agil werden, dass die die gesteigerte Nachfrage bedienen können und die ausländischen Kapitalgeber ersetzen können. Neben dem Geld brauch es hierzu Managementkapazitäten die sich kurzfrstig kaum erhöhen lassen.
Downround Protection: Gründerinnen werden in den kommenden Wochen Corona – Finanzierungsrunden abschließen müssen und zum ersten Mal rechnen was es bedeutet, wenn die nächste Runde eine Downround ist. Geschrumpftes Angebot gestiegene Nachfrage bedeuten hier sinkende Preise für Unternehmensanteile. Der ein oder andere wird sich Fragen ob es nicht sinnvoller ist seine Wachstumstory zu beenden und auf eine Innenfinanzierung zu setzen oder sich einen anderen Job zu suchen.
Das führt dazu, dass der Transmissionsmechanismus gestört ist, der in normalen Zeiten dazu führt, dass mehr Geld bei den VCs auch bei den Startups ankommt.
Anforderung an ein gutes Rettungspaket
Ein gutes Rettungspaket sichert Arbeitsplätze unterstützt Marktneutral und hat geringen Transaktionskosten. Neutral heißt in dem Fall es sollte so wirken, dass nicht ein Marktteilnehmer durch das Staatsgeld bevorzugt wird. Gleichzeitig sollte sichergestellt sein, dass das Geld auch bei den Startups ankommt
Weder ein Matchinginstrument noch der Staat als größerer Investor (LP) in Fonds erfüllen diese Anforderungen und sind deswegen, zumindest allein, kein geeignetes Mittel.
Über den Autor
Sascha Schubert ist Unternehmer und Business Angel, er berät vermögende Privatpersonen bei Einstieg und Betreuung Ihrer Startup-Portfolios. Er war über fünf Jahre Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. und einer seiner Mitgründer.
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