#Interview

“Gründen ist mit dem Bau eines Eigenheims zu vergleichen”

Das im Jahr 2015 gegründete Münchner Proptech Building Radar digitalisiert die Baubranche. "Nach einschneidenden Herausforderungen in der Anfangszeit ging es für uns stetig bergauf", sagt Mitgründer Paul Indinger im Interview mit deutsche-startups.de.
“Gründen ist mit dem Bau eines Eigenheims zu vergleichen”
Dienstag, 31. März 2020VonAlexander

Das Münchner Startup Building Radar bietet eine KI-gestützte Suchmaschine für Bauprojekte an. Die Ergebnisse ermöglichen Kunden aus dem Baugewerbe einen schnelleren und einfacheren Zugang zu neuen Projekten, die über eine Softwarelösung effizient gemanagt werden können. Picus Capital, Astutia Ventures und Co. investierten zuletzt 5 Millionen Euro in das im Jahr 2015 gegründete Proptech.

“Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir bisher erreicht haben und auch das letzte Geschäftsjahr hat planmäßig zu einer Verdopplung im Millionenbereich geführt. Zukünftig möchten wir natürlich unseren Marktanteil in DACH deutlich ausbauen und weitere Märkte weltweit erobern. Zudem planen wir bis Ende dieses Jahres unser Team zu verdoppeln – auf mindestens 80 Mitarbeiter. Schon heute finden wir täglich 5.000 neue Bauvorhaben aus 100.000 Quellen, auch diese Zahlen sollen weiterwachsen”, sagt Mitgründer Paul Indinger. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Münchner zudem über Satellitenbilder, Studienprojekte und Vertriebsprozesse.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Building Radar erklären?
Wir helfen Unternehmen mittels unserer Technologie sehr zeitig und automatisiert Wissen über neue Bauvorhaben zu sammeln. Oder etwas komplizierter: Mit Hilfe von Building Radar haben unsere Kunden den Vorteil, so früh wie möglich über Aktivitäten in der Bauindustrie informiert zu werden, was ihnen die Möglichkeit gibt, vor Wettbewerbern zu pitchen und die Chancen deutlich erhöht ein potenzielles Bauprojekt zu gewinnen.

Hat sich euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Grundsätzlich hat sich das Konzept nicht verändert, im Laufe der Zeit haben wir uns einfach weiterentwickelt. Wir haben zum Beispiel eine Weile lang auf das Thema Satellitenbilder gesetzt und arbeiten dazu noch heute mit der ESA zusammen. Heute fokussieren wir uns stark darauf, unseren Kunden neue hilfreiche Features zu bieten, zudem arbeiten wir gerade an einer neuen Generation unserer Lösung: “NextGen Building Radar”. Außerdem haben wir in den letzten Monaten unsere Filter erweitert und bieten noch detailliertere Suchen an. Zudem unterstützen wir heute unsere Kunden viel stärker bei der Sales-Prozessgestaltung. Wir verstehen uns als Trainer für unsere Kunden und wollen diese unterstützen, ihre Vertriebsabteilung auf eine neue Leistungsstufe zu bringen.

Wie ist überhaupt die Idee zu Building Radar entstanden?
Ich arbeitete neben meinem Studium als Sales-Berater in der Bauindustrie. Meine Hauptaufgabe war es, nach neuen Bauvorhaben zu recherchieren, um Architekten und Bauleiter möglichst frühzeitig über die eigenen Angebote zu informieren. Doch die manuelle Recherche gestaltete sich aufgrund von veralteten oder nicht verifizierten Daten zeitaufwendig. Ich sprach mit meinem Studienfreund Leopold über dieses Problem und gemeinsam überlegten wir, ob es einen intelligenteren, technisch getriebenen Weg gibt, um den Recherchevorgang skalierbarer zu machen. Leopold kam durch seine Arbeitserfahrung bei Google folgender Gedanke: Warum nicht eine Suchmaschine für die Zulieferer der Baubranche – vom Lichtinstallateur bis zum Aufzughersteller – entwickeln? Die Idee für Building Radar war geboren. Für die Umsetzung holten wir noch unter anderem Raoul Friedrich den Leopold aus Studienprojekten kannte, als CPO an Bord.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Wir bieten ein Software as a Service Model. Angepasst an die Bedürfnisse unserer Kunden gibt es drei Größen: Starter, Professional und Enterprise. Sie entscheiden sich unter anderem durch die Anzahl der relevanten Bauprojekte pro Monat sowie die Möglichkeiten direkt mit dem CRM System des Kunden zu kommunizieren.

Wie hat sich Building Radar seit der Gründung entwickelt?
Nach einschneidenden Herausforderungen in der Anfangszeit ging es für uns stetig bergauf. Zwölf Monate nach dem Produktlaunch konnte der Umsatz um 540 % gesteigert werden, im September 2019 schlossen wir die Series A-Finanzierungsrunde mit 5 Millionen Euro erfolgreich ab. Zudem konnten wir zahlreiche Preise in den letzten Jahren gewinnen: Beispielsweise wurden wir zu Beginn des letzten Jahres als innovatives Start-up im Digital Valley der Bau 2019 ausgezeichnet. Und im August freuten wir uns, im Rahmen des Built World Innovation Contest 2019 in die Top 100 der europäischen PropTech Startups aufgenommen worden zu sein.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Building Radar inzwischen?
Natürlich träumen auch wir davon zum Unicorn zu werden und streben das mit unseren Umsatzzielen an. Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir bisher erreicht haben und auch das letzte Geschäftsjahr hat planmäßig zu einer Verdopplung im Millionenbereich geführt. Zukünftig möchten wir natürlich unseren Marktanteil in DACH deutlich ausbauen und weitere Märkte weltweit erobern. Zudem planen wir bis Ende dieses Jahres unser Team zu verdoppeln – auf mindestens 80 Mitarbeiter. Schon heute finden wir täglich 5.000 neue Bauvorhaben aus 100.000 Quellen, auch diese Zahlen sollen weiterwachsen. Seit Mitte 2019 sind wir außerdem im Gespräch mit den ersten Kunden aus Nordamerika. Seit 1. Oktober 2019 sind wir im Rahmen des German Accelerator Programms für sechs Monate in den USA, um genau zu sein in New York. Dort knüpfen wir weitere Kontakte und arbeiten an der Expansion. Zudem haben wir seit sechs Monaten die ersten Kollegen für UK im Team. Nordamerika sowie UK sind besonders spannend, da unsere Lösung sehr gute Ergebnisse für den englischsprachigen Raum liefert.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen – und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Gründen ist mit dem Bau eines Eigenheims zu vergleichen, es gibt Höhen, aber auch immer wieder Tiefen. Die größte Herausforderung für uns Gründer: Die Überzeugungsarbeit – vor Investoren, Kunden und der eigenen Familie. Die Arbeitszeiten sind nicht nur für uns manchmal hart, auch der Partner und die Familie muss zurückstecken. Deshalb mussten wir im Sommer 2016 einen herben Verlust verkraften: einer unserer Mitgründer entschied sich nach der Geburt seines zweiten Kindes, dem turbulenten Gründer-Dasein den Rücken zu kehren. Ein weiterer Punkt ist das Produkt an sich. Natürlich arbeiten wir permanent an der Qualität der Daten, da hatten wir rückblickend sicher Verbesserungspotential. Wir haben ein weiteres Tool entwickelt, das erste Kunden bereits erfolgreich nutzen. Mit unserem Market Intelligence Produkt bieten wir ein besseres Verständnis der Bauwirtschaft. Es ermöglicht Nutzern sich über aktuelle Marktbewegungen zu informieren und bedeutende Trends noch vor der Konkurrenz zu identifizieren.

Wo steht Building Radar in einem Jahr?
Wir arbeiten kontinuierlich an der Optimierung unserer Lösung. Zudem werkeln wir an Add-Ons im Produkt, die unseren Kunden die Arbeit mit den durch uns gefundenen Projekten leichter macht und Aufgaben aus dem Vertriebsprozess übernehmen. Unsere Mission für die nächsten zehn Jahre ist, dass wir Unternehmen befähigen neue Umsatzchancen zu entdecken und durch digitale Werkzeuge umzusetzen. Dementsprechend hoffen wir, dass wir in einem Jahr unserer Mission ein entscheidendes Stück nähergekommen sind und noch mehr Kunden erfolgreich mit Building Radar sind.

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Foto (oben): Building Radar

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.