Mit Unna im Herzen einmal um den Globus
Seit 2012 sammeln Daniel Krahn und Daniel Marx, in der Startup-Szene nur als Daniel & Daniel bekannt, auf ihrer Plattform Urlaubsguru spannende und oftmals extrem günstige Reiseschnäppchen, die andere Leute dann bei den jeweiligen Anbietern buchen können. Anfangs war die Schnäppchensammelei lediglich als Hobby bzw. als Service für Menschen, die sich im Netz nicht so gut auskennen, gedacht. Aus diesem Hobby wurde in wenigen Jahren ein äußerst profitables Unternehmen mit rund 200 Mitarbeitern und mehreren Ablegern in anderen Segmenten – etwa für modische Schnäppchen.
Obwohl Krahn, Jahrgang 1982, und Marx, Jahrgang 1985, gerne in die Ferne schweifen, sind sie extreme, aber liebevolle Lokalpatrioten. Die Liebe zu ihrer Heimatstadt Unna, wo beide Urlaubsguru-Macher geboren und aufgewachsen sind, transportieren sie sogar in ihrem Firmennamen. Alle Plattformen der Unternehmer, deren Sitz in Holzwickede ist, werden von einem Unternehmen mit den vier Buchstaben UNIQ betrieben. Das UN steht selbstredend für Unna.
Auch ihre Liebe zu Borussia Dortmund, beide Daniels sind stolze Dauerkartenbesitzer, leben die Ruhrgründer immer und überall aus und geben ihr Faible auch an die vielen Mitarbeiter weiter. Ins Stadion zu gehen, gehört bei Urlaubsguru fast schon zum guten Ton.
Die Erfolgsgeschichte von Urlaubsguru beginnt unspektakulär. Bereits 2010/2011 bucht Mitgründer Krahn, der von sich selbst sagt, dass er „keinen freien Tag zu Hause verbringt“, seine Reisen über das Internet und stöbert dabei regelmäßig handfeste Schnäppchen auf – etwa zwei Wochen Bali für 400 Euro. Was nicht nur ihm gefällt, sondern auch anderen. Und so hilft der Sparfuchs schließlich Freunden, Arbeitskollegen und sogar Freunden von Freunden, also Menschen, die er gar nicht direkt kennt, unentgeltlich bei der Suche nach günstigen Urlaubsangeboten. Aus dieser kleinen Dienstleistung entsteht die simple Idee, solche Schnäppchen, um noch mehr Menschen zu erreichen, auf einer Website zu sammeln.
Ein Balkon irgendwo in Unna im Juli 2012 ist der gedankliche Geburtsort von Urlaubsguru. Weder Krahn, zu diesem Zeitpunkt Medienberater bei einem Verlag in Unna, noch Marx, damals Web-Analyst bei G Data in Bochum, haben im Traum daran gedacht, dass daraus einmal ein millionenschweres Unternehmen werden könnte. „Der Antrieb war, Menschen zu helfen, Zeit und Geld zu sparen“, fasst Krahn die Idee hinter Urlaubsguru zusammen. Startkapital oder gar einen ausgefeilten Businessplan hatten die Teilzeit-Unternehmer nicht. Brauchten sie aber auch nicht. Vor der Arbeit und in der Mittagspause, nach der Arbeit und am Wochenende suchten sie nun Reiseangebote, sogenannte Deals, und stellten diese auf ihre Plattform, die damals noch unter Der-Urlaubsguru.de zu finden war. Die Internetadresse Urlaubsguru.de kauften die Ruhrpreneure erst einige Monate nach dem Start und zahlten 300 Euro dafür. Eine Investition, die sich definitiv
gelohnt hat. Heute werden solche eingängigen Domainnamen teilweise wie Gold gehandelt. Erst recht im lukrativen Reisesegment. Erst einige Monate nach dem Urlaubsguru Start entdeckten die Schnäppchenjäger eine Möglichkeit, mit den vorgestellten Reisedeals auch Geld zu verdienen. Über sogenanntes Affiliate Marketing, das die Gründer vorher gar nicht auf dem Schirm hatten, bekommen die Urlaubsguru-Macher seitdem von den Veranstaltern eine Provision, wenn Nutzer der Plattform eine vorgestellte Reise tatsächlich buchen. Dadurch lohnte sich die viele Arbeit an Urlaubsguru endlich, auch wenn es noch nicht reichte, um davon leben zu können.
Heutzutage verdienen die Urlaubsgurus ebenfalls über Werbung, die auf ihren Websites erscheint. Zudem schickt das Unternehmen Urlauber seit 2016 selbst auf Reisen. Mehrere hunderttausend Menschen haben ihren Urlaub bisher direkt bei Urlaubsguru gebucht. In Unna – wo sonst? – und Münster betreibt das Unternehmen inzwischen tatsächlich zwei klassische Reisebüros. Irgendwann standen vor allem ältere Menschen bei Urlaubsguru im Büro, die Hilfe bei der Buchung benötigten. Daraus entstand eine kleine Buchungsinsel im ehemaligen Eingangsbereich der Firma. Und daraus wiederum entwickelte sich die Idee für eigene „echte“ Reisebüros.
In der Anfangszeit war an so etwas nicht zu denken. Bis Ende 2012 hatte sich Urlaubsguru allerdings bereits vom kleinen Freunde-Dienst zum Geheimtipp entwickelt. Mit beachtlichen 3333 Fans bei Facebook ging es in die Weihnachtszeit. Zu diesem Zeitpunkt war Urlaubsguru noch immer ein Hobbyprojekt. Moonlight-Startup nennt man solche Firmengründungen, eben weil die Gründer am Abend, im besten Fall im fahlen Mondlicht, an ihrem Unternehmen arbeiten. Der große Durchbruch kam ein Jahr nach der Gründung. Anfang 2013 steigerte ein aufgespürter Deal – Budapest inklusive Hotel und Flüge für unglaubliche 6 Euro – die Bekanntheit der Plattform schlagartig. Schließlich testete die Fernsehsendung „RTL Extra“ die junge Plattform auf Herz und Nieren. Urlaubsguru bestand den Test mit Bravour. Was der TV-Sender gleich einem Millionenpublikum mitteilte.
Immer mehr Menschen entdeckten die Plattform. Die Zahl der Facebook-Fans stieg innerhalb weniger Monate auf rund 250 000. Das soziale Netzwerk war gerade in der Anfangszeit der Marketing Kanal überhaupt, um reisefreudige Menschen zu erreichen, und auch heute noch ist Facebook wichtig für Urlaubsguru. Momentan sind dort knapp sieben Millionen Menschen Fans der Schnäppchenplattform. Aber auch über Instagram mit gut 300 000 Abonnenten kommen inzwischen viele zu Urlaubsguru. Ansonsten setzt die Firma natürlich auf eine gute Auffindbarkeit über Suchmaschinen wie Google.
Die Revierler haben es mit viel Liebe und harter Arbeit geschafft, eine echte Marke aufzubauen. Eine Marke, der die Nutzer, die Reisen suchen, vertrauen. Krahn nennt Urlaubsguru stolz eine „Lovebrand“, eine Marke also, die eine derart starke Anziehungskraft ausübt, dass sie von Kunden nicht nur gegenüber anderen Marken bevorzugt, sondern sogar tatsächlich „geliebt“ wird. Echte Liebe ist somit auch in Holzwickede möglich! Am Morgen nach der TV-Ausstrahlung bei „RTL Extra“ kündigte Marx seinen Job in Bochum und ist seitdem „hauptberuflicher Urlaubsguru“. Mitstreiter Krahn hatte sich hierzu schon einige Monate zuvor entschieden. Das erste Büro der Firma lag in Unna-Königsborn in einem alten Versicherungsbüro. „84 Quadratmeter, die sich auf vier Räume mit schiefen, knarzenden Böden verteilten“, erinnert sich Familienvater Marx. 2014 zog das Unternehmen an den jetzigen Standort nach Holzwickede und blickt seitdem – passend zum Geschäftsmodell – auf den Flughafen Dortmund. Nicht weit entfernt ist auch die Quelle der Emscher zu finden. Einhörner wurden dort allerdings noch nicht gesichtet. Anfangs saß die Urlaubsguru-Crew am neuen Standort auf 400 Quadratmetern, inzwischen sind es 3300.
Im zweiten Firmenjahr war dies alles noch ganz weit weg. Schnell wirkten rund 20 Mitarbeiter, vor allem Minijobber, für die kleine, aber umtriebige Urlaubsguru-Crew, und es folgte die Expansion nach Österreich, getrieben vor allem durch Nachfragen von Nutzern. Gesagt, getan. Einen Tag später war Urlaubsguru.at online. Ein weiterer Daniel wurde dabei Mitglied der Urlaubsguru-Familie: Daniel Frick, der damals selbst eine kleine Plattform rund um Reiseschnäppchen betrieben hatte, meldete sich bei den Ruhrgebietlern und wollte für sie arbeiten. Inzwischen ist der dritte Daniel Geschäftsführer der österreichischen Niederlassung von Urlaubsguru. – Eine Karriere wie aus einem Hollywoodfilm.
Die Expansion in die Schweiz verlief dagegen nicht gut. Der Name Urlaubsguru kommt bei den Eidgenossen nicht besonders an. Die Schweizer fahren nämlich nicht in den Urlaub, sondern gehen in die Ferien. Urlaub gibt es nur beim Militär. So entstand durch diesen kleinen Fehler die internationale Marke Holidayguru, mit der Urlaubsguru noch immer in der Schweiz, aber auch in anderen Ländern unterwegs ist, momentan in Italien, den Niederlanden, in Spanien und Irland.
In Ländern wie Dänemark, Polen, Portugal, Brasilien, in Frankreich und Großbritannien dagegen konnten die erfolgsverwöhnten Revierler nicht bestehen. Diese Ableger mussten sie wieder einstellen. „Das sind Tiefschläge, die passieren, aber die auch dazugehören“, sagt Krahn. Mit Tiefschlägen kann der leidenschaftliche Urlauber gut umgehen. „Ich habe auch die Schattenseiten des beruflichen Alltags kennengelernt, war längere Zeit arbeitslos bzw. arbeitssuchend.“ Aus der daraus entstandenen Schieflage – samt Geldsorgen – kämpfte sich der heutige Unternehmer wieder nach oben. Dieser Kampfgeist wurde Krahn wohl in die Wiege gelegt. Seine alleinerziehende Mutter war ihm immer eine Inspiration, dass man mit „viel Arbeit, auch viel erreichen kann“. Ein Satz, der auch zu Urlaubsguru passt. Auch weil die Gründer ihr Unternehmen ganz aus eigener Kraft und ohne fremde Geldgeber aufgebaut haben, müssen sie sich immer wieder hinterfragen, wo sie ihre Gewinne reinvestieren. Projekte gibt es mehr als genug im Hause Krahn und Marx. Neben Urlaubsguru gehören zur UNIQ-Familie inzwischen auch Schnäppchendienste wie Captain Kreuzfahrt, Mein Haustier und Prinz Sportlich. Und mit Trvladdicted haben die umtriebigen Unternehmer zuletzt sogar eine eigene Modemarke ins Leben gerufen. Das absolute Flaggschiff ist aber – auch vom Umsatz her – weiterhin Urlaubsguru.
Insbesondere der 2014 gestartete Sport- und Fitnessdienst Prinz Sportlich ist ein grandioser Erfolg. Initiator Till Schiffer betrieb das Blog anfangs alleine. Inzwischen wirkt mehr als ein Dutzend Mitarbeiter für die Plattform rund um Sneaker sowie Sports- und Streetwear. Während seines Studiums an der Ruhr-Universität Bochum jobbte Schiffer bei Urlaubsguru, und während dieser Zeit entstand aus seiner Leidenschaft für Sneaker die Idee zum sportlichen Schnäppchendienst. Die Urlaubsguru-Macher waren sofort begeistert und nahmen Schiffer unter ihre Fittiche. Inzwischen ist Prinz Sportlich ein eigenes Unternehmen – mit Schiffer als Geschäftsführer. Und er somit durch einen Studentenjob bei Urlaubsguru zu einem Unternehmer wurde. Ein Aufstieg, der heutzutage nur in einem Startup möglich scheint.
Aber nicht nur Schiffer, auch Krahn und Marx, der in seiner Freizeit gerne Ausdauersport betreibt und sich derzeit auf einen Ironman vorbereitet, entwickelten sich in all den Jahren an der Spitze ihres Unternehmens deutlich weiter. Der Aufstieg „vom Hobbyblogger zum Unternehmer“ war für die Firmengründer aber nicht immer leicht. „Man wächst an seinen Aufgaben“, sagt Krahn. Was in der Startup-Szene längst keine Selbstverständlichkeit ist. Es gibt Startupper, die immer wieder neue Firmen aufbauen, sie aber verlassen, wenn sie eine bestimmte Größeerreicht haben.
Mit leicht zitternder Stimme erzählt Krahn, wie schwer es ihm gefallen sei, als er erstmals Kündigungsgespräche zu führen hatte. Damals musste sich das Unternehmen von Mitarbeitern trennen, die menschlich einfach nicht ins Team passten „Ich werde nie vergessen, wie schlecht wir uns danach gefühlt haben. Wir haben elendig gelitten.“ So etwas gehöre aber zum Erwachsenwerden einer Firma dazu, führt er weiter aus.
Neben diesen Rückschlägen gab es bei Urlaubsguru aber viele Erfolge. Und die Ruhrgebietler wissen diese zu feiern. Als das Team 2016 eine vorgegebene Umsatzmarke wuppte, flog das Unternehmen als Belohnung dafür kurzerhand alle Mitarbeiter, die dabei sein wollen, in die USA nach Las Vegas. Der etwas andere Betriebsausflug mit 160 Leuten dauerte eine Woche. In der Zeit arbeiteten alle halt aus der Glücksspielstadt für Urlaubsguru. Mehr StartupFeeling geht nicht!
Mit den USA verbinden die Urlaubsguru-Macher einen ganz großen Moment: Im Jahr 2014 gingen sie mit dem Bundesverband Deutsche Startups, einem Branchenverband, der sich für die Belange von Startups einsetzt, auf eine Reise ins Silicon Valley. Abseits der offiziellen Tour durch das Tal, in dem US-Tech-Giganten wie Google, Facebook und Co. sitzen, machten sie einen Abstecher zur legendären Garage, in der Steve Jobs 1972 das heute weltbekannte Unternehmen Apple gründete. Sie nahmen gegenüber auf dem Bürgersteig Platz, schwiegen sich mindestens eine halbe Stunde lang an und genossen den Augenblick – während die Sonne langsam unterging. Dabei führten sich die Gründer vor Augen, was sie selbst gerade aufbauten, und konnten erstmals mit eigenen Augen wahrnehmen, was Jobs aus einer Garage heraus geschaffen hat. „Das war unfassbar inspirierend“, sagt Krahn rückblickend. Mitstreiter Marx schaut seinen jahrelangen Wegbegleiter kurz an, nickt und ergänzt als verbale Zustimmung nur simpel: „Punkt!“
Als Erinnerung an diesen besonderen Moment liegt in einem Meetingraum in Holzwickede ein Baseball. Daneben ein Stempel, der erste des Unternehmens.
Ein Auszug aus dem großen Startup-Buch “Wann endlich grasen Einhörner an der Emscher“. #EmscherEinhörner
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