Von Alexander
Dienstag, 28. Januar 2020

“In den letzten fünf Jahren konnten wir unseren Umsatz versiebenfachen”

get in gehört nun zu Intermedia. "Was uns überzeugt hat, ist die Tatsache, dass die Intermedia ein Investitionskonzept verfolgt, um die übernommenen Startups eigenständig, aber mit erheblichem finanziellen Rückenwind weiter wachsen zu lassen", sagt Gründer Lars-Rüdiger Fink.

Das Kölner Unternehmen get in, das die beiden Jobplattformen get in Engineering und get in IT betreibt, wanderte gerade unter das Dach von Intermedia, einer Tochter der Mediengruppe Medien Union aus Ludwigshafen. Der Betreiber rund um die Karriereplattformen für IT- und Ingenieur-Talente, der zuletzt 37 Mitarbeiter beschäftigte, wurde 2013 von Lars-Rüdiger Fink und Rainer Weckbach gegründet. Zu Intermedia gehören unter anderem bereits die beiden Jobdienste Jobware und Experteer. Fink und Rainer Weckbach wollen ihr Konzept unter dem neuen Eigner nun in “weitere Zielgruppen neben IT und Ingenieuren” bringen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Fink über Investitionskonzepte, Bewerberinterviews und den Standort Köln.

Wie würdest du deiner Großmutter get in erklären?
Unsere Plattformen www.get-in-it.de und www.get-in-engineering.de sind wie Marktplätze, auf denen Arbeitgeber und Berufseinsteiger aus der IT und dem Ingenieurwesen zusammenfinden. Für die Absolventen haben wir einen zentralen Ort geschaffen, an dem sie berufliche Orientierung und den passenden Job finden. Sozusagen ein Rundum-sorglos-Paket: Wir präsentieren alle aktuellen Stellenausschreibungen in Deutschland, alle Infos zu Karriere und Gehalt – und das Beste: Als Absolvent muss man sich nicht mehr bewerben. Stattdessen legt man sich bei uns ein fachliches Profil an und die Arbeitgeber müssen sich dann bewerben und mit ihrem Angebot überzeugen. Wir drehen also den klassischen Bewerbungsprozess um. 

Wie ist die Idee zu get in entstanden?
Die Idee habe ich gemeinsam mit Rainer Weckbach entwickelt. Wir haben uns 2013 auf einem Kölner Meetup getroffen – tatsächlich kannten wir uns davor noch gar nicht. Auch damals war schon absehbar, dass es immer mehr offene Stellen für Informatiker und Ingenieure geben würde, die von den Unternehmen nicht besetzt werden können. Es gab aber noch keine Lösung, um diese Lücke zu schließen und die Produkte, die zu der Zeit auf dem Markt waren, passten nicht: Als Bewerber war man der Bittsteller und musste sich über verschiedene Websites die Jobs erst einmal raussuchen und sich dann auf jede Stelle einzeln bewerben. Alles ziemlich ineffizient. Hier setzt unsere Idee an: Die Konzentration auf bestimmte Fachbereiche kombiniert mit dem Reverse Recruiting-Ansatz. Den haben wir zwar nicht als erste erfunden, aber durch unseren klaren Fokus auf die Lebensphase der Young Professionals und Absolventen aus der IT bzw. aus dem Ingenieurwesen perfektioniert: Wir bieten den Unternehmen auf unseren Portalen eine Vorselektion und bis zu 300 Kriterien, nach denen sie die Bewerberprofile durchsuchen können. Dadurch finden sie die Kandidaten, die am besten passen, können jeden allerdings nur einmal kontaktieren. So stellen wir sicher, dass die Qualität der Anfragen hoch ist und beide Seiten so gezielt wie möglich in den persönlichen Austausch treten.

Wie hat sich get in seit der Gründung entwickelt?
Die Grundidee der Spezialisierung ist geblieben: Wir fokussieren uns auf Berufseinsteiger aus der IT bzw. dem Ingenieurwesen und stellen alle relevanten Informationen zur Verfügung. Zu Beginn haben wir uns über den Content als vertrauenswürdige Plattform etabliert. Im zweiten Schritt haben wir dann die schon genannte “Reverse Recruiting”-Lösung entwickelt. Dabei waren wir ziemlich überrascht, wie schnell sich die Idee durchgesetzt hat. Heute erreichen wir zum Beispiel bei den Informatikern, dass sich jedes Jahr ein gutes Drittel der Absolventen bei uns registriert. Das macht uns schon stolz, wenn wir daran denken, dass wir in einem kleinen Büro mit vier Leuten, davon zwei Praktikanten, gestartet sind. Der Erfolg von get in IT hat bewiesen, dass unsere Idee funktioniert. Deshalb sind wir 2017 mit dem zweiten Vertical nachgezogen und haben get in Engineering an den Start gebracht. Mittlerweile sind wir mit beiden Plattformen marktführend in Deutschland. Unternehmen, die Absolventen oder Young Professionals aus der IT oder dem Ingenieurwesen suchen, kommen an uns nicht vorbei.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist get in inzwischen?
Aktuell sind wir 37 Leute und unser Team wird sich im Jahresverlauf auf mehr als 45 vergrößern. Wir haben über 500 Kunden vom Startup bis zum DAX-Konzern und einen Jahresumsatz im deutlich siebenstelligen Bereich. Allein in den letzten fünf Jahren konnten wir unseren Umsatz versiebenfachen. Unser eigentliches Ziel ist natürlich, dass die Berufseinsteiger und Arbeitgeber auch wirklich zueinander finden: Im vergangenen Jahr wurden über unsere Plattformen pro Monat durchschnittlich 2.400 Bewerberinterviews initiiert. Unsere größte Motivation ist es, wenn wir von den Absolventen gespiegelt bekommen, dass sie dank uns den perfekt passenden Arbeitgeber gefunden haben. 

Gerade übernahm Intermedia, eine Tochter der Mediengruppe Medien Union, euer Startup. Wie geht es nun weiter?
Die Intermedia ist letzten Sommer auf uns zugekommen, das ist richtig. Wir stehen aber schon länger mit ihr Kontakt. Was uns reizt und letztlich überzeugt hat, ist die Tatsache, dass die Intermedia ein ganz langfristiges Investitionskonzept verfolgt, um die übernommenen Startups eigenständig, aber mit erheblichem finanziellen Rückenwind weiter wachsen zu lassen. Das ist genau das unternehmerische Setting, das Rainer und ich uns wünschen. Daher fiel uns die Entscheidung am Ende nicht schwer und wir haben den anderen Interessenten abgesagt. Aktuell definieren wir die nächsten Meilensteine. Wir sehen noch viel Potenzial bei unseren beiden Verticals, aber es ist natürlich naheliegend, dass wir den erfolgreichen Ansatz auch auf andere Themenfelder ausbauen werden.

Reden wir zudem noch über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Ganz klar: Der Dom, der Rhein und das Kölsch! Da kann Berlin natürlich nicht mithalten. Aber im ernst: Es hängt natürlich erstmal von der strategischen Ausrichtung eines Startups ab, welcher Standort am besten geeignet ist. München ist in erster Linie von industriellen Branchen wie Manufacturing und Robotics geprägt. Berlin hat die insgesamt größte Szene und ist sehr international aufgestellt. Die Medienhochburg Köln muss sich als Startup-Standort trotzdem nicht verstecken: Wir sehen den Vorteil für uns darin, dass Köln mit 24 Hochschulen die drittgrößte Studentenstadt in Deutschland ist und die gesamte Metropolregion Rhein/Ruhr die europaweit dichteste Uni- und Forschungslandschaft hat. Das zieht jede Menge schlaue Köpfe an, die sich für neue Ideen begeistern. So haben wir beim Recruiting und beim Austausch mit der wissenschaftlichen Forschung natürlich einen Standortvorteil. 

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Ich finde der Reiz liegt tatsächlich darin, dass die Szene noch nicht so unübersichtlich ist, immer noch weiter wächst, und jedes einzelne Startup sie nachhaltig mitprägen und eigene Impulse setzen kann. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den Startups und die Gründungsteams unterstützen sich gerne gegenseitig. Dass die Kölner Szene stark wächst merkt man unter anderem an der Zahl der Initiativen, Verbände, Events und Gründerzentren. Der “Startplatz” als zentraler Ort hat ein vielfältiges Angebot an Co-Working, Workshops, Netzwerk- und Pitchveranstaltungen. 

Was ist in Köln einfacher als im Rest der Republik?
In Köln findet man leichter Mitarbeiter, die langfristig mit Herzblut dabei sind, weil die Fluktuation hier nicht so stark ist wie etwa in der Hauptstadt. Man bekommt den Eindruck, Berlin ist für viele eine Lebensphase, während die Leute sich in Köln Zuhause fühlen: Ein Großteil der Uni-Absolventen bleiben auch nach dem Studium hier. Und für neue Mitarbeiter aus dem Ausland ist die Stadt auch sehr attraktiv. Daran ist mit Sicherheit auch die typisch kölsche Lebensart schuld. Die Kölner sind sehr aufgeschlossen, sowohl für neue Menschen als auch Ideen und denken immer pragmatisch und optimistisch. Köln hat also in seiner DNA als Stadt schon genau das Mindset verankert, das ein erfolgreicher Gründer braucht. Und selbst wenn es mal kritisch wird oder man sich schnell auf eine neue Situationen einstellen muss, bleibt der Kölner immer noch gelassen und positiv: “Et kütt wie et kütt. Et hätt noch immer jot jejange. Und nix bliev wie et wor.” 

Was fehlt in Köln noch?
Die richtige Einstellung ist ja schon vorhanden, aber ohne echte Tech-Begeisterung wird die Kölner Startup-Szene nie zum Vorreiter in Sachen Innovation und Digitalisierung werden. Hier sehe ich noch viel Luft nach oben. Tatsächlich hat die Kölner Universität nicht einmal eine eigene Informatik-Fakultät und die der TH liegt in Gummersbach. Hier haben wir in Köln definitiv noch Nachholbedarf. 

Zum Schluss hast du drei Wünsche frei: Was wünscht du dir für den Startup-Standort Köln?
Erstens:
Weitere Leuchtturm-Veranstaltungen wie den Pirate Summit und den Digitale Leute Summit, die wichtige Impulse liefern, die Szene überregional vernetzen und dabei auch einfach Spaß machen. Zweitens: Beruhigung auf dem Immobilienmarkt, d.h. günstigere Mieten, damit Startups, Studenten und Berufseinsteiger sich das Leben und Arbeiten in Köln auch leisten können. Drittens: Eine professionelle, funktionsfähige und schnelle öffentliche Verwaltung und einen konsequenten Ausbau des ÖPNV.

Durchstarten in Köln – #Koelnbusiness

In unserem Themenschwerpunkt Köln berichten wir gezielt über die Digitalaktivitäten in der Rheinmetropole. Mit circa 400 Startups, über 60 Coworking Spaces, Acceleratoren und Inkubatoren sowie attraktiven Investoren, zahlreichen Veranstaltungen und Netzwerken bieten Köln und das Umland ein spannendes Ökosystem für Gründerinnen und Gründer. Diese Rubrik wird unterstützt von der KölnBusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH#Koelnbusiness auf LinkedInFacebook und Instagram.

Foto (oben): get in