Von Alexander
Freitag, 3. Januar 2020

“Manchmal rufen die Couch und zwei Gläser Rotwein einfach lauter”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Jeder kocht nur mit Wasser", sagt Monique Hoell Gründerin der Beauty-Marke HelloBody. An falsche Entscheidungen glaubt die Unternehmerin nicht: "Ich entscheide immer nach bestem Wissen und Gewissen".

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Monique Hoell, Gründerin der Beauty-Marke HelloBody.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Die ersten Emails oder Calls beantworte ich in der Regel bereits in der Früh von zuhause, so dass ich meine Prioritäten für den Tag bereits geordnet habe, wenn ich im Büro ankommen. Außerdem gehöre ich zu den Menschen, die einen Kaffee benötigen, um richtig in den Tag zu starten. Wenn ich den zuhause noch nicht hatte, dann gibt es einen kurzen Abstecher zu der Bäckerei, die sich praktischerweise direkt bei mir im Haus befindet, um mir dort einen Coffee-to-go zu holen. Im Anschluss geht es auf direktem Weg ins HelloBody-Office. Dann kann mein Tag variieren: Von Organisationsentwicklung über Internationalisierungsstrategien bis hin zu Produktportfolioentscheidungen kann alles dabei sein.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Ich würde auf diese Frage gerne antworten, dass es mir total einfach fällt, mich viermal die Woche sportlich abzureagieren – aber manchmal rufen die Couch und zwei Gläser Rotwein einfach lauter. Dennoch überwinde ich auch bisweilen den inneren Schweinehund und gehe zum Sport. Mit ist es außerdem wichtig, mich regelmäßig mit meinen guten Freunden zu treffen. Die meisten von ihnen haben mit der Gründerszene nichts zu tun. Darum haben sie eine andere Sicht auf Dinge und dieser Input ist sehr inspirierend, erfrischend und erdend.

Was über das Gründer-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Kurz und knapp: Jeder kocht nur mit Wasser.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Wachstum steht immer in unmittelbarer Verbindung mit “Über sich hinauswachsen” und bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich. Beispielsweise ein Team aufzubauen und dann ein mittleres Management einzuziehen – inklusive der Übertragung aller aufgebauter Vertrauensverhältnisse. Eine Führungsmannschaft einstellen – wie entscheidet man, ob jemand gut ist, wenn man selbst den Job nie gemacht hat? Aus einem Wust an Informationen die richtigen herauszuziehen, um einen Marketingkanal erfolgreich zu skalieren. Dann einen zweiten, dritten oder vierten hinzuschalten… Dem Wettbewerb immer eine Nasenlänge voraus sein – ohne den Fokus zu verlieren. Du fragst dich als Unternehmer täglich, ob das, was du da machst, Hand und Fuß hat und bist immer auf der Suche nach Evaluierung. Zur gleichen Zeit bist du das Vorbild, auf das ein gesamtes Team schaut und an dem es sich orientiert und motiviert. Man muss sich täglich hinterfragen – ohne sich zu verlieren. Das kann sehr herausfordernd sein.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich glaube nicht an Fehler oder falsche Entscheidungen. Ich entscheide immer nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn etwas nicht so funktioniert, wie ursprünglich erhofft oder angenommen: Einfach optimieren und weitermachen. Allerdings ist HelloBody innerhalb von drei Jahren von 0 auf 100 Mitarbeiter gewachsen. Bei so starkem und schnellen Wachstum würde ich nächstes Mal schneller Führungskräfte einstellen, die Erfahrung in Bereichen mitbringen, in denen ich noch nicht so weit bin. Beispielsweise Talente aus der Industrie, die das Kern-Team mit professioneller Erfahrung komplementieren. Meiner Erfahrung nach besteht ein gutes Team immer aus einer gesunden Mischung von Mitarbeitern, die intern entwickelt werden und aus externen Talenten. Das bedeutet, dass man intern ein Bewusstsein dafür schaffen muss, welche Vorteile das für das gesamte Team bringt und man zudem dafür sorgen muss, dass dies nicht zum Politikum wird. Wenn man das schafft und trotz steilem Wachstum eine gesunde, positive und konstruktive Unternehmenskultur beibehält, dann wird diese Mischung von allen als sehr positiv wahrgenommen und sogar teilweise eingefordert. Denn am Ende bringt genau dieser Mix einen enormen Vorteil und eine sehr steile Lernkurve für alle Beteiligten.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Eine attraktive Arbeitgebermarke zu sein, hilft natürlich sehr. Bei HelloBody ist es bei möglich, umgehend “hands-on” Verantwortung zu übernehmen. Da wir fast zu 100 Prozent Direct-To-Consumer sind, kann jeder Mitarbeiter sofort seinen Impact auf die Marke und das Business erkennen und einbringen. Wir fördern und fordern. Das wirkt sehr attraktiv auf Arbeitnehmer. Und im Operativen nutzen wir persönliche Kontakte, aber auch Jobbörsen und in manchen Fällen sogar Headhunter.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Kurz gesagt: Einfach mal loslegen – und im Idealfall Scheuklappen tragen, die dennoch den Blick nach links und rechts erlauben, um einerseits nicht den Fokus zu verlieren und andererseits noch mitzubekommen, was um einen herum passiert.

Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Bei uns ist es tatsächlich ein intern entwickeltes Tool, ohne das wir nicht existieren könnten. Wir haben einen extrem datenorientierten Ansatz in unserer kommerziellen Marketing-Strategie. Daher haben wir unsere eigene BI-Software entwickelt, die seit gut zwei Jahren alle für uns wichtigen KPIs im Performance-Marketing trackt. Beispielsweise haben wir seit Anfang 2018 global weit über 50.000 Kampagnen mit Influencern durchgeführt. Bei den Kampagnen geht es je nach Zielsetzung um Reichweite, Engagement oder Sentiment – oder auch um Umsatz, Retention oder Profitabilität.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Respekt wird bei HelloBody sehr groß geschrieben. Respekt untereinander, unseren Partnern gegenüber. Der Umwelt gegenüber. Das gepaart mit einer sehr positiven und dennoch offenen Feedback-Kultur sorgt für eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre. Mitarbeiter können bei uns persönlich und professionell wachsen. Das sorgt meiner Erfahrung nach viel mehr für gute Stimmung und Akzeptanz als es irgendein Tischkicker tun könnte.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Durch einen menschlichen Fehler wurde im September 2018 in einem unserer französischen Newsletter ein Rabattcode veröffentlicht, der einen festen Euro-Betrag statt eines festen Prozent-Betrag gab – ohne Mindestbestellwert. Der Code ging viral in Frankreich und Belgien und verursachte durch den damit entstandenen Besucheransturm bis zu 20.000 Datenbankanfragen – pro Sekunde! Unser Shop – Frontend und Backend – war damit zeitweise so lahmgelegt, dass sich auch die Ursachensuche zunächst schwierig gestaltete. So versuchten wir zunächst dem Frontend Priorität zu geben, um unter anderem mit der Erreichbarkeit auch die Customer Experience nicht zu sehr zu gefährden. Dies stellte sich im Nachhinein als eher kontraproduktiv heraus, da ja zwar Transaktionen stattfanden und die Conversion Rate fantastisch aussah, der Umsatz allerdings weit hinterher hing. Aufgrund des Euro-Rabatt Codes haben die meisten Nutzer zu Null Euro ausgecheckt und dennoch einige Produkte im Warenkorb gehabt. Die rund 10.000 Bestellungen waren zudem sogar bereits ins Fulfillment übergeben worden, was wiederum eine ganz neue Kette an Schwierigkeiten nach sich zog. Alles in allem alles sehr anstrengend, sehr teuer und durchaus auch sehr wild. Da fiel meine Wahl dann Abends auch eher auf zwei Gläser Rotwein als zwei Stunden Fitnessstudio.

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Foto (oben): HelloBody