Inkubator, Accelerator oder Venture Capital? Wie Unternehmen die Zukunft meistern können
Je größer das Unternehmen, desto wichtiger ist es, das Thema “digitales Neugeschäft” auf verschiedene Weise anzugehen. Ich möchte daher nachfolgend das komplette Spektrum des Corporate Venturing auf Basis eines Frameworks aufzeigen, das sich mit der Frage beschäftigt, ob die vorhandenen Assets (Produkte, Technologien, Geschäftsmodelle, Patente) eines New Ventures vom Mutterunternehmen “intern” oder von anderen Partnern “extern” kontrolliert werden.
Research & Development: Intern – Intern
Dieses Corporate-Venturing-Vorhaben startet intern mit der Recherche bzw. Forschung und bleibt mit der Entwicklung auch intern. Gemeint ist damit: Die Entwicklung von Patenten, Business-Plänen und Forschungsergebnissen führt im Erfolgsfall zu neuen Produkten und / oder Geschäftsmodellen, die dem Unternehmen helfen, sich selbst zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Incubation / Company Building: Intern – Extern
Im Gegensatz zum gerade beschriebenen R&D bleibt die Forschung und die Entwicklung zwar intern, das Endergebnis – also die Gründung eines neuen Unternehmens – wird aber ausgelagert. Externe Unternehmer übernehmen dabei die Leitung dieses Startups und werden über Anteile entsprechend incentiviert. Dass das Mutterunternehmen als Inkubator maßgeblichen Anteil an der Gründung des Startups hat, besitzt es meist ähnlich viele Shares wie die Startup-Gründerteams.
Um für Venture-Capital-Investoren ein attraktives Target darzustellen, muss der Cap Table – also die Darstellung der Besitzverhältnisse des Unternehmens – möglichst neutral sein. Das bedeutet, der Company Builder muss bereit sein, ab einem bestimmten Zeitpunkt seine Anteile so zu verwässern, dass das junge Unternehmen für externe Investoren attraktiv ist. Sonst bleibt es eine Tochtergesellschaft eines Unternehmens und dadurch wird es fast unmöglich, externes Venture Capital zu gewinnen.
Accelerator: Extern ? Intern – Extern
Ein Accelerator ist ein gutes Beispiel für externe Innovation, denn die Startups werden unabhängig auf der grünen Wiese “geboren” und bewerben sich bei einem bestehenden Unternehmen für ein zeitlich begrenztes Programm, dass nicht nur eine finanzielle Förderung beinhaltet, sondern auch Dinge wie Mentoring, Networking, Rechtsberatung oder technische Unterstützung.
Somit entstehen die Assets zunächst außerhalb, wandern während des Programms innerhalb des Mutterunternehmens und verlassen es am Ende wieder. Durch die Bereitstellung eines Seed-Investments und des Accelerator-Programms erhält das Unternehmen oft Anteile am Startup, aber die Kontrolle bleibt in externen Händen, nämlich in denen der Gründer. Beispiele für Corporate Accelerators aus Deutschland sind P7S1 Accelerator (ProSieben), APX (Axel Springer/Porsche) sowie WattX (Viessmann).
Venture-Capital: Extern – Extern
Bein Investments in Startups hat man je nach Phase des Einstiegs bzw. der Anzahl der Anteile als Unternehmen so gut wie keinen Einfluss auf die Entwicklung, da es sich im Venture-Capital-Bereich um Minderheitsbeteiligungen handelt und demnach ist der Rückfluss an Learnings ins eigene Kerngeschäft auch stark limitiert. Das Unternehmen investiert dabei in ein bereits gegründetes Startup und bleibt bis zum Exit beteiligt. Dadurch bleibt die Kontrolle in beiden Fällen extern.
Steigt man jedoch sehr früh ein, so ist es für das Unternehmen möglich, sich entsprechende Sitze im Board zu sichern, wodurch sich dennoch Einfluss auf das Startup nehmen lässt. Zudem haben die Gründer meist ein offenes Ohr für die strategischen Investoren, da diese mit ihrer großen Erfahrung das Schiff auf Erfolgskurs bringen können.
Diese Investments sind entweder einzelnen Direktinvestment oder werden über die eigene Investmentstruktur gebündelt, z. B. den eigenen Corporate Venture Capital (CVC) Fund. Gute Beispiele sind hier: AXA Innovation Campus, Allianz X, Axel Springer Digital Ventures, Commerz Ventures, Signals und MunichRe. Das Praktische am CVC: Bei Folgeinvestments kann das Mitspracherecht ausgeübt und so potenzielle neue Investoren verhindert werden.
Häufig wird auch in etablierte professionelle Fundstrukturen investiert. Dieses Vorgehen wird als Fund-of-Funds-Investment (FoF) bezeichnet. Ein gutes Beispiel aus Deutschland ist hier e.ventures, wo u. a. Porsche, Otto und Lidl investiert sind.
Beispiele für Corporate Venture Capital Funds in Deutschland: AXA Innovation Campus (Axa), Allianz X (Allianz), Axel Springer Digital Ventures (Axel Springer), Commerz Ventures (Commerzbank), Signals (Signal Iduna)
Mergers & Acquisitions: Extern – Intern
Während das R&D-Modell ein bewährtes Vorhaben ist, um interne Innovation zu fördern, sorgt das M&A-Modell dafür, externe Innovationen in das Mutterunternehmen zu bringen. Hierbei werden Startups oder Unternehmen mehrheitlich aufgekauft und in die bestehende Firmenstruktur eingegliedert oder angedockt. Somit entstand die Innovation extern, durch den Kauf wird sie aber intern.
Das richtige Modell für jedes Unternehmen
Corporate Venturing fürs digitale Neugeschäft bietet viele Möglichkeiten, um durch Innovationen die Digitalisierung zu meistern. Hierbei gibt es am Ende jedoch nicht DAS eine Modell, was zu jedem Unternehmen passt. Die entsprechende Wahl sollte immer auf Grundlage einer Analyse erfolgen, die Punkte wie den Status quo, die finanziellen Möglichkeiten und vor allem die Ziele des Unternehmens umfasst.
Richtig eingesetzt bietet das digitale Neugeschäft für viele Unternehmen in Deutschland das Potenzial, nicht nur in der Digitalisierung zu bestehen, sondern sie zu meistern und die eigene Branche zu disruptieren.
Zur Person
Fabian J. Fischer verantwortet als Founding Partner und CEO von Etribes die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens und er berät mittelständische Unternehmen und DAX-Konzerne bei der Digitalisierung. Als Co-Founder von Picea Capital investiert er seit 2018 auch in Technologieunternehmen wie Solvemate, Airfocus oder Qunomedical.
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