10 Dinge, die jeder Gründer über Allgemeine Geschäftsbedingungen wissen muss!
AGB, was ist das überhaupt?
Allgemeine Geschäftsbedingungen werden im allgemeinen Sprachgebrauch teilweise als „das Kleingedruckte“ bezeichnet, weil sie sich häufig in kleiner Schriftart auf der Rückseite eines Formulars befinden. Dies führt zu der Fehlvorstellung, dass nur solche klein gedruckten Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen seien. Nach der gesetzlichen Definition sind Allgemeine Geschäftsbedingungen aber all jene Bedingungen, die „für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert“ wurden. Dafür spielt es zunächst keine Rolle, ob die vorformulierten Klauseln klein oder großgedruckt, auf der Rückseite oder Vorderseite eines Formulars oder auf einer Webseite platziert werden. Auch vorformulierte Klauseln in einem „normalen“ Unterschriftenvertrag sind Allgemeine Geschäftsgeschäftsbedingungen.
Sobald über eine Vertragsbedingung verhandelt wird, verliert diese den Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingung. Aber Achtung: Auch hier lauert eine verbreitete Fehlvorstellung: Die Frage der „Vorformuliertheit“ stellt sich für jede vertragliche Regelung getrennt, also „klauselbezogen“, nicht „vertragsbezogen“. Entsprechend kann ein Vertrag ohne weiteres sowohl individuell verhandelte Klauseln als auch Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten.
Was bedeutet AGB-Kontrolle?
Allgemeine Geschäftsbedingungen werden definitionsgemäß nicht verhandelt und oft auch nicht einmal gelesen. Wenn eine Vertragspartei in der Verhandlungsposition ist, quasi einseitig verbindliche Regeln setzen zu können, so besteht naturgemäß die Gefahr, dass die andere Vertragspartei dabei unangemessen benachteiligt wird. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen soll also denjenigen schützen, der keine Verhandlungsposition oder keine Zeit zum Lesen hat. Er soll nicht „über den Tisch gezogen werden.“ Auch außerhalb des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) gibt im Gesetz bereits die Kategorie des „zwingenden Rechts“, von dem durch Vertrag nicht abgewichen werden kann (z.B. Kündigungsschutz für Arbeitnehmer) und des „dispositiven Rechts“, das nur gilt, solange nicht etwas anderes vereinbart wird. Das AGB-Recht definiert einen zusätzlichen Bereich dazwischen: Eine Rechtsfrage darf zwar von den Parteien gestaltet werden, aber eben nicht (quasi-) einseitig durch AGB, sondern nur durch Individualvereinbarung. Zum Schutz desjenigen, der fremde AGB akzeptieren soll, hat der deutsche Gesetzgeber dem Verwender von Allgemeine Geschäftsbedingungen durch die AGB-Kontrolle einen engen Gestaltungsspielraum gesetzt.
Was bedeuten Einbeziehungskontrolle und Inhaltskontrolle
Im Rahmen der AGB-Kontrolle wird zwischen Einbeziehungskontrolle und Inhaltskontrolle unterschieden. Die Einbeziehungskontrolle stellt die Frage, ob eine Klausel grundsätzlich wirksam in den Vertrag einbezogen ist. Daran fehlt es etwa im Verbraucherverkehr (B2C), wenn der Verbraucher zwar auf die AGB hingewiesen wurde, ihm aber keine „zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme“ gewährt wurde, etwa weil es im Ladenlokal an einem Aushang fehlte oder auf einer Webseite ein Link nicht funktioniert hat. Im unternehmerischen Rechtsverkehr (B2B) ist man an der Stelle nicht sehr streng. Wer als Unternehmer einen Einbeziehungshinweis („Es gelten die AGB“) liest, der muss nach derzeitiger Rechtsprechung die AGB gegen sich gelten lassen, auch wenn diese ihm weder übermittelt wurden noch öffentlich zugänglich sind. Ebenfalls Teil der Einbeziehungskontrolle ist das Verbot „überraschender Klauseln“ nach § 305c BGB. Dabei gilt, je gravierender die Auswirkung einer Klausel ist, um so deutlicher muss auf die Klausel hingewiesen werden. So kann man z.B. erwarten, dass bei komplexen Preismodellen ein vollständiges Preisverzeichnis erstellt wird und nicht substantielle Teile in einem umfangreichend Fließtext versteckt werden. Die Inhaltskontrolle kontrolliert die Klausel als solches darauf, ob die Gegenseite durch die Klausel unangemessen benachteiligt wird.
Werden AGB auch in Verträgen zwischen Unternehmern kontrolliert?
Ja, aber nicht in gleichem Umfang. Das Gesetz kontrolliert AGB zwischen Unternehmern (B2B) und AGB mit Verbraucherbeteiligung (B2C) in unterschiedlichem Maß: Die strengen Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 Abs. 2 und 3 BGB sowie die strengen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB gelten unmittelbar nur im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Allerdings dürfen auch Unternehmer durch AGB gemäß § 307 BGB nicht „unangemessen benachteiligt“ werden. Und was eine unangemessene Benachteiligung von Unternehmern ist, dafür liefern die Verbotskataloge in § 308 BGB und § 309 BGB auch im unternehmerischen Verkehr wichtige Indizien. Ob ein spezifisches Klauselverbot auch für die AGB-Kontrolle im B2B-Bereich gilt, ist jeweils einzeln zu prüfen. Die Rechtsprechung dazu ist umfangreich.
Was sind die wichtigsten AGB-rechtlichen Grundsätze?
Der oberste Grundsatz ist der „Vorrang der Individualabrede“. Wenn also über eine Regelung explizit gesprochen wurde, kann sich der Verwender von AGB nicht darauf berufen, in seinen AGB stehe etwas anderes. Ein weiterer für den Verwender bisweilen gefährlicher Grundsatz ist der „Grundsatz der verwenderfeindlichen Auslegung“. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen schützt nur den Vertragspartner, desjenigen der AGB verwendet (Verwendungsgegner). Soll im Rahmen der Inhaltskontrolle ermittelt werden, ob die Klausel den Verwendungsgegner unangemessen benachteiligt, muss der Inhalt der Klausel zunächst durch Auslegung ermittelt werden. Schließlich muss man erst wissen, was die Klausel regelt, bevor man diesen Regelungsgehalt rechtlich bewertet. Ergibt sich ein Auslegungsspielraum, so wird die Klausel zunächst so interpretiert, dass es für den Verwender möglichst schlecht ist. Dann wird die Klausel zusätzlich so interpretiert, dass die Klausel für den Verwender möglichst günstig ist, um dann zu prüfen ob eine maximal verwenderfreundliche Auslegung zur Unwirksamkeit führt. Von diesen beiden Varianten kann sich der Verwendungsgegner dann noch die für ihn günstigere Variante aussuchen. Ein dritter wichtiger Grundsatz des AGB-Rechts ist das sognannte „Transparenzgebot“. Intransparente Klauseln sind unwirksam. Hier wird es besonders knifflig, denn Sprache ist keine Mathematik und nie 100%ig eindeutig. So führen bereits Aufzählungen, die mit Abkürzungen wie „usw.“ oder „u.a.“ enden, zur Unwirksamkeit bzw. an die Grenze der Unwirksamkeit. Auch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die durch Wertungen auszufüllen sind, wie „erforderliche Maßnahmen“ oder „schwere Verletzung“ bergen bereits Transparenzprobleme. Selbst die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die auch das Gesetz verwendet, wurde schon für unwirksam gehalten. Diese strengen Anforderungen an die Transparenz in Kombination mit dem Grundsatz der verwenderfeindlichen Auslegung führt dazu, dass manche Kollegen behaupten, es sei ein Ding der Unmöglichkeit, eindeutig rechtmäßige AGB zu gestalten. Dem ist zuzugeben, dass es jedenfalls nicht einfach ist.
Was ist die Rechtsfolge rechtswidriger AGB-Klauseln?
Wer bei der AGB Gestaltung zu weit geht, riskiert die Rechtswidrigkeit und damit die Unwirksamkeit einer entsprechenden Klausel. Zwar ist die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel kein juristischer „Beinbruch“. Im Einzelfall kann sogar ein Interesse an einer Beibehaltung möglichweise oder wahrscheinlich rechtswidriger Klauseln bestehen. Denn nicht jeder Kunde wird sich wehren. Allerdings sollten riskante Klauseln behutsam verwendet werden. Eine rechtswidrige Klausel in AGB ist stets ein Wettbewerbsverstoß und kann als solche von Mitbewerbern und Verbraucherverbänden abgemahnt werden. Ist eine solche Abmahnung berechtigt, verursacht das Kosten, unter anderem in Form von Anwaltskosten. Zudem drohen natürlich Risiken durch die Unwirksamkeit selbst und die dadurch ungünstigere Vertragslage. Aber welcher Teil genau wird unwirksam? Ein Satz oder ein Absatz oder ein Paragraph oder ein juristische Gedanke? Hier greift der so genannte blue-pencil-test. Also man nimmt einen Stift, streicht das aus, was unwirksam ist, bis der verbleibende Rest noch bzw. wieder einen Sinn ergibt.
Wie gehe ich als Verbraucher mit AGB meiner Vertragspartner um?
Als Verbraucher werden Sie AGB in der Regel nicht lesen und Sie werden auch grundsätzlich gut geschützt. Auch ich lese bei weitem nicht alle Verträge, die ich als Verbraucher abschließe, auch wenn ich aus Interesse und professioneller Neugier vergleichsweise häufig einen Blick in die Klauselwerke werfe. Aber Achtung: Klauseln, welche die Frage regeln, welche Leistungen in dem Vertrag überhaupt ausgetauscht werden, sind der Inhaltskontrolle entzogen. Das AGB-Recht soll ja der Wirtschaft nicht vorgeben, welche Waren oder Dienstleistungen überhaupt marktfähig sind. Auch hier gibt es natürlich Grenzfälle, z.B. bei der Abgrenzung von Preisabreden und Preisnebenabreden: Man stelle sich z.B. vor, dass ein Mobilfunkanbieter bei Überschreiten des Datenlimits oder der Freiminuten gemäß seiner AGB nicht drosseln oder abschalten würde, sondern einfach 1.000,00 EUR / Minute oder 1.000 EUR / MB Datenvolumen abrechnen würde. Die Fälle gibt es tatsächlich, wenn auch mit etwas weniger drastischen Preisen und im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung von Flatrates auch immer seltener. Als sogenannte Preisnebenabrede wäre die Klausel einer Inhaltskontrolle zugänglich, als Preisabrede nicht. Für die Preisabrede bleibt dann nur die Einbeziehungskontrolle, die aber selten zu eindeutigen Ergebnissen führt. Das Leistungsverzeichnis seiner Verträge sollte man also immer anschauen.
Wie gehe ich als Unternehmer mit AGB meiner Vertragspartner um?
Wer als Unternehmer einen für sein Unternehmen wichtigen Vertrag schließt, sollte den lesen und verstehen – einschließlich etwaiger AGB. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Problematisch ist aber folgender Fall: Viele Unternehmer schicken Angebote raus und verweisen darin auf Ihre AGB. Das ist auch grundsätzlich ein angemessenes Vorgehen. Bisweilen kommen Auftragsbestätigungen zurück, die ebenfalls einen Verweis auf die AGB des Kunden enthalten. Hier stellt sich die Frage, was denn jetzt Vertragslage ist. Dabei gilt folgendes: Es gelten weder die AGB des einen noch die des anderen vollständig. Vielmehr legt man beide Klauselwerke übereinander und alle sich widersprechenden Klauseln gelten nicht. Klar, dass dies wieder zu umfangreichen Auslegungsschwierigkeiten führt. Klar aber auch, dass eine für das Haftungsmanagement jedes Unternehmens wichtige Klausel wie die „summenmäßige Haftungsbegrenzung“ dabei in der Regel unter die Räder kommt. So hat die AGB-Kontrolle also einen zentralen Einfluss auf den Vertragsabschlussprozess eines Unternehmers und manchmal sorgt der anfänglich eventuell etwas sperrigere Umgang mit einem Unterschriftenvertrag, der die Vertragsbeziehung vollständig regelt, für einen effizienteren Vertragsabschlussprozess als der auf den ersten Blick schlanke Prozess mit Angebot und Verweis auf AGB.
Brauche ich AGB?
Es gibt keine rechtliche Regel, die Sie dazu zwingt, Ihre Kundenbeziehung mit Hilfe von AGB zu regeln. Es ist aber Ausdruck von Professionalität, dem Kunden ein klares Angebot zu klaren Bedingungen zu machen. Sie investieren in der Regel viel für Ihre Marketing- und Vertriebsprozesse. Der Vertragsabschluss ist das Ende Ihres Sales-Funnels, an dem noch viel schiefgehen kann, wenn in Ihren Verträgen nicht ein angemessenes Maß an Professionalität und unternehmerischer Sorgfalt zum Ausdruck kommt. In Ihren Muster-Kundenverträgen können Sie Ihr Geschäftsmodell in rechtlicher Hinsicht konkretisieren und dokumentieren. Das ist auch das, was Ihre Vertragspartner von Ihnen erwarten. So stellen vorformulierte Verträge in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für alle Unternehmen einen wichtigen Baustein ihres geschäftlichen Handelns dar.
Kann ich die AGB meines Mitbewerbers kopieren?
Nein, eigentlich nicht. Auch Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen genießen urheberrechtlichen Schutz. Allerdings dürften viele Klauseln und Formulierungen bereits frei sein, weil jeder sie verwendet und es keinen originären Urheber gibt. Auch reichen in der Regel schon geringfügige Änderungen, um durch einen hinreichenden Werkabstand in den Bereich einer freien Bearbeitung zu kommen. Eine identische Kopie eines kompletten Klauselwerks stellt aber in aller Regel eine Urheberrechtsverletzung dar. Hinzu kommt, dass Sie nicht sicher sein können, ob Ihr Mitbewerber wirklich gut beraten war. Ihre Kundenbeziehung ist das Herz Ihres Geschäftsmodells, so dass ein professioneller Blick darauf nicht schaden kann.
Zum Autor
Timo Ehmann ist Gründer der auf die Beratung von Startups und IT-Unternehmen spezialisierten Kanzlei ehmann.legal in München.
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