Digitale Leute Summit

5 Tipps für den perfekten Design Sprint von Brittni Bowering, Head of Brand bei AJ&Smart

Natürlich kann Brittni Bowering Kaffee kochen. Das gehört sich so für die Head of Brand bei AJ&Smart. Bevor jetzt aber der #Aufschrei kommt: Den Kunden eine perfekte Crema auf den Espresso zu zaubern, […]
5 Tipps für den perfekten Design Sprint von Brittni Bowering, Head of Brand bei AJ&Smart
Samstag, 22. Juni 2019VonThomas Riedel

Natürlich kann Brittni Bowering Kaffee kochen. Das gehört sich so für die Head of Brand bei AJ&Smart. Bevor jetzt aber der #Aufschrei kommt: Den Kunden eine perfekte Crema auf den Espresso zu zaubern, ist Standard bei der Berliner Agentur. Tatsächlich haben einige der Mitarbeiter sogar einen Barista-Kurs absolviert, um die Profi-Espressomaschine im AJ&Smart-Office bedienen zu können. An diesen kleinen Extras merkt man, warum die angesagte Designagentur als erste Adresse in Deutschland gilt, wenn es um das Thema Design Sprint geht. Im Gespräch mit Digitale Leute hat Brittni uns verraten, was es braucht, um die perfekte Design Sprint-Experience zu schaffen.

Einige der größten Unternehmen Deutschlands waren schon im Headquarter von AJ&Smart am Kreuzberger Spreeufer, um die Methoden und Denkweisen der digitalen Produktentwicklung zu lernen. Der perfekt aufgebrühte Kaffee am Morgen ist dabei ein Puzzleteil von vielen, erklärt Brittni. Als Mitarbeiterin Nummer sieben heuerte sie Ende 2016 bei der Agentur an. Heute betreut sie als “Head of Brand” die Social Media-Kanäle und den Youtube-Auftritt von AJ&Smart. Parallel dazu coacht sie Menschen auf der ganzen Welt zu Innovationsprozessen.


Mehr über Design Sprints
Brittni Bowering spricht am 28. November beim Digitale Leute Summit in Köln ausführlich über die Methode und wie man Design Sprints weiterentwickeln kann.

Über Brittni

Im Dezember 2012 kam Brittni im damals tiefgefrorenen Berlin an, mit dem Ziel, eine neue Stadt und ein neues Land kennenzulernen. “Es soll einer der kältesten Winter gewesen, die Deutschland je erlebt hat”, erinnert sich Brittni. Kein Problem für die gebürtige Kanadierin, die in der Hauptstadt schnell Fuß fasst. Zunächst landet Brittni in einer Werbeagentur, wo sie mit einer Reihe von jungen Tech-Unternehmen zusammenarbeitet. So macht sie erste Erfahrungen in der Welt der digitalen Produktentwicklung. Ende 2016 kommt sie in Kontakt mit AJ&Smart und ist sofort begeistert von dem Konzept, ausschließlich mit Design Sprints zu arbeiten. Neben ihrem Job bei AJ&Smart moderiert sie gemeinsam mit der Australierin Penny Blackmore den Podcast “Happy Hour: Career Talk with Brittni & Penny” und hat eine wöchentliche Standup-Comedy-Show in Berlin.

Mehr als 50 Design Sprints

Inzwischen ist Brittni bei rund 50 Design Sprints dabei gewesen, unter anderem mit dem einst in Köln gegründeten und jetzt in Berlin ansässigen Nachhaltigkeits-Startup “Share”. Dem Food-Unternehmen hat AJ&Smart geholfen, ein Verpackungskonzept für seine Produkte zu entwickeln. Nicht nur wegen der positiven Botschaft des Unternehmens ist Brittni auf diesen Design Sprint besonders stolz. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass die Methode längst nicht mehr nur auf digitale Produkte beschränkt ist. Doch egal, ob es sich um physische oder digitale Produkte handelt, damit ein Design Sprint erfolgreich ist, sollte man auf ein paar Dinge achten.

1. Die richtige Aufgabenstellung

Klar, man kann einfach zu AJ&Smart (oder einer anderen Digitalagentur) gehen und sich die Design-Sprint-Profis ins Haus holen, in der Hoffnung, dass am Ende schon irgendeine Art von neuem Produkt rauskommen wird. Besonders viel erhoffen sollte man sich davon aber nicht, sagt Brittni. “Die produktivsten Design Sprints entstehen, wenn es bereits eine Vorstellung gibt, was man eigentlich erreichen möchte, man aber auf der Suche nach dem richtigen Weg dahin ist.” Das kann zum Beispiel die Idee für ein neues Produkt sein, oder die Erschließung einer bestimmten Zielgruppe. Gleichzeitig sollte es eine gewisse Ungewissheit und Spielraum für Innovation geben, betont Brittni: “Das, was man vorhat, muss sich riskant anfühlen. Die Lösung darf nicht offensichtlich sein. Zum Beispiel gibt es bereits eine Reihe bewährter Ansätze, wie man eine Webseitennavigation aufbauen kann. In diesen Fällen braucht es keinen Design Sprint. Diese Aufgabe kann man einfach einem Produktteam geben, das dann die richtige Lösung erarbeitet.”

2. Design Sprint als Gesamterlebnis

Einer der wichtigsten Punkte für Brittni ist, den ganzen Design Sprint zu einem Erlebnis zu machen. Stichwort: Baristakurs.

Ein Design Sprint ist sehr anstrengend für die Teilnehmer. Trotzdem sollte er sich wie eine Auszeit vom üblichen Workflow anfühlen.

Das beginnt mit den Grundbedürfnissen: Dass für die gesamte Dauer des einwöchigen Sprints Wasser, Kaffee, Tee und Snacks vorhanden sind, versteht sich von selbst. Punkte machen kann man mit der Kür: Für manche Gruppen holt AJ&Smart zum Beispiel einen Chefkoch ins Haus, der die Gruppe am Ende des ersten Tages mit einem Diner belohnt. Nette Details wie bequeme Hausschuhe für jeden Teilnehmer erhöhen den Wohlfühlfaktor.

Aber auch in den Sprintphasen selbst kann man mit Witz und Kreativität viel machen, etwa wenn die Teilnehmer sich mit einer Aufgabe schwer tun. Brittni erklärt das am Beispiel der Crazy-8-Methode, die im Design Thinking oft eingesetzt wird. Zwar kann man hier in kurzer Zeit zu vielen Ideen kommen, aber gerade Leute, die das zum ersten Mal machen, tun sich oft schwer damit, auf Knopfdruck Ideen zu generieren. “Wir haben extra dafür eine Playlist aus Songs von Gnarls Barkley, Beyoncé, Britney Spears und anderen Musikern zusammengestellt, in denen das Wort “Crazy” vorkommt”, sagt Brittni. “Das löst die Anspannung und hilft den Leuten, kreativ zu werden. Außerdem bringt es die Leute zum Lachen. Das ist super wichtig, um sich zu entspannen.”

3. Die richtige Location

Die richtige Location ist natürlich Teil der Gesamterfahrung. Aber weil gerade hier am meisten falsch gemacht wird, betont Brittni die Bedeutung der Ortswahl für den Design Sprint besonders. Ein typischer Anfängerfehler, den gerade traditionelle Unternehmen immer noch machen: Man bleibt im Bürogebäude, mietet “Konferenzraum Sieben” auf der vierten Etage, stellt ein paar Thermoskannen Kaffee und Mettbrötchen bereit; und los geht’s. “Wir waren in genau solchen Räumen”, stöhnt Brittni. Für einen guten Design Sprint ist das Gift, weil er sich dann nach Pflichtveranstaltung im Büro anfühlt. Je weiter die Leute von ihrer gewohnten Arbeitsumgebung weg sind, umso besser, meint Brittni: “Die Teilnehmer müssen sich fokussieren können. Das klappt nicht, wenn sie die ganze Zeit an diese eine E-Mail denken, die sie noch beantworten müssen.”

Wichtige Kriterien für einen guten Raum sind

  • viel Licht,
  • große Fenster, die sich im Idealfall öffnen lassen,
  • eine funktionierende Klimaanlage,
  • die Größe ist der Personenanzahl angemessen, also weder zu eng, noch zu groß.

4. Die richtigen Leute

Was direkt zur richtigen Gruppengröße führt: Sieben bis acht Teilnehmer haben sich als ideale Gruppengröße erwiesen. “Wir haben es schon mit vier gemacht, aber da kann es passieren, dass es zu wenig Input gibt. Alles über acht wird schnell chaotisch”, sagt Brittni. Viel wichtiger als die Größe: Wer sollte dabei sein? Denn das ist ausschlaggebend dafür, ob der Design Sprint auch zum gewünschten Ergebnis führen wird, sagt Brittni: “Eine Sache ist für uns nicht verhandelbar: Der oder die Entscheider*in muss mit im Raum sein. Ansonsten kann man den ganzen Design Sprint vergessen.” Die Gefahr, dass das Ergebnis eines Design Sprints im Nachgang einkassiert wird, aus welchen Gründen auch immer, sei ansonsten zu groß, warnt die Design-Sprint-Expertin.

Die weiteren Teilnehmer ergeben sich in der Regel aus den jeweiligen Anforderungen. Natürlich sollten die Produktdesigner anwesend sein. Darüber hinaus empfiehlt Brittni, Leute mit einzubeziehen, die Kundenkontakt haben, zum Beispiel aus dem Support oder Sales. Auch IT-Mitarbeiter können sehr hilfreich sein, weil sie die technische Umsetzbarkeit einschätzen können.

5. Experimentieren und Ausprobieren

Zwar folgt der Design Sprint einem sehr klaren Ablauf. Aber er lässt genug Freiheiten, neue Dinge auszuprobieren und zu variieren. So entwickelt sich die Methode Design Sprint ständig weiter. Eine Erfahrung, die AJ&Smart gemacht hat: Der einwöchige Design Sprint ist rum, es gibt einen Prototypen, der die ersten User Tests durchlaufen hat, aber wie geht es jetzt weiter? Darum schließt die Agentur mit ihren Kunden gerne einen zweiten “Mini Design Sprint” an, den sie “Iteration Sprint” nennt. Dabei geht es darum, sich auf die in Woche Eins erarbeitete Lösung zu fokussieren, diese weiter auszuarbeiten und in To-Dos zu überführen, die dann priorisiert werden. “Ein Problem vieler Kunden war, die im Design Sprint erarbeiteten Ergebnisse in eine Form zu bringen, die die Designer weiter mit Leben füllen können und von der aus die Entwickler anfangen können, das Produkt zu bauen. Ein Iteration Sprint hilft, die Lücke zwischen Design Sprint und Entwicklung zu verkleinern”, erläutert Brittni.

Auch innerhalb des klassischen Design Sprints kann der Gruppenleiter variieren und zum Beispiel die Intensität der einzelnen Phasen an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Teilnehmer ausrichten. Aber auch hier gibt es No-Gos, warnt Brittni: “Ein typischer Fehler ist, sich zu lange mit dem Prototypen aufzuhalten und darüber das User Testing zu vernachlässigen. Dabei ist der eigentliche Sinn und Zweck eines Design Sprints, dass man sich sofort Feedback von den Usern abholt.”

Design Sprint: Da geht noch was

Die Methode “Design Sprint”, das betont Brittni am Schluss unseres Gesprächs, nimmt erst jetzt richtig Fahrt auf: “Wir haben bis jetzt nur an der Oberfläche dessen gekratzt, was man mit einem Design Sprint in einer Woche erreichen kann.” Sie ist sich sicher: Je mehr Teams mit Design Sprints arbeiten und je mehr Erfahrungen gesammelt werden, desto intensiver und produktiver werden die Sprint-Wochen werden.

Thomas Riedel

Thomas Riedel, Online-Redakteur von deutsche-startups.de und dem neuen Schwestermagazin digitale-leute.de und arbeitet seit 2005 als Journalist. Schon während seinem Volontariat bei einem regionalen Familienmagazin bloggt er über die Tech-Szene und baut den Online-Kalender Nerdhub auf, der deutschlandweit Termine agreggiert. Einen Namen machte er sich als Beobachter der regionalen Tech-Szene in NRW.