#Gastbeitrag
Als Startup nach China? Risiken und Chancen einer Expansion
Der Schritt, als Startup eine Expansion nach China zu starten, ist ein großes Projekt. Wahrscheinlich größer als bei jedem anderen Land der Welt. Damit steht für ein junges Unternehmen viel auf dem Spiel – sowohl was Risiken betrifft, aber definitiv auch hinsichtlich der Chancen, die sich bieten. Was davon am Ende überwiegt, muss jedes Startup für sich und seine Branche individuell ausloten – eine Pauschalempfehlung gibt es dabei nicht. Als Hilfestellung, die richtige Entscheidung für sich zu treffen, stelle ich in diesem Artikel einmal einige wichtige Aspekte vor, die man als Gründer nicht außer Acht lassen sollte.
Chancen
1) Der Markt ist mit 1,4 Milliarden Menschen riesig und China ist auf dem Weg, zur größten Volkswirtschaft der Welt zu werden. Wenn eine Sache Fahrt aufnimmt, dann explodiert sie in einem Ausmaß, das zum Beispiel in Europa niemals möglich wäre. Auf dieses Tempo und die entsprechenden Maßnahmen muss man vorbereitet sein!
2) Dinge lassen sich richtig schnell erledigen. Gerade wenn Hardware-Entwicklung eine Rolle spielt, bekommen chinesische Firmen einen Prototypen innerhalb von Stunden oder Tagen zum Laufen, anstatt Wochen oder Monate.
3) Sowohl die chinesische Bevölkerung als auch die Geschäftswelt sind sehr digital-affin. Man probiert neue Dinge gerne und deutlich ungehemmter aus – es gibt zum Beispiel keinerlei Bedenken beim Thema Datenschutz.
4) Die staatlichen Fördermöglichkeiten sind enorm. Wenn die Führung sich zu etwas comittet, beispielsweise beim Thema Digitalisierung oder KI, werden regulatorische oder finanzielle Beschränkungen in atemberaubender Geschwindigkeit aus der Welt geschafft.
5) Der Abenteuer- und Lernfaktor für den Gründer ist enorm. Selbst wenn das Projekt China-Expansion scheitern sollte, ist der Erfahrungsgewinn groß und kann mit Sicherheit bei späteren Projekten von großem Nutzen sein.
Risiken
1) Die Sprachbarriere ist in China ganz besonders hoch. Das erfordert oft gute Nerven, personelle Unterstützung und macht die Sache nochmal komplizierter, als es durch die weite Entfernung und die kulturellen Unterschiede ohnehin schon ist.
2) Vor allem im B2B-Geschäft dauert es relativ lange und erfordert viel Einsatz, beim Gegenüber Vertrauen aufzubauen. Darauf muss man sich einlassen und darf nicht die Geduld verlieren. Während sich in Deutschland zum Beispiel Marktteilnehmer viel eher vertrauen, ist der Default-Modus in China Misstrauen.
3) Durch die schnell wachsende Wirtschaft sind Entwickler und andere Techniker noch begehrter als in Deutschland, was die Preise in den Startup-Hochburgen wie Shanghai oder Shenzhen in schwindelerregende Höhen treibt. Das richtige Personal zu finden und dann an sich zu binden, ist damit eine enorme Herausforderung.
4) Gründer müssen sich darauf einstellen, dass ein Geschäftsmodell, das sichtbar gut funktioniert, sehr wahrscheinlich in atemberaubender Geschwindigkeit kopiert wird. Da hilft nur eines: noch schneller laufen.
5) China ist gegenüber seinen Bürgern ein paranoider Überwachungsstaat und keine rechtsstaatliche Demokratie. Diesen Fakt muss man hinnehmen. Der Versuch, seine China-Expansion zur politischen Missionierung und Verbreitung westlicher Werte zu nutzen, wird sicher scheitern und das eigene Geschäft einschränken oder sogar unmöglich machen.
6) Die operative Logistik, zum Beispiel das Schreiben einer einfachen Rechnung oder Import-Formalitäten, sollte nicht unterschätzt werden. China stellt Deutschland als vermeintlich besonders bürokratisches Land oft in den Schatten.
Fazit
Wie schon gesagt, muss jedes Startup am Ende für sich abwägen, welche dieser Vor- und Nachteile schwerer wiegen und ob, beziehungsweise zu welchem Zeitpunkt der Schritt nach China der richtige ist.
Unabhängig davon sei abschließend aber noch folgender, vielleicht wichtigster Punkt gesagt: Eine Expansion nach China ergibt nur dann Sinn, wenn das eigene Geschäftsmodell zu Hause bereits wirklich funktioniert. China erfordert über einen gewissen Zeitraum (mindestens 1-2 Jahre) volle Aufmerksamkeit und Kapazitäten des Gründers und lässt kaum Energie für den Heimatmarkt. Wer nach China geht, daheim aber noch nebenher seine Hausaufgaben (nach-)machen muss, wird vermutlich nicht nur in China, sondern gleichzeitig auch noch am heimischen Markt scheitern.
Über den Autor
Patrick Theobald ist Mitgründer von Peakboard. Das Stuttgarter Startup hat derzeit ein Auge auf China geworfen.
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