9 Dinge, die Investoren von “Game of Thrones” lernen können
Ich habe mich ziemlich lange dagegen gewehrt. Und trotzdem bin in den letzten fünf Jahren ein Riesen-Fan von “Game of Thrones” (GoT) geworden. Fantasy ist nicht mein Genre. Daraus kann ich doch nichts lernen! Was soll das mit mir zu tun haben? Das dachte ich anfangs. Aber… ich lag wohl falsch. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich inzwischen sehr in “Game of Thrones” reingesteigert habe. Sehr!
Jetzt lief die allerletzte Episode. Das Finale und auch die ganze letzte Staffel dieser doch so intelligenten Serie, wie ich sie immer zu verteidigen pflegte, war mir leider zu flach. Das Gefühl danach war eher Frustration als Zufriedenheit. Oder doch nicht? Wie kann ich diese Ära meines Lebens – das mit dem Reinsteigern habe ich ernst gemeint – abschließen und mein persönliches GoT-Ende positiv gestalten?
Es gab schon einige Artikel darüber, welche Gründertypen sich in den einzelnen Charakteren finden lassen. Aber was ist mit Investorinnen? Was hat mir, einer professionellen Start-up-Investorin, die letzte Folge beigebracht? Ziemlich viel. Hier sind meine neun VC-Lehren aus dem Finale von “Game of Thrones”.
1. Storytelling
Trotz des ganzen Dramas um Dany und Jon, der wahre Held der letzten Episode war für mich Tyrion. In einem vor allem für ihn aussichtslosen Moment hält er eine Rede über das Storytelling und liefert damit gleich das beste Exempel dafür. Mit richtigen Worten und mit Passion schafft er es, eine gemeinsame Vision für alle zu formulieren – und zwar dann, als man kaum noch davon ausgehen konnte. Seine Kernaussage ist, dass Geschichten Menschen zusammenbringen und nichts anderes.
“What unites people? Armies? Gold? Flags? Stories. There’s nothing in the world more powerful than a good story. Nothing can stop it. No enemy can defeat it. And who has a better story than Bran the Broken? The boy who fell from a high tower and lived.” – Tyrion
Ich gebe Tyrion Recht! Vito ONE ist ein Early Stage Venture Capital Fonds, das heißt ich treffe die Entscheidung, in ein junges Unternehmen zu investieren oder nicht, immer bei hoher Unsicherheit und fehlender Informationen. In der Phase investieren wir vor allem in Gründerteams, also in Menschen und ihre Vision. Kein Wunder, dass es genau die Gründer am Ende mit dem Pitch erfolgreich sind, die ihre Geschichte, ihre Story besonders gut erzählen können. Diese Gründer schaffen das dann oft nicht nur mir, sondern auch ihren Kunden und Mitarbeiter und weiteren Investoren gegenüber, sie zu überzeugen. Ich würde daher jedem Gründer raten, immer darauf zu achten, eine gute Geschichte zu erzählen.
2. Choice
Dany sagt zu Jon, dass “die anderen keine Wahl haben”. Dieser Satz führt zu ihrem Tod.
Die Wahl spielt in unserer Gesellschaft eine große Rolle, auch für mich als Investor. Idealerweise mit geringeren Konsequenzen als bei GoT. Dennoch es ist wichtig zu wissen, dass wir als VC strikte Vorgaben haben, in welche Start-ups wir investieren dürfen. Es kann der Phasenfokus, der Branchenfokus, der Länderfokus sein. Das wichtigste aber bei sogenannten VC Case ist die Skalierbarkeit und das Potential innerhalb der nächsten 7-10 Jahren ein sehr starkes Wachstum vorzuweisen. Es gibt viele spannende Geschäftsmodelle, die ich gern unterstützen würde, die aber keine VC Themen sind. Als Start-up sollte man sich daher im Klaren sein, was für ein Ziel genau man hat und ob dieses Ziel mit einer VC-Finanzierung im Einklang steht. Zudem erhöhen sich die Chancen, wenn man relevante Investoren anspricht, die die Wahl haben, in die jeweilige Phase, Branche oder Land zu investieren.
3. “Yes, all men must die,” Daenerys to Missandei. “But we are not men”.
Obwohl GoT grausam und blutig ist, ist die Serie eine Ode an Frauen und ihre Fähigkeiten. Wenn wir uns in der Pilotepisode lauter brüllende und vor eigener Macht geilen Männern begegnen, sitzen in der finalen Folge viele Frauen mit führenden Positionen im Oberrat. Ich habe ernsthaft Gänsehaut in der allerletzten Film-Sequenz über die Stark-Kinder bekommen, aber auf keinen Fall wegen Jon, sondern ganz klar wegen Sansa und Arya.
Leider sehen wir unter den Investoren (und Gründern und überhaupt in Führungspositionen) immer noch zu wenige Frauen. Ich frage mich oft, wie sehr es daran liegt, dass wir sie übersehen. Oder gibt es sie wirklich nicht? Rhetorische Frage!!! Ich hoffe, dass “Game of Thrones” sowohl mehr Frauen inspiriert, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, als auch Männer offener für starke Frauen macht.
4. “You know nothing, Jon Snow” vs. “Knowledge is power”
Im Prinzip sind beide Aussagen wahr und sie verstärken sich gegenseitig. Der fast schon ikonische Spruch von Igritte zu Jon oder der von Petyr Baelish gegenüber Cercei, ihre Botschaften bleiben allgegenwärtig in der Serie. In der letzten Folge sehen wir die Ergebnisse. Vor allem Sansa nutzt eine Information, um Macht zu erlangen.
Als Investor hat man oft das Privileg etwas früher zu erfahren und mehr zu wissen als andere. Unser Beruf besteht aus einem ständigen Austausch von Informationen und oft fällt uns das nicht mal auf. Aber auch wir dürfen nie davon ausgehen, dass wir alles wissen! Neugier, Offenheit für Neues und ständiges Lernen sind Kernfähigkeiten für meinen Beruf.
5. “The world will always need a home for bastards and broken men.”
Auch in der 8. Staffel Tyrion klopfte weiterhin gerne Sprüche. Dieses Jahr habe ich aufgehört nachzudenken, ob sie etwas zu bedeuten haben. Im Finale wird Jon mit der Ansage, dass die Welt immer einen Ort für Bastards und kaputte Menschen brauchen wird, an die Mauer zurück geschickt. Ich finde diese Jon-goes-back-to-the-Wall Storyline übrigens albern.
Inklusion ist dennoch etwas, was in der VC-Welt grundsätzlich fehlt. Und das sage ich nicht nur als ein lebender Minoritäten-Cocktail (Frau-Gründerin-VC Investor-Ausländerin). Wir reden oft viel darüber, wie wichtig uns Inklusion ist, aber wirklich darauf zu achten, ist leider kein Teil unserer DNA. Dabei brauchen wir all die Imps, Bastards and Broken Men, also Menschen, die anders, komisch oder / und schon mal gescheitert sind.
Bei GoT haben auch die gescheiterten komischen Nordmännern (die Starks) das Rennen gewonnen. (Hatte ich erwähnt, dass ich ein Stark-Fan bin?).
6. “Once you’ve accepted your flaws,” says Tyrion in second season, “no one can use them against you.”
Der Spruch ist die Verlängerung der fünften Lehre. Wenn Du eine Minderheit bist – in der Welt der Investoren, Gründer oder in jeder anderen Welt: Embrace it and get stronger! Am Ende bist Du plötzlich die Königin des Nordens.
7. You are what your team is
Als Investor oder Start-up sollten wir die besten Experten ihrer jeweiligen Fachgebiete um uns scharen. Sind sie fort (oder hören wir nicht auf sie) passiert so etwas wie in den letzten Folgen von GoT. RIP Varys, Jorah, Missandei, Raeghal.
8. When do you kill your Queen?
Für mich als VC ist jedes Start-up-Investment eine potentielle Queen. Doch wann ist der Moment, wenn der Thronsaal in Trümmern liegt und die Königin zu einer Irren mutiert? Wann muss man einsehen, dass die Vision nicht erreicht werden kann – auch nicht mit mehr Zeit und Effort?
Ähnlich wie Jon gegenüber Dany bleibt man nach dem ersten Investment loyal, verbindlich und manchmal auch blind. Es bedarf sehr viel Stärke, sich von einem Portfolio-Unternehmen zu trennen bzw. loszulassen. Ehrlich gesagt, ist es oft mindestens genauso schmerzhaft wie die Story auf dem Screen.
9. “A Song of Ice and Fire”
Verständlicherweise (oder auch nicht) wird gegen Ende der letzten Episode das Buch über die ganzen acht Staffel von Sam Tarly auf den Tisch geknallt. Egal, ob mit Tyrion oder ohne, oder ob es nur eine kleine Ode an George R.R. Martin gemeint ist: Lesen und Lernen. That’s the key! Es bringt Wissen und Wissen ist Macht (und Erfolg). Vor allem als Investor.
Zur Autorin
Daria Saharova ist Partner beim Münchner Kapitalgeber Vito One und Co-Initiatorin der Digital-Community 1e9 ist.
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