Von Sümeyye Algan
Freitag, 26. April 2019

“Startups sollten einen besseren Ruf als Arbeitgeber bekommen”

"Insgesamt herrscht hier ein sehr offenes Klima, das nicht mehr nur der Not zum Wandel entspringt, sondern auch stark von dem Anspruch geprägt ist, Dortmund und das Ruhrgebiet als Metropolregion wieder attraktiv zu machen", sagt Alexander Schüle von Couponplatz.

Sparen, sparen, sparen. Wenn es eine Sache gibt, die wir Deutschen gut können, dann ist es genau das. Und genau hier wollen die Gründer Alexander Schüle und Christoph Thye von Couponplatz.de Kunden bei ihren täglichen Einkäufen unterstützen. Mehr als 50 großen Handelsketten kooperieren bereits mit dem Dortmunder Startup, das 2017 gegründet wurde. Wir haben mit Gründer Schüle über den Standort Ruhrgebiet gesprochen.

Reden wir über Dortmund. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Dortmund als Startup-Standort
Einiges. Zum einen bietet Nordrhein-Westfalen mit einer ambitionierten Digitalstandortpolitik und Initiativen wie „Digitale Wirtschaft NRW“ ein sehr innovations- und gründungsfreundliches Umfeld. Dann ist das Bundesland traditionell die Heimat großer Markenartikler bzw. Konsumgüterhersteller wie Henkel und Dr. Oetker und Handelskonzerne wie der REWE Group, Metro oder Aldi, die unsere direkten Zielgruppen sind. Generell tut sich sehr viel im Ruhrgebiet, gerade auch in Sachen Vernetzung von Hochschulen und Industrie. Darüber hinaus war unsere Standortwahl natürlich auch ein wenig historisch bedingt: couponplatz.de ist ein Spin-Off der acardo group, eines der beiden großen Coupon-Clearing-Häuser im deutschen Markt. Da lag es nahe, auch für couponplatz.de Dortmund als Standort zu wählen, um gerade zum Start und in der ersten Wachstumsphase Synergien optimal nutzen zu können.

Was genau macht den Reiz der Startup-Szene in Dortmund aus?
Dortmund, wie überhaupt das gesamte Ruhrgebiet, unterliegt seit längerem einem tiefgreifenden Strukturwandel. Das Wegbrechen alter Industrien und der Zwang zu Veränderungen haben Innovation, Unternehmensgründungen und die Entwicklung neuer Branchen natürlich sehr befördert. Insgesamt herrscht hier ein sehr offenes, kreatives Klima, das längst nicht mehr nur der Not zum Wandel entspringt, sondern inzwischen auch stark von dem Anspruch geprägt ist, Dortmund und das Ruhrgebiet als Metropolregion und auch als Wirtschaftsstandort wieder attraktiv und relevant zu machen. Das gilt insbesondere für den Bereich Digitalisierung. Mit der Wirtschaftsförderung Dortmund, deren Fokus auf der Förderung technologischer und insbesondere digitaler Innovationen liegt, haben die jungen Unternehmen die entsprechend starke Unterstützung.

Was ist denn in Dortmund einfacher als im Rest der Republik?
So generell ist das schwer zu sagen, weil uns da die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Aber, dass Dortmund zum Beispiel für seine Digitalisierungsstrategie als „Digitalste Stadt“ ausgezeichnet wurde, hat sicher auch positive Abstrahlungseffekte auf Startups aus Dortmund. In den letzten zwei Jahrzehnten ist es hier in Dortmund gelungen, zahlreiche Startups zu entwickeln, die heute starker westfälischer Mittelstand sind – die acardo group ist das beste Beispiel dafür. Vielleicht war es dabei auch von Vorteil, dass kein Einhorn dabei war, dass alle anderen überstrahlt hat. So ist eine gesunde Breite an digitalen Unternehmen entstanden, die allesamt zum Erfolg der Digitalisierungsoffensive beitragen. Und dann hat Dortmund eine der größten Informatikfakultäten in Deutschland. Es ist zwar trotzdem nicht leicht geeignete IT-Fachleute zu bekommen aber vermutlich noch besser als an anderen Standorten. Das merkt man auch daran, dass andere Tech-Firmen Zweigniederlassungen in Dortmund betreiben.

Was fehlt in Dortmund bzw. im Ruhrgebiet noch?
Ich glaube, ein bisschen mehr Vernetzung und ein engerer Austausch mit anderen Startup-Regionen in Deutschland wie Berlin und München, aber auch auf europäischer Ebene würde uns sicher gut tun. Eine starke, eigenständige und unabhängige deutsche bzw. europäische Digitalwirtschaft kann nur entstehen, wenn wir nicht zu kleinteilig denken und die Startup-Hubs sich zusammentun.

Zum Schluss hast Du hast drei Wünsche frei: Was wünscht Du Dir für den Startup-Standort Dortmund?
Ich habe eigentlich nur zwei. Erstens: Dass der digitale Wandel in der Stadt und auf Landesebene weiter nachhaltig verfolgt und getrieben wird – das ist als Umfeldfaktor wichtig für die Startup-Szene hier in Dortmund. Und zweitens: Dass Startups einen besseren Ruf als Arbeitgeber bekommen. In vielen Bereichen herrscht Fachkräftemangel, der sich gerade in starken Wachstumsphasen fatal auswirken kann. Hier würde ich mir manchmal einfach noch mehr Mut – auch bei älteren Arbeitnehmern – wünschen, den Schritt in die Digitalbranche und junge Wachstumsunternehmen zu wagen.