#Gastbeitrag
Das sind die häufigsten Deal Breaker
In meiner langjährigen Startup-Beratung haben sich einige Punkte herauskristallisiert, die für professionelle Investoren oftmals entscheidungsrelevant sind und die ich daher als (potenzielle) Deal Breaker bezeichne. Im schlimmsten Fall kann einer dieser Punkte ausreichen, damit sich der Investor gegen eine Finanzierung eines Startups entscheidet. Werden mehrere dieser Punkte erfüllt, wird es für Startups bei allen professionellen Investoren sehr schwer werden, eine Finanzierung zu erhalten.
Sollten bei Ihnen (potenzielle) Deal Breaker vorliegen, sollten Sie versuchen, diese zu beseitigen. Ist dies derzeit (noch) nicht möglich, sollten Sie zumindest Lösungsansätze und Argumentationsketten erarbeiten, wie Sie mit diesen potentiellen Deal Breaker umgehen, bevor Sie einen professionellen Investor ansprechen.
Diese Deal Breaker sind für institutionelle Investoren wie Fonds und Venture Captials noch wichtiger als für Business Angels. Investoren sind jedoch keine gleich handelnde homogene Gruppe. Daher können die aufgeführten Punkte von Investoren unterschiedlich stark gewichtet werden oder gegebenenfalls für einige Investoren gar keine Deal Breaker darstellen.
Nachfolgend finden Sie eine Checkliste potenzieller Deal Breaker. Bei allen genannten Punkten handelt es sich um Gründe, die mir in meiner Beratungspraxis tatsächlich begegnet sind und dafür ausschlaggebend waren, dass ein Investor Abstand von einem Investment genommen hat.
TEAM:
* Die Chemie im Startup-Team stimmt nicht oder es gibt bereits Streit im Team.
* Schlüsselmitarbeiter verlassen das Unternehmen im Finanzierungsprozess.
* Einer der für die Geschäftsentwicklung benötigten Gründer hält keinen fairen Geschäftsanteil am Startup.
* Schlüsselpersonen sind nicht ausreichend durch Geschäftsanteile, virtuelle Anteile oder Gehalt inzentiviert.
* Das Startup besteht entweder aus nur einem Gründer oder aus sehr vielen Gründern. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, hat dazu gesagt: „If you can’t feed a team with two pizzas, it’s too large.”
* Unqualifizierte Freunde oder Familienangehörige besetzen Managementpositionen des Startups.
* Familienangehörige oder Freunde haben Geschäftsanteile am Startup ohne durch Geld oder Zeit zum Erfolg des Startups beizutragen.
* Die Gründer wollen nicht ins Unternehmen wechseln, sondern „es nebenbei machen“. Dies kann teilweise sinnvoll sein (z. B. ein Doktorvater eines Gründers), aber nicht für alle Gründer.
* Es besteht eine räumliche Trennung der Schlüsselpersonen des Startup-Teams nach der Anfangsphase und keine Bereitschaft der Gründer, dies zu ändern.
* Kein Mitglied des Kernteams präsentiert die Gründungsidee/das Startup vor den Investoren.
* Zwei der Gründer sind ein Paar.
* Das Kernteam geht umfangreichen Nebentätigkeiten nach.
* Das Kernteam hält Beteiligungen an Wettbewerbern oder Konkurrenten.
* Die Gründer wollen Gründer sein, weil das gerade angesagter ist, als in einer Beratung zu arbeiten und brennen nicht für das eigene Produkt/Geschäftsmodell/Dienstleistung.
* Anstellung von persönlichen Assistenzen in der Anfangsphase, z. B. vor der Serie-A- Finanzierung.
* Ein Rechtsanwalt ist Gesellschafter eines Startups, obwohl das Startup kein Produkt im Feld der Rechtsberatung anbietet.
* Das Management wird sehr hoch vergütet.
* Starkes Übertreiben bei der Darstellung vorhandener Erfahrungen oder eine arrogante Einstellung des Gründerteams.
* Die Gründer benötigen häufig mehr als 48 Stunden, um dem Investor per E-Mail zu antworten.
* Kommunikation über Assistenz und komplizierte Terminfindung
* Dead-Equity-Anteile im Startup sind größer als 10 %.
* Zu viele Investoren sind mit sehr geringen Anteilen am Startup beteiligt.
* Viele Gesellschafter sind mit sehr geringen Geschäftsanteilen beteiligt, die nicht gepoolt sind.
* Ein Software-Startup hat keinen Softwareentwickler im Gründerteam.
* Die Gründer haben schon mehr als fünf Preise bei Pitch-Wettbewerben gewonnen. (Die Fokussierung auf die Weiterentwicklung des Produkts und der Geschäftsidee wird hierdurch gegebenenfalls in Frage gestellt.)
* Startup-untypische Rechte/Vergünstigungen, z. B. Dienstwagen in der Anfangsphase, Rentenansprüche, sehr hohe Reisekosten (weil Business oder First Class geflogen wird).
* Es sind keine Mentoren oder Supporter etc. vorhanden.
* Die Gründer haben zu früh zu viele Anteile zu einer zu geringen Bewertung abgegeben.
* Einem Inkubator oder Company Builder gehören zu viele Geschäftsanteile.
PRODUKT:
* Es ist noch kein minimum viable product (MVP) vorhanden.
* Es ist kein Kunden-Feedback vorhanden (es ist schwierig, ein gutes Produkt ohne Kunden-Feedback zu entwickeln).
* Es ist kein Alleinstellungsmerkmal vorhanden.
* Der Fokus des Pitch-Decks liegt ausschließlich auf dem Produkt und lässt andere Aspekte weitgehend unberücksichtigt.
* Business-to-Consumer-Produkte mit weniger als 25 Prozent Marge und keinem Konzept, die Marge zu erhöhen.
FINANZIERUNG:
* Die Gründer haben nicht ernsthaft in das Startup investiert, obwohl sie es könnten.
* Obwohl wesentliche Probleme identifiziert wurden, wurden diese weder vor dem Start des Fundraising geklärt noch Lösungsansätze erarbeitet.
* Es bestehen keine Kenntnisse über die eigenen Key Performance Indicators (KPIs, Kennzahlen für die operative und strategische Ausrichtung und Steuerung des Startups).
* Das Investment soll nicht für die Geschäftsentwicklung, sondern (auch) für viele Altlasten genutzt werden, z. B. aufgelaufener Lohnverzicht, gestundete Geschäftsführervergütung, Gesellschafter- oder Bankdarlehen und gestundete Zinsen.
* Die Gründer haben sich vor dem ersten Treffen nicht ausreichend über den Investor informiert. Grundsätzlich sollten das Portfolio, die Strategie und der Industriefokus des Investors bekannt sein.
* Die Finanzierung/Liquidität des Startups reicht nur noch für weniger als zwei Monate oder es liegt bereits eine Überschuldung vor.
* Die im Investorentermin gezeigten Unterlagen werden auf Anforderung nicht digital zur Verfügung gestellt.
* Nach dem ersten Meeting mit den Investoren werden die finanziellen Kennzahlen nicht zur Verfügung gestellt.
* Investoren, die bereits in das Startup investiert haben, gehen bei einer weiteren Finanzierungsrunde ohne wirklich überzeugenden Grund nicht mit.
* Die Bewertung des eigenen Unternehmens ist unrealistisch.
* Hohe Burn Rates/monatliche Ausgaben können nicht sinnvoll begründet werden.
* Die Nennung „mutiger“, aber noch begründbarer Zahlen hinsichtlich prognostizierte Wachstumsraten und Marktanteile wird meist von Investoren akzeptiert, wenn die Zahlen bei einem deutschen Unternehmen innerhalb von 5 Jahren zu einem Milliardenumsatz per anno führen, sollte man sich dies aber gut überlegen.
MARKT:
* Es sind keine Marktzahlen vorhanden
* Der Fokus liegt auf zu kleinen Märkten und es fehlt zudem die Kompetenz größere Märkte zu erschließen (z. B. fehlende englische Sprachkenntnisse).
* Das Startup behauptet, keine Wettbewerber zu haben.
* Es ist nur ein einziger Zulieferer vorhanden und es können keine weiteren identifiziert werden.
* Es werden Kunden oder Kooperationspartner in den Unterlagen angegeben, obwohl zu ihnen in Wirklichkeit keine Beziehung besteht.
* Es gibt Wettbewerber, die mit sehr hohen Investments ausgestattet sind.
* Nahezu der gesamte Umsatz wird mit einem Kunden gemacht.
* Das Startup hat kein Vertriebskonzept.
* Die Gründer kennen den Fachjargon der fokussierten Branche/Märkte/Industrie nicht.
* Das Wachstum beziehungsweise die Userzahlen stagnieren.
* Der erzielbare Exit ist zu klein.
* Es ist kein starkes Verständnis der eigenen Businessstrategie vorhanden.
* Es ist kein nachvollziehbarer Marketingplan vorhanden. (Wofür steht die Marke/das Startup?).
RECHT
* Das Startup ist nicht als Kapitalgesellschaft organisiert.
* In der Due Diligence Prüfung tauchen (bewusst) verschwiegene Probleme auf.
* Das Startup besteht auf die Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung bevor ein Pitch-Deck an den Investor geschickt wird.
* Das Geschäftsmodell/die Produkte sind nicht durch Schutzrechte geschützt.
* Das Produkt ist nicht frei von Schutzrechten Dritter.
* Die Geschäftsidee berücksichtigt nicht existierende Gesetze, z. B. das Datenschutzrecht.
* Das Startup wird steuerlich nicht beraten.
* Open-Source-Software ist unter einer unpassenden Lizenz in der Software des Startups enthalten.
* Es bestehen ungeklärte Eigentumsrechte am geistigen Eigentum des Startups.
* Es gibt laufende oder angedrohte Gerichtsverfahren über wichtiges geistiges Eigentum, das vom Startup verwendet wird/des Startups.
Zum Autor
Jan Schnedler ist Autor des Buches Startup-Recht. Rechtsanwalt Schnedler liefert in seinem Werk nicht nur einen umfassenden Überblick in Sachen juristischen Aspekte rund um Startups aller Art, nein, er schriebt dies alles auch noch in lesbarer Form zusammen. Nach der Lektüre sollten Gründer in der Lage sein, informiert Entscheidungen zu treffen, Fehler zu vermeiden oder zumindest zu korrigieren. Die Bandbreite reicht dabei von Gesellschaftsformen über Logofindung bis zum Thema Investoren-Verträge.
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