Pricing für Startups: Wie findet man den richtigen Verkaufspreis?
Der Prototyp ist fertig, die ersten Interessenten für das innovative Produkt sind gefunden und man steht kurz vor der ersten Preiskalkulation. Wie aber setzt man einen beiderseitig fairen Preis für ein neuartiges Produkt an, wo man auf den ersten Blick keine vergleichbaren Produkte hat?
Wieso ist Pricing im Startup so wichtig?
Zunächst müssen wir uns bewusst machen, dass der Preis nicht bloß ein Instrument ist, um die eigenen Kosten zu decken und eventuell einen kleinen Gewinn zu realisieren. Ein Preis ist vielmehr auch ein Wertversprechen gegenüber dem Kunden. Lösen wir zum Beispiel ein wirklich schwerwiegendes Problem für unseren Kunden und sparen ihm dadurch sogar noch Kosten, können wir auch einen dementsprechend hohen Preis ansetzen. Der Preis sollte dem Wert des Produktes entsprechen.
Kalkulieren wir mit den Kosten unseres Startups statt mit dem Wert der Problemlösung wird unser Preis unter Umständen zu niedrig angesetzt sein. In diesem Fall gibt es seitens unseres Kunden eigentlich nur zwei mögliche Szenarien:
- Er erkennt den Wert unseres Produktes und macht ein Schnäppchen.
- Er sieht unseren Preis als das Wertversprechen und hält das Produkt für unzureichend.
Tatsächlich ist aus meiner Erfahrung im B2B-Geschäft das zweite Szenario deutlich wahrscheinlicher. Das bedeutet: Selbst, wenn ein Start-Up sich unter Wert verkaufen möchte, wird der Kunde nicht kaufen, weil der Preis im Vergleich zur Problemlösung einfach zu niedrig ist. An dieser Stelle wird mir dann oft die Frage gestellt, warum die Verkaufszahlen nicht stimmen und ob man mit dem Preis noch weiter runtergehen sollte. Es ist nicht verwunderlich, dass viele Gründer nach einer handfesten Hilfestellung im Bereich „Pricing“ suchen, wenn doch die Grundannahme falsch ist.
Merke: Der Preis ist ein Wertversprechen und kein Instrument, um nur die Kosten zu decken.
Doch Vorsicht: Ein hoher Preis muss auch einen dementsprechend hohen Wert liefern.
Wie findet man den richtigen Verkaufspreis?
Auch wenn es im ersten Augenblick so scheint, als wenn es keine vergleichbaren Lösungen für das Problem gibt, welches man löst, so ist dies in 99% der Fälle ein Trugschluss. Der Segway, zum Beispiel, war vor einigen Jahren eine komplette Neuheit, dennoch hat er „nur“ das Mobilitätsproblem der Menschen auf eine andere Art und Weise gelöst, als es das Auto getan hat. Also selbst wenn unser Produkt vollkommen neu ist, schauen wir nach anderen Produkten, die das Gleiche oder ein sehr ähnliches Problem lösen. Hierbei empfehlen sich verschiedene Marktforschungsdienstleister, oder die eigene Preisforschung in anderen Ländern.
Das Wichtigste ist, dass wir Ihre kostenorientierte Preiskalkulation nicht als einzige Grundlage für unsere Preisbildung nutzen. Vor allem in Start-Ups sind die Kosten oft vergleichsweise lächerlich gering und wie bereits gesagt: Der Preis ist auch ein Wertversprechen. Kalkuliert man also mit den geringen Kosten eines Start-Ups erhält man auch einen geringen Preis, der wiederum einen geringen Wert verspricht. Unabhängig davon, ob das eigene Produkt faktisch sehr wohl einen großen Wert stiftet.
Ich empfehle für die Preisbildung in Startups eine leistungsorientierte Kalkulation. Im ersten Schritt muss man sich bewusst werden wie groß das Problem ist, welches man für seinen Kunden beseitigt. Löst man ein Problem, welches dem Kunden jährlich 20.000€ spart, kann man ohne Probleme einen fünfstelligen Betrag für das Produkt verlangen. So bekommt man einen ersten Anhaltspunkt für die Preisbildung.
Im zweiten Schritt vergleicht man diesen Preis mit äquivalenten Produkten und ordnet die eigene Lösung realistisch und leistungsorientiert in die Auflistung der Lösungsalternativen ein. So wird der Preis konkretisiert. Bei allen Schritten sollte man die eigenen Kosten dennoch im Auge behalten. Der Preis ist zwar kein Instrument, um nur die Kosten zu decken, jedoch muss er auch die Kosten decken.
Im dritten Schritt legt man sich eine Verhandlungstoleranz zurecht. Viele Start-Ups bieten ihre Produkte direkt beim Kunden an und haben keinen ausgeschriebenen Festpreis. Diese Chance sollte man nutzen, indem man einen Best-Price und einen Mindestpreis festlegt. Der Best-Price ist der nach Recherche höchstmögliche Absatzpreis, diesen setzt man in der Preisverhandlung als Anker. Steht der Best-Price erstmal im Raum, liegt es an dem eigenen Verhandlungsgeschick wie nah man an dem Best-Price bleibt. Der Mindestpreis stellt für das Start-Up lediglich die Information dar, dass man über diesem Wert bleiben muss.
Tipp: Aus den ersten Preisverhandlungen kann man einiges lernen. Wird das Produkt zum Beispiel zum Best-Price gekauft, liegt das nicht an dem eigenen Verhandlungsgeschick, sondern daran, dass der Preis lediglich zu niedrig war. Im Endeffekt entscheidet immer der Markt welchen Wert das Produkt hat – und dementsprechend auch welchen Preis. Sollte der Best-Price für das eigene Empfinden schon sehr hoch erscheinen, die Kunden kaufen jedoch ohne zu zögern, ist der Preis noch zu niedrig, weil der Wert des Produktes so hoch ist.
„Wer sich nicht nach dem Markt richtet, wird vom Markt bestraft.“ – Wilhelm Röpke
Zur Person
Lukas Ellmann baut seit Juli 2018 seine eigene Unternehmensberatung Ellmann Consulting auf. Die Beratung ist spezialisiert auf technologie-orientierte Start-Ups und die deutsche Metallverarbeitung. Ellmann hat seinen Bachelor of Science im Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Elektrische Energietechnik im Jahr 2018 von der RWTH Aachen erhalten und ist derzeit im konsekutiven Master-Studiengang. Aachen bietet mit seiner technischen Universität und diversen Programmen zur Unterstützung von Start-Ups einen sehr guten Standort.
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