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von Floerke-Fiasko: Dieses Drama kennt nur Verlierer

Das Drama um das Bonner Startup von Floerke nimmt kein Ende. Immer weitere Zahlen, Daten und Fakten werfen ein schlechtes Licht auf das Unternehmen und seine Macher. Was bisher nicht bekannt war: Christian Heitmeyer wollte Investor Frank Thelen und Co. bereits im Sommer bei von Floerke rauskaufen.
von Floerke-Fiasko: Dieses Drama kennt nur Verlierer
Dienstag, 18. Dezember 2018VonAlexander Hüsing

Die zuletzt dramatische Geschichte des Bonner Startups von Floerke beginnt 2015 ganz undramatisch mit dem Auftritt von Gründer David Schirrmacher in der Vox-Show “Die Höhle der Löwen”. Die Löwen Frank Thelen, Judith Williams und Vural Öger sagten in der Show zu, 100.000 Euro das Accessoire-Startup (Fliegen, Krawatten und Einstecktücher) zu investieren. Nach der Show konnten sich Gründer Schirrmacher und die drei Löwen sogar noch auf einen höheren Deal von insgesamt 180.000 Euro einigen.

Kurze Zeit später stiegen Öger und Williams, die den Ausstieg einen Good-Will-Exit nannte, dann aber bei von Floerke wieder aus und Claudio Consul, ehemaliger Geschäftsführer und aktiver Gesellschafter der Textil -und Hosenmarke Vanilia, sowie Niclaus Mewes, Gründer von myTaxi, ein. Bis zu einem gewissen Punkt muss die Welt bei von Floerke, das im November 2014 an den Start ging, somit in Ordnung gewesen sein. Zumindest aber muss die Vision, wo die Reise hingehen soll, gestimmt haben. Sonst wären die genannten Investoren 2016 sehr wahrscheinlich nicht bei von Floerke eingestiegen. Zumal damals eine weitere sechsstellige Summe in die Jungfirma geflossen sein soll.

Das Investment in von Floerke war aber von Anfang an kein Selbstläufer – wie selbst Thelen schon kund tat. Bereits im Sommer 2016 berichtete Löwe Thelen von einem “sehr herausfordernden Start”. Aber David sei ein so guter Unternehmer und lebe diese Marke so unvorstellbar intensiv, dass er es doch geschafft habe. “Wir haben ein unglaubliches Wachstum im Online-Geschäft und planen dieses Jahr 4 Millionen Euro Umsatz mit einem sehr hohen Gewinn”.

Wie aber jeder nun nachlesen kann, war das von Floerke-Team 2016 meilenweit weg von diesen Zahlen. “Von Floerke wird von der Schirrmacher Mode GmbH betrieben, deren Umsätze sich im Jahr 2016 auf 876.478,34 € beliefen. Der Ertrag war negativ. Der Verlust betrug laut BWA -67.236,85 €”, heißt es bei im Blog Wortfilter, das gerade mehrere betriebswirtschaftliche Auswertungen des jungen Unternehmens veröffentlicht hat.

Auch auf der Crownledindingplattform kapilendo, über die von Floerke im Sommer 2017 stattliche 1,2 Millionen eingesammelt hat, sehen die Zahlen des Startups für das Jahr 2016 nicht prickelnd aus. Für 2016 ist dort ein ein Innenumsatz von nicht einmal 1 Million Euro, ganz genau sind es 961.064 Euro, hinterlegt. Aus dem Umfeld des Unternehmens ist zu hören, dass das von Floerke-Team damals nicht die Qualität liefern konnte, die potenzielle Großabnehmer wie Kaufhof und Co. haben wollten.

Vor diesem Hintergrund wirkt eine Passage in einem Artikel von Business Insider ziemlich skurril. Im November 2016 heißt es im Artikel “Dieses DHDL-Startup will zum Überflieger werden“: “Von einem Monatsumsatz von 5.000 Euro im Jahr 2015 hat sich das Startup nach eigenen Angaben auf 400.000 Euro Umsatz im Monat hochgearbeitet”. Schirrmacher lässt sich dann wie folgt zitieren: “Wir sind aufs ganze Jahr profitabel und schreiben schon seit einem Quartal schwarze Zahlen”.

Schwarze Zahlen schrieb von Floerke tatsächlich – im Juni dieses Jahres. Die passende Einordnung dazu liefert das Handelsblatt: “Lange Zeit begeisterte Von Floerke Kunden und Investoren. Das Modesortiment wurde ständig erweitert, neue Lieferanten im asiatischen Markt ermöglichten kürzere Lieferzeiten. Noch Mitte dieses Jahres wurden erste Boutiquen in deutschen Großstädten wie Düsseldorf oder Köln eröffnet, und Schirrmacher plante bereits ein Franchisesystem. Der Lohn: Die Umsatzerlöse wuchsen rapide”. Das Fazit des Berichts: Floerke sei gerade auf dem Weg gewesen, rentabel zu werden. Der Umsatz stieg demnach im Juni 2018 auf 323.000 Euro. “Sogar ein Gewinn von 42.000 Euro konnte ausgewiesen werden”.

Im Jahr zuvor, also 2017, sah es dagegen nicht so rosig aus bei von Floerke. Der Umsatz lag laut Wortfilter-Bericht im vergangenen Jahr jenseits der Millionengrenze: “Der Umsatz konnte zwar auf 1.156.092 € gesteigert werden, aber das negative Ergebnis wuchs auf -911.236,85 €. Ursächlich hierfür waren gestiegene Personalkosten (439.235,99 €; 241.390,41 €), Raumkosten (124.623,10€ ; 56.252,04 €), Werbe- & Reisekosten (387.923,44 €, 113.496,74 €) und sonstige Kosten (368.977,23 €, 144.913,98 €). Die Kosten stiegen also überproportional zum Umsatz”.

Was nicht zu dieser Zahlenreihe passt sind die Zahlen bei kapilendo. von Floerke-Macher Schirrmacher plante im Zuge der Kreditaufnahme 2017 einen Innenumsatz in Höhe von rund 3,6 Millionen. Den Gesamt-Außenumsatz für das erste Halbjahr 2017 gab das Unternehmen dabei mit 3,2 Millionen an, den Innenumsatz mit rund 1,3 Millionen. Im Erklärtext der Kampagne heißt es zu den Zielen: “Dank der nun folgenden Kooperationen mit bekannten Modehäusern wie Galeria Kaufhof, SinnLeffers oder Breuninger werden die Produkte im richtigen Markenumfeld stilvoll präsentiert. Auch bei Online-Händlern wie Amazon und Zalando werden die Produkte erfolgreich vertrieben. Aber auch der eigene Online-Shop sowie neue Ladenflächen führen 2017 zu einem prognostizierten Innenumsatz von über 3,5 Millionen Euro”.

Wie aber bereits oben erwähnt, schaffte das Unternehmen 2017 aber gerade einmal 1,2 Millionen Euro Umsatz. Kapilendo verweigert jede Stellungnahme zum Zahlendesaster rund um von Floerke. Und dies ist die freundliche Sichtweise auf diese Zahlen! Bei Wortfilter heißt es dazu: “Bereits beim Pitch gegenüber den Kapilendo-Anlegern nahm es David Schirrmacher wohl mit der Wahrheit nicht so genau. Ende Juni 2017 standen gerade mal 688.000 € Umsatz zu Buche. Vor (!) Retouren”. Diesen Sachverhalt muss Kapilendo nun aufklären.

Offen bleibt auch, wie genau das von Floerke-Team den Umsatz im zweiten Halbjahr 2017 von 1,3 auf 3,6 Millionen steigern wollte, und auf welcher Grundlage diese Umsatzsteigerung geplant wurde. Der kapilendo-Kredit sollte bekanntlich vor allem in die Eröffnung weiterer Stores und den Ausbau der Produktpalette fließen. Damit alleine ist aber kaum nachzuvollziehen, wie der Umsatz so stark zulegen sollte. Vor allem wäre es spannend zu erfahren, was schief gelaufen ist, dass der Umsatz so weit hinter den Planungen zurück geblieben ist. Wenn es denn echte Planungen waren.

Update (19.Dezember, 14:44 Uhr): Wie inzwischen aber klar ist, überprüfte der Crowdledingdienst die Zahlen nicht einmal! Das manager magazin schreibt: “Der Kapilendo-CEO Christoph Grätz sagte dem manager magazin, dass diese Umsatzzahlen von Kapilendo nicht überprüft worden seien, da sie in der Rubrik FAQ veröffentlicht wurden, bei denen Fragen der Anleger durch den Unternehmer beantwortet werden. Die Frage, woher potentielle Anleger wissen konnten, dass Kapilendo die Zahlen nicht selbst überprüft habe, ließ Grätz unbeantwortet”.

Bis zur kapilendo-Kampagne soll das Verhältnis zwischen von Floerke-Aushängeschild Schirrmacher und den Investoren eng gewesen sein. Dann aber begann – wie aus dem Unternehmen zu hören ist – der Alleingang von Schirrmacher. Der von Floerke-Macher wollte schneller wachsen. “Ihr denkt viel zu klein” ist gleich mehrfach von ihm als Zitat überliefert. Ins Bild passt dabei die Übernahme von Edsor Kronen, einer 1909 gegründete Manufaktur für handgemachte Accessoires, im Sommer 2017. Mit der Übernahme wollte Schirrmacher insbesondere tiefer in die Wertschöpfungskette einsteigen. “Das zeigt auch sein Plan, die Produktion von Asien nach Deutschland ‘zurückzubringen’, wie er es ausdrückt – sowohl für Von Floerke und Edsor. Die Floerke-Sockenherstellung findet bereits in Deutschland statt, der Großteil aller anderen Produkte werde jedoch noch in Asien gefertigt”, schrieb WiWo Gründer zum Zukauf.  Zeitgleich verkündete Schirrmacher  die Expansion nach Österreich, die Niederlande, Belgien und Dänemark.

Diese Übernahme, diese Wachstumsstrategie, scheint im Nachgang eine Art Knackpunkt in der zuletzt dramatischen Entwicklung von von Floerke zu sein. Die Altinvestoren wollten diesen Weg ganz offensichtlich nicht mitgehen. Im Handelsblatt heißt es dazu: “Noch im August wirkte Thelens Investment wie ein Coup. Nach Handelsblatt-Informationen war ein anderer Unternehmer bereit, 4,5 Millionen Euro zu zahlen – für Thelens Anteile an Von Floerke sowie weitere Prozente”.

Nach Informationen von deutsche-startups.de handelt es bei diesem Unternehmer um Christian Heitmeyer. Der brands4friends-Mitgründer übernahm 2012 die insolvente Maßschneiderei YouTailor und brachte das Unternehmen dann 2015 mit der insolventen Krawattenmanufaktur Edsor zusammen. Besagte Unternehmen – einmal Edsor Kronen und Edsor Bespoke – landeten dann laut Pressemeldungen – im vergangenen Jahr bei von Floerke. Laut Handelsregister hielt Heitmeyer, dessen Ruf in der Szene arg angeschlagen ist, aber im September 2017 noch alle Anteile an den beiden Unternehmen, die zuletzt in Bonn und somit in der Nähe von von Floerke ansässig waren. Zeitgleich muss es dann das genannte Kaufangebot an die Alt-Investoren von von Floerke gegeben haben. Die Beteiligten waren damals sogar schon beim Notar. Der Verkauf ging dann aber nicht über die Bühne. Kurze Randnotiz: Für Edsor Kronen und Edsor Bespoke gibt es im Handelsregister derzeit Löschungsankündigungen. Die Website Edsor.de ist verwaist.

Als den Investoren und Schirrmacher klar wurde, dass der Verkauf an Heitmeyer nicht über die Bühne gehen wird, verkrachten sich alle Beteiligten offensichtlich. Pikant dabei: In dieser Situation startete von Floerke-Macher Schirrmacher gemeinsam mit Marvin Metzke das E-Roller-Startup Simple Mobility. In der Pressemitteilung aus dem Juni dieses Jahres heißt es: “Die beiden deutschen Gründer und Unternehmer Marvin Metzke und David Schirrmacher bringen einen neuartigen Elektroroller namens SIMPLE eSCOOTER auf den Markt und revolutionieren die urbane Elektromobilität”. Und weiter: “Der Verkauf findet ausschließlich online statt. Die beiden deutschen Gründer Marvin Metzke und David Schirrmacher sind dem deutschen Fernsehpublikum bekannt aus der VOX-Sendung Die Höhle der Löwen, wo sie jeweils beide erfolgreich Investments für ihre Firmen sicherten”. Mitsteiter Metzke startete einst Crispywallet, einen Onlineshop für recycelbare Handy- und Laptophüllen. Investor Thelen hatte 2014 in Crispywallet investiert. Seit knapp einem halben Jahr ist Schirrmacher bei Simple Mobility aber nicht mehr an Bord.

Geldgeber Consul hatte dann irgendwann genug von Schirrmacher, von Floerke und Co. Schirrmacher kaufte Consul mit finanzieller Unterstützung seines Vaters schließlich aus dem Unternehmen raus. In einem Selbstinterview nahm Schirrmacher dazu Anfang November Stellung: “Meine Firma ist seit nunmehr drei Jahren in der Herrenmode engagiert. Wir führen drei Stores, liefern ein paar Teile in den Handel, größter Umsatzbringer war und ist immer aber der Onlinestore. Als sich Mitte diesen Jahres aufgrund verschiedener Umstände die Chance bot, einem Gesellschafter über 10% der Anteile an der Firma abzukaufen, haben mein Vater und ich diese Chance gemeinsam genutzt”. Was Schirrmacher verschweigt: Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren er und die verbliebenen Investoren in einer komplett zerstrittenen Gesellschaft gefangen.

In dieser Situation startete dann der Einstieg in Alkoholsegment. “Nachdem wir den Gesellschafter ausbezahlt hatten, wollte ich mal etwas neues probieren. Mir war etwas langweilig geworden, um ehrlich zu sein. In der Firma hatte es lange nicht mehr gekracht, es gab keine großen Katastrophen mehr, alles war standardisiert und eingespielt. Mein Ziel von der absoluten E-Commerce-Dominanz hatte ich aufgeweicht und gegen einen geregelten Arbeitsalltag eingetauscht. Ich war dieses Jahr zudem zu viel im Urlaub, das macht weich. Frank Thelen hatte ich 2015 noch ins Gesicht geschaut und gesagt: ‘Ich gehe hier nicht unter €100 Mio. Umsatz nach Hause’. Ich war also selbst nicht mehr mit mir zufrieden”, berichtet Schirrmacher in seinem privaten Blog.

Das Abenteuer Alkoholverkauf begann dann kurz danach mit einem Newsletter: “Ich schickte eigenständig einen Newsletter heraus mit dem Titel “Saufen by VON FLOERKE”. Umgehend haben sich über 6,000 Personen vom Newsletter abgemeldet; Frank Thelen schrieb mir – zurecht – umgehend bei WhatsApp, ich solle bitte meine Wortwahl überdenken. Am Whiteboard in meinem Büro durften Marketing, IT, PR und Ops ein Votum abgeben, wie viel Umsatz sie von der Aktion am ersten Tag erwarteten. Die konservativste Schätzung stammte von meiner Frau (€3,000), die höchste von mir (€19,000)”, schreibt Schirrmacher. Nach eigenen Angaben lag der erzielte Umsatz dann bei 178.392 Euro.

Den weiteren Vorstoß ins Getränkesegment befeuerte das von Floerke-Team dann mit einigen Aktionen auf Dealplattformen. Es gingen daraufhin zahlreiche weitere Bestellungen ein. Bestellungen, die das Startup alle gar nicht bedienen konnte. So viel Ware war gar nicht vorhanden. Ein sauber arbeitendes Unternehmen hätte die Möglichkeit, Waren zu bestellen, die nicht verfügbar sind, vorher längst gestoppt. So blieben zahlreiche wütende Kunden zurück. Wütende Kunden, die dann schließlich auch Anzeige erstatteten. “Das Wort ‘Betrug’ machte die Runde – und bekam Nahrung. Von Floerke verschickte Lieferbestätigungen auch dann, wenn er nicht lieferte”, heißt es dazu im Handelsblatt. Und auch bei den Produkbildern nahmen es die Rheinländer nicht so genau – sie bedienten sich dabei bei anderen Shops. Als die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft schließlich öffentlich wurden, sperrte die Hausbank die Kreditlinie des Unternehmens. Spätestens seitdem steht von Floerke vor dem Aus.

Bei MyDealz fiel im Zusammenhang mit von Floerke sehr schnell der Name Christian Lutz Schoenberger – ehemals Stardrinx. Der fiel zuvor schon mehrmals äußerst unangenehm  auf – gerade im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken. Schoenberger verneinte daraufhin direkt eine Zusammenarbeit mit von Floerke. Um dies zu verkünden, rief er sogar selbst in der Redaktion von deutsche-startups.de an. Schirrmacher veröffentlichte schließlich eine “Klarstellung”, dass von Floerke nicht von Schoenberger beliefert werde. In der vergangenen Woche platzte dank des E-Commerceblogs Wortfilter dann die Bombe: “von Floerke und Christian Schoenberger arbeiteten doch zusammen! Schoenberger, der Ende November in Bonn festgenommen wurde, hat für von Floerke ganz offensichtlich die vielen alkoholischen Getränke besorgt, das Unternehmen beim Einstieg ins Segment unterstützt, Kontakte hergestellt und bei der Preisfindung geholfen. Geliefert hat die vielen Getränke dann etwa ein österreichischer Großhändler.

Löwe Thelen brach daraufhin mehr oder weniger öffentlich mit Schirrmacher. So weit er das als bestehender Gesellschafter des Unternehmens aktuell kann. Thelen beteuerte mehrmals, nichts von der Kooperation mit Schönberger gewusst zu haben. Er sei selbst getäuscht worden. Schirrmacher habe ihm mehrfach persönlich versichert, nicht mit Schoenberger zusammen zu arbeiten.  Der TV-Löwe, der sich ansonsten nicht weiter zum von Floerke-Fiasko äußern möchte, verteidigte Schirrmacher, der inzwischen sogar seine Social Media-Profile bei Facebook, Twitter und Instagram gelöscht hat und zuletzt für niemanden mehr zu erreichen war, deswegen wochenlang gegen alle Anfeindungen und Gerüchte – und zwar sehr energisch.

Thelen und sein Freigeist-Team hatten zuletzt noch versucht, das Chaos bei von Floerke zu beseitigen. Einen tiefen Einblick in die wirtschaftliche Situation hatten Thelen und Co. aber ganz offensichtlich nicht. Nicht jetzt und auch nicht in den vergangenen Monaten. Thelen muss sich an dieser Stelle die Frage erlauben lassen, wie der von Floerke-Gründer ihm und seinem Team so lange auf der Nase herumtanzen konnte. Wie der Gründer so lange ohne die Lieferung von harten Zahlen agieren konnte. Vertrauen ist in der Regel gut, manchmal ist Kontrolle aber halt besser.

Niedergänge und Skandale wie bei brand4friends, wo 2010 die gesamte Buchhaltung implodierte, bei YouTailor, wo die Gründer an mehreren Stellen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben, oder bei Movinga, wo die Gründer es über Monate geschafft haben, die Investoren hinters Licht zu führen, zeigen aber, dass Gesellschafter oftmals kaum tiefe Einblicke in “ihre” Unternehmen haben. Thelen muss auch damit leben, das von Floerke bei kapilendo – mit getürkten Zahlen – 1,2 Millionen Euro mit seinem Namen eingesammelt hat. Am Ende bleibt ein Imageschaden.

Ein weiterer Verlierer des von Floerke-Fiaskos sind die vielen kapilendo-Geldgeber, die zuletzt schon keine Zinsen für ihre Einlagen bekommen haben. Im schlimmsten Fall droht den Geldgebern nun ein Totalverlust. Ein Verlierer dieser dramatischen Geschichte ist auch Vox. Der ganze Skandal wird für immer mit der Gründer-Show “Die Höhle der Löwen” in Verbindung gebracht werden. Ein weiterer Verlierer sind die Kunden von von Floerke. Hoffentlich haben wirklich alle ihre bestellten Waren oder ihre Geld zurückbekommen. Und dann wären da noch die Mitarbeiter der Jungfirma, die zumindest teilweise von der Zusammenarbeit mit Schoenberger gewusst haben müssen, und nun um ihre Jobs bangen müssen.

Ein weiterer Verlierer ist auch die junge Brauerei Berliner Berg, die von Szeneköpfen wie Ulli Erxleben und Robin Weber ins Leben gerufen wurde. Eine Lieferung Bier für von Floerke wurde zwar bei einem Großhändler abgeholt kam aber laut Aussage des von Floerke-Team nie in Bonn an bzw. wurde angeblich auch gar nicht von ihnen dort abgeholt. Die Ware muss aber von jemandem abgeholt worden sein, der genau wusste, wo sie bereit stand. Wer dies war, darüber lässt sich trefflich spekulieren.

Was bleibt am Ende? von Floerke war offenbar auf einem guten Weg, scheiterte aber an den großen Plänen des Gründers, der sich in der Bild als Millionär mit Porsche feiern ließ. Hinzu kommen noch die Namen Heitmeyer und Schoenberger, die viele Menschen in der Szene hochschrecken lassen. Speziell vor einer Zusammenarbeit mit Schoenberger sollen Schirrmacher gleich mehrere Menschen gewarnt haben. Warum Heitmeyer letztendlich den Kauf der Investoren-Anteile nicht durchgezogen hat, bleibt offen. Nun wartet die versammelte Szene auf den Schlussstrich unter diesem großen Fiasko.

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Foto (oben): Vox

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.