#Gastbeitrag
Warum Private Equity-Investoren jetzt den Tech-Markt für sich entdeckt haben
Für Private Equity-Investoren wird der Tech-Markt zunehmend interessanter. Doch woran liegt das? Julian Riedlbauer, Partner und Leiter des deutschen Büros des internationalen M&A-Beratungs- und Tech-Investmentunternehmen GP Bullhound, erklärt die Entwicklung der Investment-Deals und die Gründe für die abnehmende Zurückhaltung der Kapitalgeber.
Vom Beobachter zum Investor
Bislang setzten Private Equity-Investoren vorwiegend auf Unternehmen, die sowohl stabile Cashflows vorweisen können als auch eine Balance von Risiko, Wachstum und Rendite gefunden haben. Tech-Firmen gelangten bisher oft nicht in die engere Auswahl. Der Grund dafür ist einleuchtend: Viele Tech-Unternehmen waren lange Zeit nicht profitabel genug und stellten deshalb ein zu hohes Risiko für potentielle Investitionen dar und die Investoren konnten daher beim Erwerb einen Teil des Kaufpreises nicht wie üblich über Fremdkapital finanzieren. Genau das ändert sich nun aber: Viele vormals junge Unternehmen sind gewachsen, schreiben zunehmend schwarze Zahlen und sind somit auch für Private Equity-Investoren interessant geworden. Zudem ist die europäische Tech-Landschaft noch nicht von einigen wenigen Strategen bestimmt, die den Markt konsolidieren. Investoren haben dadurch aussichtsreiche “Buy-and-Build”-Chancen, das bedeutet, dass sie nach dem Kauf der ersten Firma ergänzende Unternehmen in Deutschland oder Europa hinzukaufen können.
Haben die meisten Private Equity-Geldgeber den Tech-Markt also bislang lediglich beobachtet, wächst nun deren Investitionsbereitschaft. Zudem ist ihr Appetit auf Technologie-Firmen so groß geworden, dass sie mittlerweile häufiger sogar gewillt sind, Kapital auch in früheren Phasen oder in kleinere Unternehmen zu investieren, um in den Technologie-Sektor zu investieren und vom Boom des Sektors partizipieren zu können.
Der Trend entwickelt sich neben Mehrheits- zusätzlich auch zu Minderheitsbeteiligungen
Dabei läuft die Entwicklung vermehrt nicht nur in Mehrheitsübernahmen, sondern auch in Richtung Minderheitsinvestments, weil immer mehr PE-Fonds bereits ab 25 Millionen Euro Kapital in Tech-Unternehmen fließen lassen. Der Großteil der deutschen Investment-Deals liegt bei Unternehmenswerten zwischen 50 bis 200 Millionen Euro, wobei Transaktionen auch auf Werte bis zu 500 Millionen Euro, in seltenen Fällen auch mehr, steigen können. So arbeiten beispielsweise die Milliarden-Fonds General Atlantic, Vitruvian, Bregal oder Summit Partners, die sich ab ca. 25-30 Millionen Euro an ausgewählten Technologie-Unternehmen beteiligen können.
Diese Entwicklung, die sich bereits in den letzten drei Jahren abzeichnete, erreichte 2017 ihren Höhepunkt. Insgesamt haben Private Equity Fonds im Jahr 2017 in Europa über 360 Milliarden Euro für Akquisitionen und Investments ausgegeben. Der Anteil der Tech-Deals steigt. Prominente Beispiele gelungener Private Equity-Übernahmen und PE-Investments in Technologie-Unternehmen sind unter anderem: Der Investor Capvis, der “Wer liefert was” kaufte, die mehrheitliche Übernahme von Infinigate durch HIG Capital, die milliardenschwere Übernahme von Suse durch EQT, der Kauf von RatePay durch Bain und Advent, das Investment von Vitruvian in Deposit Solutions oder der Investor General Atlantic, der Control Expert mehrheitlich übernommen hat. Auch die Prognose für die kommenden Monate fällt durchaus positiv aus: So stieg der Geschäftsklimaindex des German Private Equity Barometers (GPEB) im zweiten Quartal 2018 auf 77,1 Punkte.
Die Alternativen zu klassischen Banken nehmen zu
Private Equity wird häufig nicht nur in Form von Eigenkapital, sondern häufig in Kombination mit Fremdkapital im Rahmen einer sogenannten Leveraged-Buy-out-Transaktion (LBO) investiert. Durch die Fremdfinanzierung erhöht sich die Eigenkapital-Rendite für den Private Equity-Investor. Und die Alternativen zu den traditionellen Fremdkapitalgebern nehmen weiter zu: Klassische Banken sind manchmal nicht bereit, in die Tech-Branche zu investieren, da ihnen das Geschäft zu risikobehaftet ist. Hier bringen sich Debt-Fonds vermehrt ein und stellen bei solchen Deals mehr Fremdkapital als die klassischen Banken zur Verfügung. Mit dieser risikobereiteren und flexibleren Möglichkeit können Private-Equity-Investoren ihr Eigenkapital besser einsetzen und stärker mit Fremdkapital hebeln. Dadurch können sie höhere Bewertungen bei Übernahmen bieten. So liegt der Anteil von Debt Fonds als Fremdkapitalgeber laut dem letzten MidCapMonitor bei mittlerweile fast 50 Prozent am deutschen LBO-Markt.
Daneben sind immer häufiger auch neue Kapitalgeber auf dem Kreditmarkt für LBO-Deals zu finden. Unter anderem geben mittlerweile institutionelle Anleger, wie beispielsweise Versorgungswerke einzelner Berufsgenossenschaften, Kredite für LBO-Transaktionen direkt an Private Equity-Investoren, um sich die Kosten von Debt-Fonds zu sparen.
Kapital wird immer günstiger
Der Wettbewerb unter den Kreditgebern in Zusammenhang mit einem sehr niedrigen Leitzins führt dazu, dass die Finanzierungskosten von LBO-Deals sinken. Lag der Zinssatz vor einigen Jahren noch bei etwa neun Prozent, ist dieser bei einer sogenannten Unitranche-Finanzierung – bei der vorrangige und nachrangige Kredite in einem Paket gebündelt werden – derzeit um mindestens zwei Prozentpunkte gesunken.
Die niedrigeren Fremdfinanzierungskosten heizen den Markt weiter an und führen zu noch leistungsfähigeren Angeboten der Private Equity-Investoren bei Technologie-Transaktionen.
Die Zeiten für den Verkauf von Technologie-Firmen an Private Equity-Investoren sind somit besser als jemals zuvor!
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