#Hintergrund
Wimdu stirbt – und es ist auch gut so!
Das Berliner Startup Wimdu ist Ende des Jahres Geschichte – siehe Das Ende einer verlustreichen Reise: Wimdu macht dicht. Nach Dawanda müssen wir uns somit von einem weiteren jahrelangen Begleiter verabschieden. Was schmerzhaft ist, aber in diesem Fall wohl notwendig und längst überfällig war. Die Zahlen von Wimdu sprechen seit Jahren eine eindeutige Sprache!
Der Jahresfehlbetrag lag 2016 zwar bei nur noch 3 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 11,2 Millionen, der Rohrertrag ging aber um 3,1 % zurück – von 18,6 Millionen Euro auf 18,1 Millionen. Insgesamt häufte der Zimmervermittler aber seit dem Start einen Verlust in Höhe von 62,3 Millionen Euro an. Die Kapitalrücklage von Wimdu lag Ende 2016 bei rund 63,7 Millionen. Für 2017 strebte das Unternehmen dementsprechend dann auch ein “positives Jahresergebnis” an. Wenn dies nicht gelungen ist (was wohl der Fall ist), musste Besitzer Novasol, der das Startup 2016 übernommen hat, dann zuletzt im schlimmsten Fall noch einmal Geld in Wimdu schießen.
Die wortkarge Presseaussendung zum Ende von Wimdu deutet zumindest an, dass es bei Wimdu nicht so lief wie geplant. Darin heißt es: “Facing significant financial and business challenges, Wimdu will cease operating by the end of 2018. The company counts 100 employees located in Berlin and Lisbon. The stakeholders and management are working closely with the staff; primary goals are the fair treatment of employees affected by the closure and the management of forward bookings for our guests and hosts”.
Ein Blick zurück: Wimdu ging 2011 – angeschoben durch Rocket Internet – an den Start. Trotz einer angekündigten Finanzspritze in Höhe von 90 Millionen Dollar (rund 74 Millionen davon sind auch in das Startup geflossen) konnte sich das Unternehmen nie gegen das milliardenschwere US-Vorbild airbnb durchsetzen. Der Versuch, das Startup an gewichtige Travel-Player zu verkaufen scheiterte 2015/2016 dann auch. Damals war dann erstmals von einer möglichen Abschaltung der Plattform die Rede. Es blieb die Fusion mit dem kleinen Startup 9flats. Das 9flats-Team wollte mit Wimdu einen echten Herausforderer zum Schwergewicht airbnb schmieden. Es kam aber anders.
Kurz nach der Übernahme verkaufte 9flats den Zukauf an den dänischen Ferienwohnungsvermittler Novasol. Über den schnellen Weiterverkauf sollen die Beteiligten damals glücklich gewesen sein. Wimdu präsentierte sich 2016 als klassisches Samwer-Startup – als Unternehmen ohne Vision, Esprit und Kreativität. Der Satz vom “seelenlosen Unternehmen”, vom “Unternehmen ohne USP” fällt in diesem Zusammenhang immer wieder. Zu Novasol passte Wimdu strategisch gesehen gut. Auf dem Papier erschien die Strategie, die eigenen Ferienwohnungen über eine neutrale Plattform anzubieten, sinnvoll. Gerade weil Novasol bisher noch immer eher als Katalogunternehmen wahrgenommen wurde bzw. wird.
Novasol bekam seinen Ableger Wimdu aber nie in den Griff, auch wenn die Integration ins Unternehmen allen Aussagen von Beteiligten recht gut gelang. Was vielleicht unter dem Strich vor allem eine Kulturfrage war und ist. Da passten zwei Firmenkulturen – hier ein nettes Unternehmen aus Dänemark, da ein Startup, das im Samwerstil hochgezogen wurde – einfach nicht zusammen. Hinzu kam einer weiterer Bedeutungsverlust im Wettstreit mit airbnb. Was vor allem an der schlechten Positionierung lag. Wimdu präsentiert sich derzeit als “Online-Plattformen für Privatunterkünfte”. Nicht mehr und nicht weniger. Für den Wettstreit mit airbnb eindeutig zu wenig! Fazit: Es war einen Versuch wert, Wimdu in Novasol zu integrieren, dieser ist aber nicht gelungen. Dass das Ende nun so schnell kommt, dürfte am neuen Novasol-Besitzer Platinum Equity liegen. Der Finanzinvestor hat einfach keine Lust, das verlustreiche Wimdu-Abenteuer fortzusetzen.
Fazit: Wimdu hat es nie geschafft eine ernsthafte Konkurrenz für airbnb zu werden. Schon vor drei oder vier Jahren wäre ein Verkauf oder im schlimmsten Falle eine Abschaltung sinnvoll gewesen. Was wohl nicht passiert ist, weil die Geldgeber ihr Gesicht nicht verlieren wollten. Vielleicht wäre vor einigen Jahren auch ein kompletter Neustart möglich gewesen. Das Fiasko und der erneute Aufstieg von Movinga zeigt doch, dass so etwas möglich ist.
Wimdu im Zahlencheck
2016: 18,1 Millionen Euro (Rohergebnis); 3,0 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2015: 18,6 Millionen Euro (Rohergebnis); 11,2 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2014: 13,6 Millionen Euro (Rohergebnis); 11,8 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2013: 9,4 Millionen Euro (Rohergebnis); 7,0 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2012: 2,5 Millionen Euro (Rohergebnis); 12,8 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
2011: -3,8 Millionen Euro (Rohergebnis); 16,5 Millionen Euro (Jahresfehlbetrag)
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