Von Alexander
Samstag, 8. September 2018

Fintech-Rundumschlag: Große Pleiten, große Ambitionen

Die Luft im FinTech-Segment ist noch lange nicht raus. Es trennt sich nur ganz klassisch die Spreu vom Weizen. Wir werden in den kommenden Monaten - nach Cringle und Lendstar - auf jeden Fall noch mehr Pleiten im FinTech-Segment sehen. Aber auch mehr fette Finanzierungsrunden!

Mit Cringle und Lendstar mussten gerade zwei ambitionierte Fintech-Startups die Segel streichen. “Wir haben in den letzten Wochen mit verschiedenen Parteien sehr gute Gespräche über einen möglichen Verkauf von Lendstar geführt. Leider wurde keines dieser Gespräche ausreichend konkret. Daher haben wir uns gemeinsam mit unseren aktuellen Investoren dazu entschlossen die Finanzierung von Lendstar nicht weiter fortzusetzen”, schrieb Gründer Christopher Kampshoff Enden August in einem Blogpost.

In den vergangenen Jahren gelang es dem Team des Startups einfach nicht, “Lendstar nachhaltig profitabel aufzustellen”. Der Paymentdienst wurde von DvH Ventures und dem ehemaligen Vox-Löwen Jochen Schweizer. Zwei Geldgeber, die das Startup nicht mit genügend Geld ausstatten konnten, um den schwierigen Paymentkampf gegen PayPal und Co. aufzunehmen. “Die dafür notwendigen Investitionen hätten aus dem bestehenden Investorenkreis nicht gestemmt werden können”, berichtete auch Kampshoff.

Beim Wettbewerber Cringle sollte der Kampf mit Hilfe der Crowd aufgenommen werden. Über Companisto sammelte die Jungfirma in der Vergangenheit 1,26 Millionen Euro ein. Zudem investierte das Medienhaus Axel Springer im Rahmen eines Media for Equity-Investments über 1 Million Euro in den Mobile Payment-Anbieter. Cringle hatte zuletzt nach eigenen Angaben 75.000 Nutzer. Diese Finanzierung und die bisherigen Nutzerzahlen waren aber auch nicht genug, um weitere Investoren an Land zu ziehen. Auch Cringle schlitterte in die Insolvenz. Geldgeber hätten aufgrund der “Sorge um den Markteintritt von Google, Apple, Facebook und Amazon” abgesagt, teilt das FinTech in eigener Sache mit.

Kurzum: Im FinTechsegment mit B2C-Fokus (insbesondere wenn es um Paymentlösungen geht) ist ein wenig die Luft raus.

Den großen Pleiten im FinTech-Segment stehen aber große Ambitionen und große Wetten entgegen – aber im B2B-Segment! Gerade erst sammelte das junge FinTech Crosslend 14 Millionen Euro ein. Das 2014 gegründete Unternehmen, ein digitaler Marktplatz für Kredite, plant die Einführung einer sogenannten “European Debt Exchange”, über die Kredite aller Art zwischen Finanzinstituten gehandelt werden können. Als neue Geldgeber sind Earlybird, der Digital Impact Fund von ABN AMRO und die Berliner Solarisbank nun an Bord.

Kurz vorher stieg das Hamburger FinTech Deposit Solutions zum Halb-Unicorn (Bwertung: 500 Millionen Dollar) auf. Mehr als 143 Millionen Dollar flossen bereits in das 2011 gegründete Unternehmen, das von Tim Sievers geführt wird. Deposit Solutions positioniert sich als sogenannte Banking-Plattform für Spareinlagen. Das Angebot richtet sich sowohl an Privatkunden als auch Geldinstitute – weitere Infos zum Konzept auch in unserem Podcast.

Zudem investierten ING Ventures und die Altinvestoren Speedinvest und UNIQA Ventures kürzlich 10 Millionen Euro in FinCompare, einen Vergleichsdienst für Unternehmensfinanzierung (Zielgruppe: Mittelstand). Das Berliner FinTech, das von Watchmaster-Mitgründer Stephan Heller gegründet wurde, bezeichnet sich selbst als “Interhyp für KMU-Kredite”. Insgesamt flossen nun schon 14 Millionen in die Jungfirma, die erst seit 2017 unterwegs ist.

Zu guter Letzt drängt das FinTech Urgestein Auxmoney auch noch an die Börse. Der Kreditmarktplatz auxmoney, der 2007 von Raffael Johnen, Philip Kamp und Philipp Kriependorf gegründet wurde, verkündete Anfang des Jahres gerade den Sprung in die schwarzen Zahlen. Das zweite Halbjahr des vergangenen Jahres schloss das Unternehmen demnach mit einem positivem Ergebnis ab. “Starkes Wachstum und Profitabilität müssen kein Widerspruch sein. auxmoney ist als eines der ersten Fintechs profitabel. Damit nehmen wir eine Vorreiterrolle in der Fintech-Industrie ein”, sagte auxmoney-Macher Johnen im Frühjahr. 2019 könnte der Weg von Auxmoney dann an die Börsen führen. Investoren wie Index Ventures, Union Square Ventures und Foundation Capital setzten in der Vergangenheit auf Auxmoney.

Kurzum: Die Luft im FinTech-Segment ist noch lange nicht raus. Es trennt sich nur ganz klassisch die Spreu vom Weizen. Wir werden in den kommenden Monaten auf jeden Fall noch mehr Pleiten im FinTech-Segment sehen. Aber auch mehr fette Finanzierungsrunden und vielleicht auch schon einige spannende Exits. Die millionenschwere Übernahme von Finanzcheck.de durch Scout24 (Verkaufspreis: 285 Millionen Euro) war da auch nur der Anfang. Und auch der givve-Exit (Verkaufspreis: 20 Millionen Euro) an die Up Group konnte sich sehen lassen. Der Exit passt auch zum B2C-Drama in der Szene: Ursprünglich wollte Patrick Löffler und Alexander Klaiber die Payment-Welt mit BonaYou, einer Prepaid-MasterCard, erobern. Es kam aber ganz anders! Aus dem B2C-Projekt BonaYou wurde das B2B-Konzept givve, eine Gutscheinkarten, die Firmen an ihre Mitarbeiter vergeben können.

Startup-Jobs: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung? In der unserer Jobbörse findet Ihr Stellenanzeigen von Startups und Unternehmen.

Foto (oben): Shutterstock