#Hintergrund

Finiata: Sebastian Diemers Nachfolger darf nun das Startup-Chaos beseitigen

Sebastian Diemer tritt bei Finiata ab. "Bei Startups gibt es verschiedene Phasen, die verschiedene Entscheider brauchen. Am Anfang braucht es Leute wie mich, die ihre Stärken in der Sturm- und Drangphase eines frisch gegründeten Startups haben", sagt der leidenschaftliche Gründer zu seinem Ausstieg.

Rund zwei Jahre nach dem Start zieht sich Gründer Sebastian Diemer beim Berliner Factoring-FinTech Finiata zurück. Seinen Posten als Geschäftsführer übernimmt Jan Enno Einfeld, der von der Comdirect Bank kommt. Dort wirkte er zuletzt als Head of Investing und baute unter anderem den Robo-Advisor Cominvest auf und “gehörte zu den Protagonisten der hauseigenen Startup-Garage” – siehe Finanz-Szene.de.

Warum aber dieser schnelle Abgang von Diemer? “Bei Startups gibt es verschiedene Phasen, die verschiedene Entscheider brauchen. Am Anfang braucht es Leute wie mich, die ihre Stärken in der Sturm- und Drangphase eines frisch gegründeten Startups haben”, sagt der leidenschaftliche Motocross-Fahrer zu seinem überraschenden Ausstieg. “Und dann braucht es erfahrene Manager, die darauf spezialisiert sind, in den zweiten Gang hochzuschalten, die also Prozesse implementieren, eine Organisation aufbauen, Shareholder-Management betreiben und so weiter. Deshalb war für mich von Anfang an klar, dass ich bei Finiata nur eine gewisse Zeit in der operativen Verantwortung bleibe und danach in eine Kontrollfunktion wechsle.”

Heißt im Umkehrschluss: Einfeld hat nun richtig viel zu tun! Finiata verfügt zwei Jahren nach dem Start – wie viele andere Jungfirmen auch – weder über implementierte Prozesse noch über eine funktionierende Organisation im Hintergrund. Und um die Shareholder hat sich offenbar auch niemand im größeren Stil gekümmert. Der Factoring-Dienst Finiata ging 2016 als bezahlt.de an den Start. 2017 folgte der Weg ins Ausland – unter dem Namen Finiata. Zielgruppe von Bezahlt.de sind Selbständige und Freiberufler. Rund 20 Millionen flossen bereits in das FinTech. Unter anderem von DN Capital, Point Nine Capital, Redalpine Venture Partners, Fly Ventures, LaFamiglia, dem tschechische Private Equity Investor ENERN und dem polnischen Family Office Kulczyk Investments. Rund 50 Mitarbeiter wirken derzeit bei Finiata.

Diemer will sich nun erst einmal eine sechsmonatige Auszeit nehmen – siehe Handelsblatt. Einzig um seine 12 Investments will er sich in dieser Zeit kümmern. Diemer ist unter anderem bei Bullet, Digitalkasten und WirkaufendeinenFlug.de investiert. Vor Finiata baute Diemer, dessen leidenschaftlicher, chaotischer und lautstarker Führungsstil öfter schon Thema war, das Hamburger FinTech Kreditech auf. 2015 – drei Jahre nach dem Start – trat er beim Kreditgeber ab. Damals war zu hören, dass Diemers Abgang nicht freiwillig passiert sei. Kreditech und Diemer wiesen dies stets zurück.

Und was hat der neue Finiata-Chef Einfeld nun vor? “Unser Ziel ist es, mit Finiata den Marktführer für Working-Capital-Finanzierungen für kleine SMEs, Startups und Selbständige in unterversorgten Märkten in Europa und darüber hinaus zu bauen”, sagt er zu seinen Aufgaben. Eine große Aufgabe, für die das FinTech sicherlich noch mehr Geld brauchen wird. Und wir sind gespannt, was Diemer als nächstes Projekt aufbaut.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.