#Fragebogen
Gründen? Selbstverantwortung! Selbstverwirklichung!
Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Dirk Owerfeldt, Gründer von Gastrofix, einen Anbieter von cloud-basierten Kassensystemen für die Gastronomie. Die Brauereigruppe Radeberger und Endeit Capital investierten kürzlich in einer Series-B-Finanzierungsrunde 15 Millionen Euro in Gastrofix.
Was bedeutet es Dir, Dein eigener Chef zu sein?
Das bedeutet für mich Selbstverantwortung. Und Selbstverwirklichung. Und Freiheit. Ein weiser Mann hat mal gesagt: “Die Seele benötigt zwei Dinge: Freiheit und Liebe” – und zwar in dieser Reihenfolge. Mir war Freiheit schon immer sehr wichtig, und wenn man sich richtig positioniert und halbwegs liefert, behält man diese auch, wenn man Investoren mit an Bord nimmt.
Bei welcher Gelegenheit kam Dir die Idee zu Deinem Start-up?
Ich hatte ja schon mal ein Kassen-Start-up, das in 10 Jahren auf über 100 Mitarbeiter und 12.000 Gastronomie-Kunden gewachsen war. In der New-Economy-Krise wurde es dann aber leider nichts mit dem Börsengang und wir mussten verkaufen. Das Know-how, die Netzwerke und vertrauenswürdige Mitstreiter von damals gab es zwar weiterhin, allerdings war damals alles noch auf PC-Technik ausgelegt. Als dann das erste iPhone rauskam und Restaurant-spezifische Hardware – etwa Bondrucker – auch drahtlos verfügbar wurde, habe ich nicht lange gezögert. Einen speziellen Gastro-Handrechner für 3.000 Euro durch einen iPod Touch für unter 300 Euro zu ersetzen, ist schon ziemlich disruptiv. Nach einem Tag habe ich die Excel-Tabellen weggelegt und die Gründung der neuen Gastrofix vorbereitet.
Woher stammte das Kapital für Dein Unternehmen?
Aus mehr oder weniger erfolgreichen Start-ups und Projekten von früher. Und aus gnadenloser Selbstausbeutung in den ersten zwei Jahren: Als ich mir als Gehalt exakt 0 Euro ausgezahlt habe. Das konnte ich mir aber nur leisten, weil ich unter anderem auch bei Siemens als Interims-Manager beim Ausgründen neuer Technologien erfolgreich war. Später kamen dann mehrere Business Angels dazu – auch bekannte System-Gastronomen.
Was waren bei der Gründung Deines Start-ups die größten Stolpersteine?
Bis nach der Seed-Phase gab es wenig Stolpersteine: Wir hatten das Ganze ja schon mal 10 Jahre zuvor auf PC-Basis gemacht und neben Gründer-Erfahrung auch das Netzwerk sowie ausgiebiges Kassen- und Gastronomie-Know-how. Schwierig wurde es dann bei der ersten Finanzierungsrunde: Kassensysteme waren damals einfach noch nicht so sexy für Investoren wie heute.
Was würdest Du rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Mehr PR und Marketing! Es ist leider immer noch so, dass nicht automatisch das beste Produkt das meiste Geld bekommt, sondern die Firma, die viel Energie in Konferenzen und Investoren-Netzwerke steckt. Was nicht heißen soll, dass besser finanzierte Unternehmen sich dann auch unbedingt durchsetzen. Wir haben uns lieber darauf konzentriert, unser Produkt immer besser zu machen und es gut zu verkaufen. Letztlich haben wir uns mit dieser Strategie auch gegen sehr viel besser finanzierte Mitbewerber durchgesetzt – aber einfach war das nicht.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketing-Spielart ist für Euch besonders wichtig?
Im Firmen-Marketing ist PR sicher sehr wichtig. Doch was nutzt der bekannteste Name, wenn das Unternehmen die Versprechen nicht halten kann und am Markt scheitert? Deshalb sind im B2B-Bereich, in dem wir uns bewegen, vor allem ein gutes, ausgefeiltes Produkt und professioneller Service essenziell. Unsere tausenden zufriedenen Kunden mit ihren Weiterempfehlungen machen schon einen signifikanten Anteil unseres Neukundengeschäfts aus.
Welche Person hat Dich bei der Gründung besonders unterstützt?
Mein Bruder Carsten. Auch wenn sich unsere Wege später getrennt haben, war er in der Anfangsphase für unser Unternehmen extrem wichtig. Er hatte – wie ich selbst – schon viel Erfahrung mit der “ersten” Gastrofix und legte mit enormem Einsatz den Grundstein für unser exzellentes neues Produkt.
Welchen Tipp gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg?
Es gibt auch ein Leben neben der Firma! Und: Arbeite nicht nur daran, dein Unternehmen, dein Produkt oder deine Prozesse weiterzuentwickeln, sondern vor allem auch, deine Mitarbeiter zu fördern und besser zu machen. Das gilt dann natürlich auch für dich selbst. Gründer zu sein ist ein toller Lebensweg, aber wenn man ihn nicht auch dazu nutzt, selbst daran zu wachsen, bleibt am Ende nicht viel – egal, ob man reich geworden ist oder nicht.
Du triffst den Bundeswirtschaftsminister – was würdest Du Dir für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Neben dem schon ziemlich abgedroschenen Thema Bürokratieabbau würde ich mit Herrn Altmaier gerne über das immer noch nicht aufgelöste Gender Pay Gap sowie flexiblere Arbeitszeitmodelle, wie wir sie hier bei Gastrofix schon praktizieren, diskutieren. Ansonsten denke ich aber, dass wir das Privileg haben, in einem der liberalsten und wohlhabendsten Länder dieses Planeten zu leben. Ich bin also durchaus zufrieden.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du kein Start-up gegründet hätten?
Entweder Hardcore-SW-Entwickler oder alternder Surf- und Kitelehrer im Süden. Wahrscheinlich beides, kombiniert als digitaler Nomade.
Bei welchem deutschen Start-up würdest Du gerne mal Mäuschen spielen?
InFarm und Lemoncat. Und, wenn das noch als Start-up gilt, bei Delivery Hero.
Du darfst eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reist Du?
In die Zukunft, wenn das auch erlaubt ist. Und zwar an den Punkt, wenn die Menschheit das Sonnensystem kolonisiert hat und wir zu einer sogenannten Kardaschow-Typ-1-Zivilisation geworden sind. Das ist dann auch der Zeitpunkt, wenn uns so ziemlich gar keine Katastrophe mehr vernichten kann. Elon Musk ist übrigens besessen von dieser Theorie.
Du hat eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machst Du mit dem ganzen Geld?
Erstmal etwas ans Universum zurückzahlen, also einen signifikanten Teil davon spenden. Und dann ein schönes Dachgeschoss im Herzen von Berlin kaufen.
Wie verbringst Du einen schönen Sonntag?
Spät aufstehen und dann mit meiner Lebensgefährtin ein ausgiebiges Frühstück auf der Dachterrasse genießen. Dann noch ein bisschen um die Pflanzen kümmern und sich an allem erfreuen, was wächst. Vielleicht noch ein bisschen am Computer arbeiten. Abends dann mit Freunden treffen oder einfach nur zu zweit den Tag ausklingen lassen.
Mit wem würdest Du gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Elon Musk. Und dem Dalai Lama. Am besten beide an einem Tisch.
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