15 Fragen an Benjamin Ruschin
Developer-Hiring: Etablierte Kanäle funktionieren nicht
Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Benjamin Ruschin von WeAreDevelopers, einer Recruiting-Plattformen für Entwickler. Das Wiener Startup wurde 2017 von Ruschin, Sead Ahmetovi?, Thomas Pamminger und Markus Wagner gegründet.
Was bedeutet es Dir, Dein eigener Chef zu sein?
Chef sein erlaubt es mir, ein Unternehmen von Grund auf so zu gestalten, wie ich es für richtig halte. Es ermöglicht mir auch, einen Markt zu bearbeiten, in dem ich großes Potential sehe, und Produkte so zu entwickeln, wie ich es für richtig halte. Ich kann die Geschwindigkeit unserer Aktivitäten, die Expansion, die Internationalisierung und den Rollout unserer Produkte so schnell oder so langsam, so aggressiv oder so vorsichtig gestalten, wie meine Co-Founder und ich es gerne möchten. Das macht Spaß. Es ist ein kreativer und sehr dynamischer Prozess. Ebenso wichtig ist es für mich, dass ich mich mit den Menschen umgeben kann, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Ein respektvolles Miteinander auf Augenhöhe – egal ob auf Kunden-, User- oder Mitarbeiterseite – ist sehr wichtig. Ich behandle andere immer so, wie ich selbst gern behandelt werden möchte. Dabei ist es egal, ob es sich um die Reinigungskraft unseres Büros oder einen Konzernvorstand auf Kundenseite handelt.
Bei welcher Gelegenheit kam Dir die Idee zu Deinem Start-up?
Mit WeAreDevelopers haben wir eine Marktlücke entdeckt: Unternehmen in allen Branchen und Größen leiden unter Fachkräftemangel im Developer-Segment. Grund dafür ist, dass es mehr freie DeveloperPositionen als Developer gibt. In Deutschland sprechen wir von über 55.000 offenen IT-Stellen. Alle Recruiting-Kanäle und Hiring-Aktivitäten, die sich in den letzten Jahren bewährt und etabliert haben, funktionieren schlecht oder gar nicht für Developer-Hiring. Die Macht hat sich von den Unternehmen zu den Developern verlagert. Früher haben sich Talente bei Arbeitgebern beworben, heute bewerben sich Unternehmen bei Developern. Das Blatt hat sich gedreht: Unternehmen sind die Job-Kandidaten, während sich die Developer in Entscheidungspositionen befinden. Genau diese Marktsituation bilden wir mit WeAreDevelopers ab: Developer wählen Arbeitgeber aus. Wir schaffen dafür einen attraktiven und innovativen Marktplatz mit spannenden, internationalen Jobs und übernehmen mit unserer Plattform das Matchmaking zwischen Developern und Arbeitgebern. Unser Ziel ist es, den perfekten Match abzubilden. Die Developer entscheiden dann selbst, mit welchen Arbeitgebern sie ein Gespräch führen möchten.
Woher stammte das Kapital für Dein Unternehmen?
Mit dem WeAreDevelopers World Congress veranstalten wir mit mehr als 8.000 Teilnehmern jährlich die größte Konferenz für Entwickler und IT-Spezialisten in Europa. Die Konferenz hat uns bis heute das Kapital geliefert, mit dem wir unsere Plattform-Entwicklung und unsere Büros in Berlin, Wien und Sarajevo finanzieren. Wir sind schnell gewachsen. WeAreDevelopers wurde erst im April 2017 gegründet.
Was waren bei der Gründung Deines Start-ups die größten Stolpersteine?
Ein paar Hürden mussten wir bezüglich der Themen Bürokratie und Lohnnebenkosten meistern, mittlerweile haben wir das aber gut im Griff.
Was würdest Du rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde alles genauso wieder machen, denn ich habe aus jedem einzelnen Fehler gelernt und zum Glück auch nicht allzu gravierende Fehler gemacht.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Euch besonders wichtig?
Unsere Konferenz ist europaweit bekannt. Wir arbeiten mit nahezu allen großen Tech-Konzernen zusammen und versammeln namhafte Speaker wie Steve Wozniak, Apple, Joseph Sirosh, Microsoft, Angie Jones, Twitter, und Klaus Straub, BMW, um uns. Das erzeugt viel Aufmerksamkeit.
Welche Person hat Dich bei der Gründung besonders unterstützt?
Rückhalt erhielt ich vor allem von meinen drei Co-Foundern. Insbesondere mein Co-Founder Markus Wagner, der schon selbst viele Unternehmen mitgegründet hat und im Silicon Valley lebt, hat uns in der Gründungsphase viel Zeit erspart.
Welchen Tipp gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg?
Think bigger! Gründer sollten immer groß und international denken. Es ist ebenfalls wichtig, Entscheidungen aktiv umzusetzen und sich nicht von anderen ablenken zu lassen. Gründer sollten ihren Fokus auf das Ziel legen, dabei aber auch immer flexibel bleiben. Ebenso essentiell ist es, den Markt genau zu beobachten, sich auf eine Nische zu fokussieren und dann Vollgas zu geben. Wenn der Proof of Concept gegeben ist, steht der Expansion nichts mehr im Weg.
Du triffst den Bundeswirtschaftsminister – was würdest Du Dir für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass er die Bürokratie vereinfacht und abbaut und die Einstellung von Mitarbeitern aus dem Ausland so reibungslos wie möglich gestaltet. Wir sind ein internationales Team mit Mitarbeitern aus 17 verschiedenen Nationen. Wir möchten die besten Leute für uns gewinnen und diese befinden sich oft außerhalb der EU.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du kein Start-up gegründet hättest?
Ich wäre wahrscheinlich in einer Management-Position eines kleineren oder mittelgroßen Unternehmens tätig – auf jeden Fall in der Tech-Branche, in einem Umfeld, in dem mich keine alten Strukturen und Prozesse an der Arbeit hindern und umgeben von sehr smarten Leuten.
Bei welchem deutschen Start-up würdest Du gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde gerne mal bei N26 einen Blick hinter die Kulissen werfen. Es ist wirklich beeindruckend, wie schnell die Gründer das Unternehmen aufgebaut haben. Eine echte Erfolgsstory.
Du darfst eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reist Du?
Ich würde gerne zehn Jahre in die Zukunft reisen, damit ich auf die Erfolgsstory von WeAreDevelopers zurückblicken kann.
Du hast eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machst Du mit dem ganzen Geld?
Ich würde 80 Prozent des Geldes in Aktien investieren: 20 Prozent in Amazon, 20 Prozent in Facebook, 20 Prozent in Google, 10 Prozent in VISA und 10 Prozent in Mastercard. Die restlichen 20 Prozent würde ich in Cash behalten, um auf das „next big thing“ zu warten, das sich ergibt.
Wie verbringst Du einen schönen Sonntag?
Ein perfekter Sonntag sieht für mich wie folgt aus: Ausschlafen, gemütlich zu Hause Frühstücken, ins Fitnesscenter gehen und den Rest des Tages entspannen! So bekommt man den Kopf frei und kann auf andere Gedanken abseits des Business-Wahnsinns kommen.
Mit wem würdest Du gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Ganz klar mit Elon Musk. Mich beeindruckt seine Zielstrebigkeit und sein Mindset. Er hat einen unglaublichen Weitblick und beschäftigt sich mit Themen, die unsere Welt verändern werden. Das Business ist eine Konsequenz seiner visionären Ambitionen. Ich bewundere seine Risikoaffinität. Ich würde mich nie trauen, alles auf eine Karte zu setzten. Davor habe ich großen Respekt.
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