Gastbeitrag
Internationalisierung: Die 5 wichtigsten agilen Methoden
Nicht jedes Unternehmen denkt von Anfang an daran, dass auch jenseits der Landesgrenzen Absatz-Chancen locken. Umso wichtiger ist es, dass die Strategie bei einer späteren Internationalisierung gut durchdacht ist. Natürlich ist eine 1:1-Übersetzung der Webseite in andere Sprachen möglich und es besteht die Hoffnung, dass das ursprüngliche Konzept im Ausland genau so gut ankommt. Doch das finanzielle Risiko, mit einer teuren Komplett-Lösung nach monatelanger Planung, Entwicklung und Übersetzung in einem anderen Land zu starten, ist hoch. Stattdessen gehen Startups bei ihrer Internationalisierung besser agil, also Schritt für Schritt vor. Das gibt ihnen die Möglichkeit, über Tests und Anpassungen Erkenntnisse zu sammeln und so iterative Fortschritte zu machen. Hier Fünf Wege zur agilen Internationalisierung
1. Von Deutschland aus agieren
Das klingt zunächst einmal selbstverständlich, aber früher oder später stellt sich bei jeder Internationalisierung die Frage: Brauchen wir ein Büro in Paris / London / Rom? Natürlich, eine Hauptstadt-Adresse macht Eindruck auf Kunden, aber die damit verbundenen Kosten können immens sein. Die Steuerung der Auslands-Geschäfte von Deutschland aus ist daher gerade in der Startphase einer Internationalisierung zu empfehlen. Wenn die erste Ergebnisse zufriedenstellend sind, kann man sich immer noch die Frage stellen, ob eine Filiale im Ausland Sinn macht. Qualifiziertes Personal, Nähe am Markt und Kunden sind dafür die Hauptargumenten.
2. Die Beta-Version eines Produkts testen
Er hat die teuersten Studien besorgt und kennt alle Zahlen des ausländischen Markts auswendig – und dennoch wundert sich der Startup-Gründer, warum sein Produkt im Ausland nicht funktioniert. Aus seiner Sicht bietet er schließlich das Beste! Das mag stimmen, aber vielleicht ist das Produkt französischen / englischen / italienischen Kunden viel zu komplex und sie suchen lediglich die günstigste Variante. Solche Erkenntnisse gewinnen Unternehmen schnell und kostengünstig, indem sie ihre Produkte als Beta-Version im Zielland von Einheimischen testen lassen. Dies ist sogar über Umfrage und Remote-User-Tools möglich, so dass Gründer die Tests von Deutschland aus steuern können.
3. Das Produkt-Sortiment deutlich einschränken
Viele Webseiten-Betreiber werben damit, tausende Produkte im Sortiment zu haben, und führen Claims wie ”das größte Portal in Frankreich / England / Italien”. Das kann in der Tat ein wichtiges Kaufargument für Kunden sein, da die Größe eines Unternehmens ein Gefühl von Sicherheit gibt. Dennoch ist die Pflege eines großen Sortiments komplex, langwierig und kostspielig. Gründer sollten daher im Ausland genau wie bei ihrem Start in Deutschland mit ein paar wenigen Produkten beginnen. So lassen sich auch besser Erfahrungen zum Pricing sammeln, welches stark von dem am deutschen Markt abweichen kann.
4. Über Marketplaces verkaufen
Die Übersetzung einer Webseite ist meist schon im ersten Durchgang teuer und verschlingt oft im Nachgang weiteres Budget für qualitative Anpassungen und Suchmaschinenoptimierungen der Texte. Weitere Zeit- und Kostenfaktoren sind die Entscheidung für eine passende ausländische Domain, die Einrichtung einer Call-Center-Telefonnummer im Ausland und die Einstellung fremdsprachlichen Personals. All das können sich Startups sparen, die ihre Produkte zunächst über ausländische Marketplaces verkaufen. Auch wenn solche Marktplätze in Deutschland noch nicht sehr präsent sind, erfreuen sie sich z. B. in Frankreich großer Beliebtheit. Gründer profitieren dort von der enormen Sichtbarkeit von Amazon, Cdiscount, Rakuten & Co, ebenso von dem Vertrauen, das dortige Kunden lieber in große Marketplaces statt neuer Webseiten setzen. Weitere Gründe für Startups, ihr Konzept im Ausland zunächst auf Marketplaces zu testen: Sie brauchen nicht monatelang auf eine gute Positionierung in Suchmaschinen zu warten und ihr Budget nicht in Adwords-Werbung zu investieren.
5. Das Business-Model überdenken
Auch heutzutage sind einige Webseiten noch derart komplex, dass sie nicht leicht zu skalieren sind. Manchen Startup-Gründer trifft die Erkenntnis unangenehm überraschend, dass sich seine Webseite nicht wie gedacht internationalisieren lässt. Ein Beispiel: Ein perfekt funktionierender Preisvergleich bringt alles mit, was sich ein Kunde nur wünschen kann – Kundenbewertungen, detaillierte Filtermöglichkeiten, Hilfestellungen, Erklärvideos, etc. – und wird damit in Deutschland schnell zum Marktführer. Doch im Ausland funktioniert das Modell nicht, denn: Der Markt ist zu klein. Anstatt dies erst nach sechs Monaten teurer Entwicklungsarbeit festzustellen, sollten Gründer ihr Geschäftsmodell lieber vor der Internationalisierung überdenken und ggfs. kleiner starten. Im genannten Beispiel hätte der Gründer mit einem einfachen Produkt-Verzeichnis anstelle eines großen Preisvergleichs ganz agil erste Erkenntnisse sammeln und seinen Erfolg darauf aufbauen können.
Zum Autor
Der gebürtige Franzose Geoffroy Dickson berät mit seiner jahrelangen Erfahrung als Country Manager sowohl Startups als auch gestandene Unternehmen bei ihrer Expansion nach Frankreich. Mit France ID Consulting fokussiert er sich dabei auf alle wichtigen Aspekte einer Internationalisierung: von unverzichtbaren Grundlagen über zündende Strategien bis hin zu reibungslosen Geschäftsabläufen.
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