“Naivität hilft, um den ersten Schritt zu wagen”
Gemeinsam mit Benjamin Beck und Joachim Holst hob Natalie Richter das Getränke-Startup leev aus der Taufe. “Wir sind ein kleines Team von Apfelfreunden aus Hamburg. Wir sind überzeugt davon, dass jede gute Kleinigkeit den Tag schöner macht. Deshalb arbeiten wir mit Herzblut, Liebe und viel Einsatz daran, dass ihr Apfelsäfte serviert bekommt, die euch einfach umhauen”, sagt Gründerin Richter.
Auf Investoren haben die Hanseaten bisher komplett verzichtet. “Da wir unsere Freiheit in Entscheidungen und Arbeitsweisen behalten wollen”, sagt Richter. “Deshalb ist leev völlig eigenfinanziert, nur unterstützt von einem kleinen KfW-Gründerkredit”. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die leev-Gründerin über Haltung, Komplikationen und Unstimmigkeiten.
Welches Problem wollt Ihr mit leev lösen?
Dank Großindustrie und Massenfertigung geht das Besondere und Echte in unseren Lebensmitteln Stück für Stück verloren. leev bedeutet Liebe auf Plattdeutsch. Wir bei leev möchten den Menschen zeigen, wie viel Besonderes und Leckeres in unserer Heimat steckt, wenn man mit Liebe am Werk ist. Nach dieser Philosophie machen wir den altbekannten Apfelsaft zum Erlebnis. Durch sortenreine Pressung von hochwertigen, regionalen Äpfeln der Sorten Boskoop, Elstar und Holsteiner Cox entstehen drei völlig unterschiedliche Geschmacksrichtungen. Unsere Säfte schmecken nicht wie Apfelsaft, sondern wie die echten Äpfel. Begleitend zu diesem Basis-Sortiment haben wir die leev Hoppe entwickelt, eine herbe Apfelschorle mit Craft Beer-Hopfen. Weitere Kreationen werden folgen – auch jenseits des Apfels!
Jede Woche entstehen dutzende neue Start-ups, warum wird ausgerechnet leev ein Erfolg?
Die Getränke-Branche ist bestimmt nicht leicht und der Konkurrenzdruck extrem hoch. Hier braucht es einen langen Atem, eine starke Story und einen guten Vertrieb. Insbesondere der Vertrieb wird von vielen Start-ups unterschätzt. Wir verkaufen bei leev nicht nur ein Produkt, sondern unsere authentische Überzeugung, dass es in unserer Heimat extrem viel Leckeres zu entdecken gibt. Unsere Säfte und Schorlen sind einfach nur der beste Beweis dafür. Diese Haltung macht unseren Erfolg aus, denn sie macht Kunden zu Fans.
Bei welcher Gelegenheit kam Dir die Idee zu leev?
Während eines Ausflugs ins Alte Land bei Hamburg entdeckte ich in einem Hofladen sortenreine Apfelsäfte. Ich war so begeistert von den vielfältigen Geschmacksnuancen. Und fragte mich im gleichen Atemzug, warum in Hamburg, nur 40 Kilometer weiter, niemand etwas von dieser geilen Art Saft herzustellen weiß. Das wollte ich ändern.
Hat sich euer Konzept seit dem ersten Gedankenblitz verändert?
Wir wollten eigentlich viel schneller national expandieren. Haben dann aber recht schnell gemerkt, dass das mit einem schweren, noch dazu zerbrechlichen Produkt und regional stark verankerten Produkt wie Apfelsaft sehr komplex ist. Wir haben uns das einerseits zu einfach vorgestellt und andererseits aber auch unterschätzt, welches Potenzial allein in der Region Hamburg existiert. Denn wir Deutschen sind Apfelsaft-Weltmeister. Keine Nation auf der Welt trinkt mehr Apfelsaft pro Kopf. Wenn wir uns mit leev nur einen kleinen Prozentsatz dieses Marktes sichern, ist das schon eine runde Sache.
Was hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Mein Wissen war genau richtig zum Zeitpunkt der Gründung. Denn wenn ich gewusst hätte, wie viele Probleme, Hindernisse und Komplikationen auf mich als Gründerin eines Getränkestartups warten, hätte ich mich nicht getraut anzufangen. Ein gewisses Maß an Naivität hilft, um den ersten Schritt zu wagen und einfach zu machen.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die Finanzierung war eine der größten Fragen: Hochwertigen regionalen Apfelsaft kannst du nicht ganzjährig produzieren, da die Äpfel nach maximal sechs Monaten Lagerung an Geschmack verlieren. Das bedeutet, dass wir spätestens im Mai ein Warenlager anlegen müssen, das uns bis in den Herbst zur nächsten Ernte trägt. Die Mengen für die Hochsaison im Sommer vorzufinanzieren, aber auch richtig einzuschätzen, ist eine der größten Schwierigkeiten. Wenn dann noch Umweltbedingungen wie die Missernte in diesem Jahr dazu kommen, kann es ganz schnell ganz schön knifflig werden. Aber wir schaffen das!
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ein in sich stimmiges und komplementär aufgestelltes Gründerteam ist unerlässlich. Mindestens genauso wichtig ist aber, dass alle im Team mit der gleichen Vision in das Projekt starten. Gründerin zu sein und on top wie bei uns ganz bewusst ohne externe Geldgeber ein Unternehmen aufzuziehen, ist unglaublich anstrengend. Alle müssen wissen, wofür sie es tun und wofür sie auf sehr viel verzichten. Wenn es da Unstimmigkeiten gibt, kommt Sand ins Getriebe. Das habe ich am Anfang unterschätzt und es hat über eineinhalb Jahre gedauert, bis wir unser Team so aufgestellt hatten, dass es richtig gut funktioniert.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Vernetzt euch mit anderen Gründern. Insbesondere mit anderen Gründern im gleichen Segment. Der Austausch mit Getränkestartups hier in Hamburg ist unglaublich wertvoll. Wir helfen uns gegenseitig und ziehen gemeinsam an einem Strang. Denn am Ende treten wir gemeinsam gegen die Konvention und gegen die Großindustrie an. Das zu verinnerlichen und die anderen Startups nicht als Konkurrenz, sondern als Partner zu sehen, ist extrem wertvoll.
Welche Tools, welche Apps, welche Software erleichtert Dir den Arbeitsalltag?
Wir arbeiten mit einer Buchhaltungssoftware für Lieferscheine, Rechnungen und Controlling. On Top verwenden wir CRM Datenbank sowie Google als generelle Business Solution.
Wo steht leev in einem Jahr?
Wir haben bis 2019 unser Sortiment erfolgreich verbreitert, sind in der Hamburger Szenengastronomie fest verankert und in ganz Norddeutschland in EDEKAs vertreten. Wenn wir das schaffen, bin ich extrem zufrieden.
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