Seid “sorgfältig bei der Auswahl der ersten Mitarbeiter”
Im Sommer 2012 gründeten Sven Bläse, Mateo Freudenthal, Sebastian Wenzel die Feedback-Lösung Honestly. Anfangs war das Startup in Karlsruhe zu Hause. Inzwischen sitzt die Jungfirma, die unter anderem von Matthias Hartmann, Carsten Buschkühle und Klaas Kersting finanziell unterstützt wird, in Köln. “Wir haben in den letzten Monaten fleißig eingestellt und sind mittlerweile ein 25-köpfiges Team. In den letzten fünf Jahren konnten wir Jahr für Jahr ein starkes Umsatzwachstum von 100% verzeichnen. Mit unserem neuen Produkt im Bereich Employee Engagement sind wir also auf einem sehr guten Wachstumskurs”, sagt Mitgründer Bläse zum Stand der Dinge bei Honestly.
Aber nicht immer lief alles rund bei Honestly. “Wir sind nach unserer ersten größeren Finanzierungsrunde deutlich zu schnell gewachsen. Wir haben wie wild neue Mitarbeiter eingestellt und versucht, darüber das Wachstum zu erzwingen. Das Wachstum war aber nicht wirklich nachhaltig und im Endeffekt haben wir dabei jede Menge Geld verbrannt und für viel Frustration im Team gesorgt”, blickt Bläse zurück. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Bläse über ehrliches Feedback, Work-Life-Balance und Karnevalsmuffel.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Honestly erklären?
Liebe Oma, wir glauben fest daran, dass Unternehmen nur dann erfolgreich sein können, wenn sie offen und ehrlich mit ihren Mitarbeitern und Kunden reden. Darum hilft Honestly Unternehmen dabei, ihre Mitarbeiter und Kunden besser zu verstehen, um damit Probleme aufzudecken und Verbesserungen möglich zu machen. Insgesamt verhilft Honestly Mitarbeitern also zu einem angenehmen und erfüllenden Arbeitsplatz und Kunden zu einer besseren Erfahrung mit dem Unternehmen. Und wenn die Mitarbeiter glücklich und produktiv sowie die Kunden zufrieden sind und treu bleiben, dann zahlt sich das auch für das Unternehmen aus. Am Ende gewinnen also alle.
Bei welcher Gelegenheit entstand die Idee zu Honestly?
Wir haben uns schon vor vielen Jahren im Gründerteam über die Rolle von Smartphones in der Zukunft unterhalten – damals waren gerade einmal etwa zwei Millionen Smartphones auf dem deutschen Markt – und wie wir auf diese Entwicklung einwirken möchten. Ein weiterer Punkt, über den wir leidenschaftlich gerne diskutiert haben, war die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kunden kommunizieren. Viel zu oft „schreien“ die Unternehmen ihre Kunden mit viel Marketinggetöse an – ohne wirklich zuzuhören. Den Wunsch dies zu ändern, gepaart mit dem damaligen Smartphone-Trend, hat schließlich zu unserer ersten App geführt, mit der Kunden offenes und ehrliches Feedback an Unternehmen geben konnten. Seitdem hat sich bei Honestly natürlich einiges getan, wobei uns drei die Vision von bedingungslos ehrlichem Feedback nach wie vor stark vereint.
Wie hat sich Honestly seit der Gründung entwickelt?
Zu Beginn von Honestly, das war im Jahr 2011, haben wir mit der Vision gestartet, der Feedback-Kanal zwischen Unternehmen und ihren Kunden zu werden, sodass beide Seiten von einem regen und offenen Austausch profitieren können und die Kundenerfahrung verbessert werden kann. In der Zusammenarbeit mit unseren Kunden haben wir schnell gemerkt, dass Unternehmen auch ein sehr ähnliches Kommunikationsproblem mit ihren Mitarbeitern haben. Deswegen war Honestlys Mitarbeiterengagement-Lösung für uns der klare nächste Schritt. Mittlerweile haben wir nicht nur viele Kunden in Deutschland, sondern gewinnen jeden Monat viele neue Kunden auf der ganzen Welt hinzu, die ihre Mitarbeiter motivieren wollen.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Honestly inzwischen?
Wir haben in den letzten Monaten fleißig eingestellt und sind mittlerweile ein 25-köpfiges Team. In den letzten fünf Jahren konnten wir Jahr für Jahr ein starkes Umsatzwachstum von 100% verzeichnen. Mit unserem neuen Produkt im Bereich Employee Engagement sind wir also auf einem sehr guten Wachstumskurs.
Hat sich Euer Konzept in den vergangenen Jahren verändert?
Auf jeden Fall, die letzten Jahre haben wir unsere Feedback-Lösung stetig erweitert und auch neu erfunden. Anfangs haben wir uns noch auf eine mobile Feedback-App für Unternehmen und Kunden am Point of Sale konzentriert und dann um Honestlys erstes sehr erfolgreiches Produkt, unser Feedback-Terminal, erweitert. Neben unserem Kundenfeedback-Produkt erweitern wir mit unserem nagelneuen Mitarbeiterfeedback-Tool unser Angebot nun um eine vollautomatische Employee-Engagement-Lösung. Der Kern des Produkts ist eine wöchentliche Pulsumfrage, mit der die Unternehmen Bereiche wie Vergütung, Work-Life-Balance, Kultur oder persönliches Wachstum abklopfen können, um zu sehen, „wo der Schuh drückt“. Honestlys Kunden haben damit die Möglichkeit, ihre komplette Service-Profit-Chain zu messen, zu verbessern und letztendlich ihren Profit zu steigern.
Was hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Wie wichtig Fokus ist und vor allem wie schwer es ist, fokussiert zu bleiben. Wir waren gerade zu Beginn in nahezu allen Bereich defokussiert und haben zu viele Dinge parallel zu lange ausprobiert. Vor allem im Sales und in der Produktentwicklung hat uns das deutlich Momentum gekostet.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Honestly kommt ursprünglich aus Karlsruhe. Das Gründernetzwerk in Karlsruhe war für uns sehr hilfreich, sodass wir keine größeren Hürden hatten und von allen Seiten gut umsorgt wurden. Da wir direkt im Anschluss an die Uni mit Honestly gestartet sind und kaum Möglichkeiten hatten, Reserven aufzubauen, war die Frage, wie wir unsere Miete bezahlen sollen, sicherlich das spannendste und am Anfang auch das beängstigendste. Das EXIST-Gründerstipendium konnte für uns diese Zeit jedoch gut überbrücken.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Als Techie habe ich mich anfangs sehr zu technisch spannenden Lösungen für unsere Kunden hinreißen lassen. Das macht zwar Spaß und man lernt viel dabei, letzten Endes wird der Wert beim Kunden aber möglicherweise an anderer Stelle besser generiert. Wir hatten beispielsweise schon 2013 NFC-Chips in unseren Aufstellern beim Kunden integriert, um eine einfachere Nutzung durch den Kunden zu ermöglichen. Leider war zum einen die Verbreitung von passenden Geräten gering und zum anderen die Bedienung für die meisten Kunden völlig unklar. Das war eine schöne Demo, aber leider auch nicht mehr.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir sind nach unserer ersten größeren Finanzierungsrunde deutlich zu schnell gewachsen. Wir haben wie wild neue Mitarbeiter eingestellt und versucht, darüber das Wachstum zu erzwingen. Das Wachstum war aber nicht wirklich nachhaltig und im Endeffekt haben wir dabei jede Menge Geld verbrannt und für viel Frustration im Team gesorgt.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben seit unserer Gründung immer sehr darauf geachtet, wen wir bei uns einstellen. Team-fit und Talent war uns immer sehr wichtig. Mittlerweile haben wir ein super Team aufgebaut. Außerdem sind wir stolz darauf, schon früh sehr große Konzerne als Kunden für uns gewonnen zu haben, da wir sehr darauf bedacht sind, auch die strengsten Datenschutzvorschriften einzuhalten.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Ich würde jedem Gründer empfehlen, sehr sorgfältig bei der Auswahl der ersten Mitarbeiter zu sein. Frühe Mitarbeiter prägen die Kultur des Startups ungemein. Eine gute Kultur zahlt sich vor allem in den Zeiten aus, in denen nicht alles wie geplant läuft – und diese Zeiten werden kommen. Außerdem kann ich jedem Gründer nur empfehlen, sich einen persönlichen Mentor zu holen. Gerade in den frühen Jahren ist es wichtig, sich schnellstmöglich weiterzuentwickeln. Unser Business Angel Matthias Hartmann beispielsweise ist ein Meister in Strategie und Management und daher sehr geschätzt als Mentor im Management-Team.
Wo steht Honestly in einem Jahr?
In einem Jahr wird unser Mitarbeiterfeedback-Produkt, Honestly Engage, der De-facto-Standard im Bereich Employee Engagement in Europa sein. Das heißt hunderttausende von Mitarbeitern werden in einem Jahr leichtfüßiger zur Arbeit gehen als sie es noch heute tun.
Reden wir noch über Köln. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Köln als Startup-Standort?
Karneval! Spaß beiseite: In Köln hat man einen hervorragenden Zugang zu Talenten. Während in Berlin Talente hart umkämpft werden, hat man es hier leichter, die richtigen Kollegen zu finden und zu halten. Die Mieten und Lebenshaltungskosten in Köln gehen für eine Stadt dieser Größe in Ordnung und die Anbindung an den Rest Deutschlands und der Welt ist hervorragend. Und ganz persönlich finde ich die Stadt Köln durch ihre Größe und vor allem auch durch die herzliche und leicht verrückte Art ihrer Bewohner wesentlich gemütlicher als Berlin – aber das ist sicherlich Ansichtssache!
Was macht den besonderen Reiz der Startup-Szene in Köln aus?
Wahrscheinlich die Stadt und die Mentalität ihrer Einwohner selbst. Als Gründer, insbesondere in der anfänglichen Überlebensphase deines Start-ups, diktieren Meilensteine und Stress deinen Alltag. Doch Kölns „fünfte Jahreszeit“ und der überschwängliche Frohsinn der ganzen Stadt federt selbst die erdrückendsten Sorgen mühelos ab und lässt Dich zur rechten Zeit aufatmen – selbst als überzeugter Karnevalsmuffel.
Was ist in Köln einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
Köln ist trotz seiner eine Million Einwohner sehr kompakt und man kann alles schnell per Fahrrad oder Bahn erreichen – etwas, das ich sehr zu schätzen gelernt habe. Berlin ist für mein Empfinden sehr weitflächig und verworren. Auf der anderen Seite ist Berlin natürlich Deutschlands Start-up-Hub Nummer Eins, sodass sowohl das Investorennetzwerk als auch der Startup-Verbund stärker ausgeprägt sind und es sehr viele Events und Meet-ups in diese Richtung gibt.
Was fehlt in Köln noch?
Ich würde mich über mehr Veranstaltungen wie etwa den Pirate Summit in Köln freuen und mehr Formate, in denen man sich unter Gründern austauschen kann. In letzter Zeit haben wir uns vermehrt untereinander getroffen und ich freue mich darauf, diesen Austausch in Zukunft auszubauen.
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