“In Mumbai haben wir ein Piano angenommen”
Rund um das Thema Postdigitalisierung sind in den vergangenen Monaten etliche Startups an den Start gegangen. Sven Hecker und Christian Hemmrich sowie das Team von Clevver bearbeiten dieses Segment schon seit 2013. Mehrere Business Angel – darunter Cornelius Boersch von Mountain Partners, Volker Rofalski von Heliad Partners und simyo-Mitgründer Andreas Perreiter investierten gerade einen hohen sechsstelligen Betrag in Clevver. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Hecker über Probleme und Zukunftsaussichten.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Clevver erklären?
Wir sind das digitale und internationale Virtual Office. Das heißt: Wir ermöglichen Unternehmen und Freelancern die Geschäftsfähigkeit in jedem gewünschten Land der Erde, einfach und digital. Für Privatpersonen empfangen wir ihre Post und digitalisieren sie – an allen internationalen Standorten.
Rund um das Thema Postdigitalisierung gibt es neuerdings einige Anbieter. Was macht ihr anders als der Rest?
Wir sind bereits im Jahr 2013 mit Postdigitalisierung gestartet und diese ist auch die Basis all unserer Services. Die Unterscheidungskriterien im Bereich Postdigitalisierung zu anderen Anbietern: Viele nehmen lediglich Briefsendungen an. Wir bieten ebenso den Empfang von Paketen. Hier schrecken wir auch nicht vor Sonderwünschen zurück: In Mumbai haben wir ein Piano angenommen, in London eine Motorhaube eines Oldtimers und diese weitergeleitet. Dabei bieten wir nicht nur einen einzelnen Standort, sondern ein weltweites Netzwerk von aktuell 37 Standorten. Wir bieten aber bereits – und demnächst – viel mehr: Weltweite VoIP-Telefonnummern, Meetingräume, Shared Office Desks sowie die Gründung von Unternehmen. Somit digitalisieren wir nicht nur Post, wir machen SME in fremden Ländern geschäftsfähig. Zu guter Letzt ist unsere Software bereits jetzt Enterprise fähig, dass heißt wir haben eine voll funktionsfähige White Label-Lösung geschaffen. Unternehmen können damit ihre eigene Post inhouse digitalisieren und den Mitarbeitern zur Verfügung stellen.
Wie hat sich Clevver seit der Gründung entwickelt?
Wir haben unser Unternehmen von Beginn bis September 2017 mit eigenem Geld finanziert. Nachteilig ist, dass somit die finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt waren und wir jeden Euro umdrehen mussten. Vorteilhaft: Wir konnten somit immer 100 % der Anteile in Gründerhand behalten und das Unternehmen strategisch selbstständig entwickeln. Nach der Gründung haben wir die Software in 2014 für einen Standort in Berlin entwickelt. Der nächste Schritt war es dann 2015 auch ‘mehrstandordfähig’ zu werden. Es folgten somit Hamburg, Frankfurt und München aufgrund der regionalen Nähe und weil schnelle Trainings möglich waren. Als wir sahen, dass die Software in Deutschland funktioniert, sind wir mit weiteren Standorten in den USA und UK gestartet. Und in 2017 ist die Software white label-fähig geworden. Zu Beginn des Jahres 2017 haben wir uns entschlossen, mit dem Proof of Concept, einer stabilen Kundenbasis und entsprechenden Umsätzen, externes Kapital für ein exponentielles Wachstum an Bord zu holen. Wie bekannt, haben wir zum Ende des Jahres auch ein erfolgreiches Angel Investment abgeschlossen. In diesem Jahr liegt der Fokus somit auf dem Ausbau der Plattform ‘Internationalization as a Service’ und das Wachstum im amerikanischen Markt.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist dein Start-up inzwischen?
Aktuell sind wir ein Team von 25 Mitarbeitern, davon 11 Entwickler.
Gerade habt ihr erstmals Geld eingesammelt. Wie geht es nun weiter?
Das Angel Investment gibt uns die Chance, unser Team mit weiteren Profis aufzustocken. Aktuell sind vier Stellen vakant. Wir verwalten aktuell mehr als 10.000 Postboxen weltweit. Dabei begeistert unsere Umsatzentwicklung unsere Investoren und uns gleichermaßen. Natürlich kann in 2018 die Gewinnzone noch nicht unser Ziel sein, da wir in neue Services, Standorte und eben Personal, insgesamt also in schnelles Wachstum investieren.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Kleine und größere Probleme lauern jeden Tag, das ist Normalzustand bei einem Startup und gerade mit der Arbeit von Partnern auf der ganzen Welt. Aber das macht es ja auch so spannend. Wir haben in einem Monat, um Kosten zu sparen, das Werbebudget im Bereich Adwords eingeschränkt. Und natürlich hat sich das direkt negativ auf unser Wachstum ausgewirkt. Heute würden wir an allem sparen, aber nicht an direktem Marketing. Oder wir haben natürlich auch bei der Personalauswahl nicht immer ein gutes Händchen bewiesen. Somit Leute eingestellt, die dann doch nicht die gewünschte Leistung erbrachten. Und das kostet bei einem kleinen Team vier bis sechs Monate an Arbeit und vor allem es fehlt die Performance. Wir haben daraufhin unseren Einstellungsprozess grundlegend verbessert.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Mit Clevver haben wir eine smarte, internationale Marke und Plattform geschaffen, die in einem Markt agiert, der vom Wettbewerb nur sehr lokal abgedeckt wird. Zudem finden im Markt auch sehr unterschiedliche Level in der digitalen Umsetzung dieser Services statt. Hier sehen wir uns führend. Mit Postempfang und -digitalisierung an internationalen Standorten haben wir ein Produkt geschaffen, das Kunden weltweit einen hohen Nutzen bietet und dies zu sehr fairen Preisen. Die Zuwächse bei unseren Kunden geben uns Recht, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich denke, mit der angesprochenen Ausweitung des Produktangebots „Internationalization as a Service“ schaffen wir eine weltweit einzigartige Plattform, wenn man an schnelle, digitale und grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit nachdenkt. Bei der Personalstrategie war es richtig, direkt ein eigenes Entwicklerteam zu beschäftigen, anstatt auf Auftragsprogrammierung oder ähnliches. zurückzugreifen. Die Qualität und das aufgebaute Know-how sind extrem wertvoll.
Wo steht Clevver in einem Jahr?
Heute in einem Jahr werden wir unsere hundertste Location eröffnet haben. Neben der klassischen Geschäftsadresse mit Postdigitalisierung ermöglichen wir SMEs und Freelancern die weltweite Geschäftstätigkeit. Wir sind dann der One-Stop-Shop für ‘Internationalization as a Service’ und verkürzen so die für den Kunden üblichen ‘Wochen und Monate der rechtlichen Hürden’. Das heißt deutlich geringere Such- und Transaktionskosten, mehr Sicherheit und vor allem neue Geschäftsmöglichkeiten in fremden Ländern.
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