Interview
Bei der Renovierung einer Kirche zahlte Homebell Lehrgeld
Zahlreiche Startups kümmern sich um die Digitalisierung im Handwerkersegment – darunter auch Homebell aus Berlin. SevenVentures und die beiden Versicherungsunternehmen AXA sowie Helvetia investierten kürzlich 11 Millionen Euro in den Renovierungsdienst, der 2015 von Felix Swoboda und Sascha Weiler gegründet wurde. Rund 100 Mitarbeiter wirken derzeit für Homebell, das 2016 in einer handfesten Krise steckte und auch Mitarbeiter entlassen musste – samt Rückzug aus Großbritannien. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Swoboda über Renovierungsarbeiten, Deckenhöhen und Lehrgeld.
Ihr habt gerade 11 Millionen Euro eingesammelt. Wo steht Homebell derzeit?
Homebell ist Deutschlands meistgebuchter Online-Anbieter für Renovierungsarbeiten. Seit unserer Gründung im Oktober 2015 haben wir über 10.000 Aufträge abgewickelt, Tendenz steigend. Daneben haben wir in rund zwei Jahren Deutschlands größtes Handwerkernetzwerk aufgebaut. Wir arbeiten mit über 400 Betrieben zusammen und können unsere Leistungen deutschlandweit anbieten. Auch in den Niederlanden, unserem zweiten Kernmarkt, sind wir sehr erfolgreich.
Wie genau sind Sie mit Ihren jetzigen Geldgebern in Kontakt gekommen?
Wir waren mit unseren neuen Investoren schon länger in Kontakt, da es sich um erfahrene Investoren in der Startup-Szene handelt und haben uns über die letzten Jahre gut kennengelernt. Als wir angefangen haben über diese Runde nachzudenken, kannten wir uns bereits gut, sodass die Entscheidung recht schnell gefallen ist, den zukünftigen Weg gemeinsam zu gestalten.
Was war bei der letzten Finanzierungsrunde die größte Herausforderung?
Um weiter erfolgreich wachsen zu können sind neben einer finanziellen Komponente auch inhaltliche Unterstützung wichtig. Daher wollten wir den neuen Investorenkreis so gestalten, dass er Homebell auch operativ weiterbringt. Die Wunschkandidaten zu überzeugen ist natürlich auch mit Arbeit verbunden und wir sind sehr froh, dass es so gut funktioniert hat.
An welchen Stellen musste das Tagesgeschäft unter der Arbeit an der Finanzierungsrunde leiden?
Natürlich bringen Gespräche mit Investoren und Due Diligence zusätzlichen Aufwand mit sich. Glücklicherweise haben wir vor Homebell bereits Startups erfolgreich gegründet und wussten, was im Rahmen einer Finanzierungsrunde auf uns zukommt. Dadurch konnten wir uns gut darauf einstellen. Dank eines super Teams in allen Bereichen wurde das Tagesgeschäft somit nur leicht beeinflusst.
Wie genau hat sich Homebell seit der Gründung entwickelt?
Homebell befindet sich seit seiner Gründung auf Wachstumskurs. Aus dem zu Beginn aus nur sieben Mitarbeitern bestehendem Geschäft ist ein international operierendes Unternehmen geworden, das seine Services immer weiter verfeinert. Ein Beispiel hierfür ist der Vermittlungsprozess der Aufträge, den wir stark automatisiert haben, um sowohl Handwerkersuchenden als auch Handwerkern das Leben weiter zu vereinfachen. So können wir einen Großteil der Aufträge automatisch und objektiv per Algorithmus bepreisen und digital organisiert von unseren Handwerkern durchführen lassen.
Hat sich euer Konzept dabei verändert?
Homebell entstand aus der Idee, die Suche, die Beauftragung und die Durchführung von Renovierungsarbeiten mit Hilfe digitaler Technologien so einfach wie möglich zu machen. Kunden erhalten in wenigen Klicks ein Angebot und können sich darauf verlassen, dass der Auftrag von zuverlässigen Handwerkern umgesetzt wird, während sie sich um nichts mehr kümmern müssen. Unsere Handwerker konzentrieren sich voll auf die Ausführung der Aufträge, während wir ihnen alle organisatorischen Tätigkeiten wie Kundengewinnung, Kundenservice, Payment und sogar den Materialeinkauf abnehmen. Dadurch haben sie mehr Zeit für ihre eigentliche Dienstleistung. An diesem Konzept und dem daraus resultierenden Geschäftsmodell halten wir seit Anfang fest.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Homebell inzwischen?
Aktuell beschäftigen wir 100 Mitarbeiter. Hinzu kommt das erwähnte Handwerkernetzwerk mit 400 Betrieb und über 3500 Beschäftigten. Unsere Kernmärkte sind Deutschland und die Niederlande.
Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Unser Preisalgorithmus hat Anfangs nicht alle Eventualitäten bedacht. Zu Beginn rechnete das Programm beispielsweise mit einer standardisierten Deckenhöhe von 2,70 Metern. Allerdings hatten wir einmal einen Kunden, bei dem es um eine Kirche ging. Die Decken waren entsprechend höher als in einer Durchschnittswohnung. Der Auftrag gestaltete sich aufwändiger, da zunächst ein Gerüst aufgebaut werden musste, das wir dann auch aus eigener Tasche gezahlt habe. Für die weitere Gestaltung unserer Services war das für uns im Nachhinein ein sinnvolles Lehrgeld und wir konnten den Algorithmus damit weiter verfeinern.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir denken mit unserer Ausgangsidee und unserer Markteinschätzung lagen wir richtig. Der Ansatz, Kunden bei der digitalen Handwerkersuche- und beauftragung, aber auch Handwerker bei der Auftragsabwicklung zu unterstützen, hat sich als spannender Markt mit großer Nachfrage gezeigt. Mit unserem Geschäftsmodell haben wir die Digitalisierung des Handwerkermarkts auf die nächste Stufe gebracht und sind damit nicht nur erfolgreich, sondern auch einzigartig im Markt.
Wo steht Hombell in einem Jahr?
Wir wollen 2018 weiter wachsen. Aktuell rechnen wir mit mindestens 10.000 weiteren Auftragsabwicklungen für 2018. Zudem wollen wir unseren Umsatz stark steigern. Daneben werden wir unseren Service weiter ausbauen. Ein Beispiel dafür sind unsere Inspirationen, die wir auf der Homebell-Website anbieten und mit denen wir dem Kunden Ideen für die Renovierung an die Hand geben. Zusätzlich entwickeln wir ein Planungstool, von dem sowohl der Kunde als auch der Handwerker profitiert: Das Tool hilft bei der Berechnung der Kosten, die für einen Handwerkerauftrag anfallen. Nicht nur der mühselige Preisvergleich auf Kundenseite, sondern auch die aufwändige Kostenkalkulation für den Handwerker entfallen dadurch.
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