5 Regeln für erfolgreiches Bootstrapping
Bootstrappen ist langwierig und mit vielen privaten Entbehrungen verbunden. Warum du es trotzdem tun solltest? Weil du unabhängig bleibst und es sich richtig gut anfühlt, es aus eigener Kraft zu schaffen. 100% an meiner eigenen Company sind mir deutlich mehr wert als ein 1%-Anteil an einem von Geldgebern dominierten Milliardenunternehmen. Nach meinem Ausstieg aus der Beratung habe ich mit 60.000 Euro die kartenmacherei gegründet. Heute, sieben Jahre später, machen wir einen Jahresumsatz von mehr als 30 Millionen Euro. Ganz ohne Business Angels und Finanzierungsrunden. Hier sind meine 5 Grundregeln für erfolgreiches Bootstrapping:
Fange jetzt an zu sparen!
Wenn du bootstrappen willst, fange jetzt an zu sparen, auch wenn der Zeitpunkt deiner Unternehmensgründung vielleicht noch lange nicht gekommen ist. Der Wunsch, Unternehmer zu sein, keimt ja schon lange vor der zündenden Idee in dir. Irgendwann ist es soweit und wenn du dann nichts auf der hohen Kante hast, bist du gezwungen, externe Investoren reinzuholen. Das war’s dann mit der Unabhängigkeit. Selbst wenn dein Erspartes am Ende nicht ganz für die Gründung reicht, sollte der erste Schritt dich nicht zu einem Investor führen. Zumindest nicht, wenn du keine Kontrolle von Außen willst. Suche dir lieber Unterstützung in der Familie bzw. bei Menschen, die in dich vertrauen und an deren Starthilfe keine ROI und Exit-Bedingungen geknüpft sind. Obwohl ich durch die Jahre in der Beratung mit einem gewissen finanziellen Polster ausgestattet war, hat das Ersparte auch bei mir nicht ganz gereicht. Meine Familie hat mir finanziell ausgeholfen und mir erlaubt, mich komplett auf den Aufbau meines Unternehmens zu konzentrieren.
Jeder Cent fürs Unternehmen, kein Cent für dich!
Wenn du bootstrappst, muss dir klar sein: Die ersten Jahre deiner Unternehmensgründung werden vor allem von Entbehrungen geprägt sein. Ganz ehrlich: In dieser Zeit geht es einfach nicht um dich. Es geht nur um dein Unternehmen. Jeder Cent, den du verdienst, muss in dein StartUp zurückfließen. Wenn du schlau reinvestierst, siehst du dein Unternehmen wachsen – Schritt für Schritt. Keine großen Finanzierungsrunden bedeuten eben auch: keine großen Sprünge. Das sukzessive Vorankommen ist aber gleichzeitig ein sehr gutes Zeichen dafür, dass dein Geschäftsmodell funktioniert. Meine Frau und ich haben uns in den ersten Jahren extrem eingeschränkt. Wir sind überhaupt nicht mehr gereist, haben unsere Besorgungen nur noch bei Discountern erledigt. Ich habe zwei Jahre lang keine neue Hose gekauft. Es war oft nicht einfach, aber es hat sich gelohnt.
Mach alles, was du kannst, selbst!
Investiere deine eigene Zeit, anstatt Dienstleister für ihre Zeit zu bezahlen. Source nur kriegsentscheidende Aufgaben aus, die du selbst nicht in der notwendigen Qualität erledigen kannst. Dein Budget ist extrem begrenzt, also musst du auf die Ressource zählen, die „eh da“ ist: du! In der Anfangsphase habe ich so gut wie alles selbst gemacht: von Produktentwicklung bis Kundenservice. Nachts habe ich manuell Grafiken exportiert. Hätte ich es mir einfacher machen können? Theoretisch ja. Aber ein Invest in Automatisierung oder externe Ressourcen war in dieser frühen Phase einfach nicht wirtschaftlich sinnvoll. Nur die Umsetzung des Shops habe ich damals professionellen Entwicklern überlassen. Heute profitiere ich immer noch davon, dass ich alle Aufgabenbereiche selbst durchlaufen und ihre Herausforderungen am eigenen Leib erfahren habe. Ich habe extrem viel gelernt.
Fokussiere dich auf das Wesentliche!
Wenn dein StartUp überleben (und später wachsen) soll, musst du dich von Anfang an auf das Wesentliche fokussieren. Wenig Geld zu haben ist dabei sogar ganz hilfreich: Du bist gezwungen, nur das zu machen, was du wirklich brauchst. Und – oft noch schwieriger – nur das zu machen, was deine Kunden wirklich brauchen. Für unseren ersten Konfigurator wollte ich um die 100 Features haben. Ich wollte meinen Kunden alles bieten, auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Im Gespräch mit den Entwicklern kam die Ernüchterung sehr schnell: Ich konnte mir gerade einmal 20 Features leisten. Also war ich gezwungen, die Kernbedürfnisse meiner Kunden bestmöglich zu verstehen. Und nur die Features umzusetzen, die für meine Kunden essentiell waren. Bis heute ist der Konfigurator fast unverändert. Denn die beste Lösung ist meistens simpel – also die mit der geringstmöglichen Komplexität. Sie zu finden ist allerdings alles andere als einfach. Ich empfehle dir, deine Produkte und Services extrem lean zu entwickeln und dein Ohr dabei ganz nah an deiner Zielgruppe zu haben. So sparst du am Ende viel Zeit und Geld.
Erst optimieren – dann skalieren!
Einfach nur Marketingdollar zu verbrennen, wird dein Unternehmen nicht profitabel machen. Gerade dein begrenztes Budget sollte dich antreiben, erst dann zu skalieren, wenn du dein Business Model, dein Produkt und deine Prozesse ganz nah am Kunden optimiert hast. Dieser Optimierungsprozess sollte niemals aufhören, auch wenn man ihn – gerade wenn es gut läuft – schnell aus den Augen verlieren kann. Wir sind 2010 mit wenigen Produkten und kleinen Marketingbudgets gestartet. Und auch heute noch fokussieren wir uns auf unsere Conversion-Rate. Neue Produkte entwickeln und optimieren wir im engen Austausch mit unseren Kunden. Oft ist es gar nicht entscheidend, der erste mit einem Produkt im Markt zu sein, sondern das bessere Produkt zu haben. Wir suchen immer nach Stellhebeln, testen, messen, optimieren. Das hilft uns, stetig und nachhaltig zu wachsen.
Über den Autor
2010 gründete Christoph Behn auf seinem Dachboden kartenmacherei.de. Heute zählt der Online Anbieter für personalisierbare Event-Papeterie mit 130 Mitarbeitern zu den Marktführern in Europa. Behn ist nicht nur selbst Unternehmer: Er fördert und fordert unternehmerisches Denken in seinem Team und steht als Mentor StartUps und Gründern beratend zur Seite.
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