Arbeitsrecht für Start-ups – Das müssen Gründer beachten
Entwickelt sich eine Idee zum Unternehmen, wird ein Mensch zum Gründer. Auf einmal ist er Schnittstelle für Kunden, Investoren, Lieferanten und ebenso wichtig: Mitarbeiter. Die Rolle des Arbeitgebers sollte er dabei nicht weniger aufmerksam gestalten, als das zu verkaufende Produkt. Denn als Chef des eigenen Teams ist es nun auch seine Aufgabe, sich mit den arbeitsrechtlichen Themen eines Geschäfts zu befassen. Paul-Alexander Thies, Gründer vom Online-Buchhaltungstool Billomat weiß, wie man der neuen Verantwortung dem Unternehmen und seinen Arbeitnehmern gegenüber gerecht wird. Der erfahrene Geschäftsführer erklärt, welche Fehler sich von Stellenausschreibung bis Kündigung vermeiden lassen.
Klare Rollenverteilung: Gründer und/oder Gesellschafter und/oder Geschäftsführer?
Bevor ein Gründer seine ersten Mitarbeiter sucht, sollte er zunächst die eigene Rolle im Unternehmen klar definieren. Die meisten Geschäftsführer haben an der Firma, in der sie arbeiten, keine Kapitalbeteiligung (sind nicht Gesellschafter) und sind somit sozialversicherungspflichtig, wie jeder andere Angestellte auch. Das ist bei vielen Startups aber nicht der Fall, denn Gründer bilden dort oft auch das Management. Hier ist rechtlich entscheidend, ob der Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschafterversammlung nehmen kann oder nicht. Kommen weitere Gesellschafter ins Unternehmen, kann auch das den sozialversicherungsrechtlichen Stand des Gründers verändern. Mit dem Statusfeststellungsverfahren der deutschen Rentenversicherung kann die rechtliche Rolle des Unternehmers eindeutig festgestellt werden.
Erste Schritte: Stellenausschreibung und freie Mitarbeiter
Möchte der Neuunternehmer junge Männer, die anpacken und dazu eine ältere, erfahrende Buchhalterin? Sollte er Wünsche dieser Art nach außen kommunizieren, drohen ihm schnell sechsstellige Entschädigungsansprüche. Denn damit bricht er das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Jeder Bewerber kann Schadensanspruch erheben, wenn er sich durch eine solche Annonce diskriminiert sieht. Stimmt das Gericht zu, können je Klage bis zu drei Brutto-Monatsgehälter des ausgeschriebenen Jobs eingeklagt werden. Bei 40 Männern, die sich durch die Suche nach einer „Assistentin“ im Nachteil sehen, macht das bei einem Bruttogehalt von 3.000 Euro satte 360.000 Euro Strafe. Ähnlich gefährlich kann es sein, auf die feste Anstellung von Arbeitnehmern zu verzichten. Gründer wissen oft nicht um die Zukunft ihres Startups und beschäftigen deshalb lieber Freelancer oder Consultants. Doch sollten diese ausschließlich für das Startup arbeiten, lautet die Anklage schnell: Scheinselbstständigkeit. Der Leidtragende ist der Gründer. Er muss mit hohen Nach- oder Strafzahlungen an die Sozialversicherung rechnen.
Nägel mit Köpfen: Arbeitsvertrag schützt Mensch und Idee
Musterverträge aus dem Internet bieten eine gute Grundlage für einen Arbeitsvertrag, doch sollte die Möglichkeit genutzt werden, individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festzulegen. Probezeit und Kündigungsfrist geben beiden Parteien Sicherheit, doch muss im Vertrag auch das wichtigste Gut eines jeden Startups geschützt werden: Das interne Know-How. Für die Ausformulierungen etwa zum Geheimnis- und Kundenschutz sollte hier keine Vorlage verwendet werden, denn eine Patentlösung gibt es nicht. Der Gründer kann darüber hinaus über nachträgliche Wettbewerbsverbote entscheiden. Verlässt ein Mitarbeiter mit Schlüsselposition das Unternehmen, kann ihm der Übergang zur Konkurrenz so verwehrt bleiben. Je konkreter die Reglungen formuliert sind, desto sicherer ist die Zukunft des Unternehmens.
Fazit: Erfolg beruht auf einem festen Fundament
Die Mitarbeiter eines Startups setzen mit ihrer Energie die Ideen eines Gründers in Taten und Erfolge um. Wie diese Energie gesucht und genutzt werden darf, wird durch das deutsche Arbeitsrecht klar definiert. Inwiefern diese Kraft an das Unternehmen gebunden wird, entscheidet hingegen jeder Gründer für sich selbst. Die rechtlichen Eigenschaften vom Betrieb und Unternehmer selbst bilden das Fundament und Gerüst des Projekts und haben Auswirkungen auf viele Faktoren im Arbeitsrecht. Chef zu sein, ist eben nicht immer leicht, aber mit dem richtigen Wissen machbar.
Zum Autor
Steuerexperte Paul-Alexander Thies ist Geschäftsführer des Online-Buchhaltungstool Billomat. Mit seiner Leidenschaft für strategische Unternehmens- und Produktentwicklung gründete Thies bereits während seines Studiums ein Unternehmen. Heute blickt der Vollblut-Onliner auf über neun Jahre Erfahrungen als Führungskraft zurück und konnte viele Unternehmen wie Groupon, Payleven (Rocket Internet) und Travador mit aufbauen. Seine Leidenschaft für den E-Commerce-Bereich sowie seine Motivation für den Zukunftsmarkt FinTech führen ihn nun zu Billomat.
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