Von Alexander
Mittwoch, 4. Oktober 2017

“Du brauchst Ausdauer und Willensstärke”

"Als Gründer solltest du dir immer bewusst sein, dass du sehr viel Zeit und Nerven investierst. Ungewissheit, keine festen, vorgefertigten Strukturen und Prozesse, viel Kritik, viele Zweifler und besonders am Anfang kein festes Einkommen", sagt Matthias Vrieler von Bullazo.

Bei Bullazo geht es recht edel zur Sache. Onliner finden auf der “klassische Business und Lifestyle Accessoires”. Für das Start-up aus Münster arbeiten bereits fünf feste Mitarbeiter. Im Mini-Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Matthias Vrieler über seinen Arbeitsalltag.

Wie sieht Dein ganz normaler Start-up-Arbeitsalltag aus – von früh bis spät?
Ein normaler Arbeitsalltag? Morgens geht es mit dem Rad ins Büro. Uhrzeit? Je nachdem wie lange ich am Vorabend gearbeitet habe, spätestens 9 Uhr ist der Plan. Beim Kaffee plane ich dann meinen Tag, schreibe mir meine To Dos auf, verteile Aufgaben im Team und checke meine Mails, die wichtigsten Zahlen und unseren Shop. Hört sich nicht viel an, nimmt aber oft schon extrem viel Zeit in Anspruch. Über den Tag verteilt wird viel telefoniert, besprochen und umgesetzt. Dabei gehe ich auch neue Projekte an und drifte manchmal etwas ab. Wenn gegen späten Nachmittag / Abend etwas Ruhe im Büro eingekehrt, kann ich mich am besten fokussieren und arbeite ich mit guter Musik das ab, was bisher liegen geblieben ist. Aber wann läuft ein Start-up Arbeitstag schon normal ab? Das ist ja auch gerade das Spannende.

Was hättest Du gerne gewusst, bevor Du Dein Start-up gegründet hast?
Es gibt sehr viel Wissen, dass man sich selbst aneignen muss. Dazu gehören zum Beispiel die zeitintensiven Personalangelegenheiten und besonders die Bereiche, die nicht zu den Kernaktivitäten gehören. Aber letztlich ist es genau das, was Gründen für mich ausmacht: sich Wissen anzueignen, eigene Methoden und Prozesse zu entwickeln und das Geschäftsmodell groß zu machen. Jeder muss hier seinen eigenen Weg gehen, auch wenn der Austausch mit anderen Gründern, die bereits einen ähnlichen Weg gegangen sind, unglaublich wichtig ist. Es bringt jedoch nichts, wenn dir jemand genau vorschreiben will, wie du etwas zu machen hast, da jedes Unternehmen einzigartig und unterschiedlichen Einflussfaktoren ausgesetzt ist. Wenn man sich das Basic Know-How angeeignet hat, fällt es einem zudem viel leichter, sich konkrete Hilfe für bestimmte Bereiche zu holen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Als Gründer solltest du dir immer bewusst sein, dass du sehr viel Zeit und Nerven investierst. Ungewissheit, keine festen, vorgefertigten Strukturen und Prozesse, viel Kritik, viele Zweifler und besonders am Anfang kein festes Einkommen. Du brauchst die Ausdauer und Willensstärke, durchzuhalten, auch wenn es manchmal schwierig ist – aber das wichtigste ist, dass man zufrieden und glücklich ist mit dem, was man tut. Dabei sollte man keine Angst davor haben, Fehler zu machen. Das Lernen aus Fehlern ist einer der kostbarsten Prozesse in der Unternehmensgründung. Nichts zu tun wäre also der größte Fehler!

Was ist die wichtigste Lektion, die Du als Gründer bisher gelernt hast?
Als Gründer entwickelt man sich unglaublich stark weiter. Fachlich muss man sich auf einmal mit ganz neuen Themen auseinandersetzen und in letzter Instanz Entscheidungen treffen, für die man auch einstehen muss. Außerdem musst du selbst von deinem Geschäftsmodell und deinen Produkten überzeugt sein – warum sollte denn sonst jemand anderes deine Produkte kaufen? Eine besonders wichtige Lektion ist das Vertrauen in andere. Ab einem gewissen Punkt kann man nicht mehr alles selbst machen und muss sich gute, qualifizierte Leute ins Team holen, die deine Vision und deine Werte teilen. Außerdem musst du mutig sein. Mutig, indem du groß denkst. Mutig, indem du in den richtigen Momenten Geduld bewahrst. Und mutig, indem du dich nicht von Niederschlägen einkriegen lässt.

Was kann die Politik machen, um Gründern das Leben zu erleichtern?
Interessante Frage. Ein Startgeld und Unterstützung für den Beginn wären da vielleicht ein guter Punkt. Nicht jeder, der eine geniale Idee hat, kann sich durch Bootstrapping was Eigenes aufbauen. Besonders wenn man direkt aus der Schule/Ausbildung/Uni kommt. Gleichzeitig sehe ich den Mindestlohn bei Praktikanten für viele Startups als kontraproduktiv an. Der Sinn des Praktikums ist meiner Meinung nach die Orientierung, bei der man wertvolle Berufserfahrung sammeln kann. Die Konsequenz vom Mindestlohn bei Praktika: es werden enorme Berufserfahrungen vorausgesetzt. Jemand mit wenig Berufserfahrung hat kaum Chancen auf ein freiwilliges Praktikum, das länger als 3 Monate geht. Besonders in einem Startup bietet ein Praktikum eine enorme Lernkurve. Nirgendwo sonst kann man so viele unterschiedliche Geschäftsbereiche kennenlernen und mit aufbauen. Ich sehe ein Praktikum als eine Investition in die Zukunft und in das Berufsleben, die nicht ausgebeutet, aber auch nicht durch den Mindestlohn eingegrenzt werden sollte.

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Foto (oben): Shutterstock