“Auch in einem frühen Stadium auf Kundensuche gehen”
Das Team hinter dem Dortmunder Start-up MotionMiners entwickelte in den vergangen Wochen und Monaten eine Lösung zur automatischen Aufnahme und Analyse von industriellen Arbeitsprozessen. “Aktuell arbeiten wir an einer Art Messkoffer für Unternehmen, der unsere Hardware und Software bzw. die damit verbundene Softwarelizenz beinhaltet. Prozessmanager in Unternehmen oder Berater können Messungen so eigenständig durchführen“, sagt Sascha Kaczmarek, der das Fraunhofer Spin-off gemeinsam mit Sascha Feldhorst und René Grzeszick gegründet hat, zur Zukunft des Start-ups, das gerade den Digital Logistics Award gewonnen hat. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Kaczmarek über Datenschutz, Kundensuche und Verzahnung.
Wie würdest Du Deiner Großmutter MotionMiners erklären?
In kaum einer Branche ist der Krankenstand so hoch wie in der Logistik und er steigt weiter. Zudem ist der Zeit- und Kostendruck für die Betreiber enorm. Das liegt daran, dass der Mensch die treibende Kraft dieser Branche ist und viele Arbeitsschritte manuell erfolgen. Im Tagesgeschäft kommt dabei die Analyse und Optimierung der anfallenden Tätigkeiten oft viel zu kurz. Wir haben uns entschlossen, ein Start-up zu gründen, das Arbeitsprozesse in solchen Berufen mit hoher Belastung analysiert und die Unternehmen in die Lage versetzt, die Arbeitsweise und die Arbeitsbedingungen zu erfassen und zu verbessern. Und das ohne selbst mit dem Klemmbrett daneben zu stehen. Dafür bekommt der Mitarbeiter eine digitale Uhr oder einen Sensor als Anstecker, der seine Bewegungen und Arbeitsprozesse anonymisiert aufnimmt. Im Nachhinein können diese Daten ausgewertet werden und die Verantwortlichen können sehen wie häufig gewisse Körperhaltungen eingenommen werden und vor allem wie viel Aufwand hinter den einzelnen Prozessschritten steckt. Ziel dabei ist es, die Arbeit der Menschen in der Industrie einfacher, effizienter und gesünder zu gestalten. Dabei bleibt die Privatsphäre und das Recht auf Datenschutz des einzelnen Mitarbeiters stets gewahrt.
Hat sich Euer Konzept, Eurer Geschäftsmodell, von der Idee bis jetzt verändert?
Die Idee zu der Technologie ist im Rahmen der Forschung meines Mitgründers Sascha Feldhorst entstanden. Zunächst hatte er gar nicht beabsichtigt, mit dieser Technologie an den Markt zu gehen. Im Zuge von Feldstudien während der Forschung ist jedoch ein großes Interesse seitens der beteiligten Unternehmen entstanden. Gestartet sind wir nun mit reinen Beratungsprojekten, bei denen wir unsere Technologie für einen begrenzten Zeitraum für unsere Kunden einsetzen. Als nächstes gehen wir nun verstetigbare Lösungen an.
Wie war Euer Weg bisher, ihr seid ja noch recht jung?
Ich denke, dass wir heute dastehen, wo wir sind, hängt vor allen Dingen damit zusammen, dass wir uns getraut haben, auch in einem frühen Stadium auf Kundensuche zu gehen. Der Kontakt zu Kunden hat uns selbst aber auch unsere technische Entwicklung enorm weitergebracht. Glücklicherweise haben wir ein starkes Netzwerk von Unterstützern, die uns zu diesem Schritt ermutigt haben und uns auch bei der Umsetzung behilflich waren. Das gilt insbesondere für Fraunhofer Venture und deren Accelerator, F-Days. Bei den F-Days geht es um die Entwicklung und Evaluation von Geschäftsmodellen. Themen mit denen wir als ehemalige Forscher bzw. Angestellte aus der Industrie bis dato noch keine Berührungspunkte hatten.
Wo steht MotionMiners in einem Jahr?
In einem Jahr sind wir hoffentlich soweit, dass wir ein skalierbares Produkt haben, mit dem wir uns als Unternehmen tragen. Außerdem würde es uns sehr freuen, wenn bis dahin das Team aus mindestens 10 MotionMinern bestehen würde.
Reden wir zudem noch über das Ruhrgebiet. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Dortmund als Start-up-Standort?
Vor allen Dingen spricht der beste deutsche Fußballverein für diesen Standort, auch wenn unser Schalker im Team da sicherlich nicht der gleichen Meinung ist. Spaß bei Seite – gerade für ein Logistik-Start-up ist Dortmund ein äußerst attraktiver Standort. Mit dem Fraunhofer IML, dem Digitial Hub Logistics, in dem wir am 1. Oktober unsere Büroräume beziehen werden, oder weiteren Initiativen, wie der Industrial Data Space Association oder dem EffizienzCluster LogistikRuhr gibt es hier ein enorm starkes Netzwerk und damit eine enge Verzahnung mit der Industrie. Mit der Nähe zur TU Dortmund und FH Dortmund haben wir zudem direkt Zugriff auf Studierende der Studiengänge Logistik, Information und Elektrotechnik. Eine ähnliche Konstellation entwickelt sich aktuell in Duisburg, wo der Duisport ebenfalls eine Start-up-Initiative im Bereich Logistik aufs Gleis setzt. Von daher spricht unserer Meinung nach viel für das Ruhrgebiet und insbesondere Dortmund als Standort für junge Logistikunternehmen.
Was macht den besonderen Reiz der Startup-Szene in Dortmund aus?
Die Start-up-Szene in Dortmund wird maßgeblich von der Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund geprägt, die sich seit langem dafür einsetzt, die Dortmunder Start-up-Szene zu fördern. Dabei ist die Quantität mit Sicherheit nicht mit Berlin oder München zu vergleichen, aber verstecken braucht sich Dortmund trotzdem nicht. Was uns so an der Start-up-Szene in Dortmund bzw. im gesamten Ruhrgebiet gut gefällt ist, dass man es mit bodenständigen, ehrlichen und hart arbeitenden Menschen zu tun hat. Vermutlich hängt das Ganze auch mit der Geschichte dieser Region zusammen.
Was fehlt in Dortmund noch?
Aus Sicht eines Logistik-Start-Ups fehlt aktuell eigentlich nichts. Bei der Frage fällt jedoch auf, dass bundesweit gesehen die Attraktivität des Standortes Dortmund gerade für Gründungen im Logistikbereich anscheinend nicht wirklich wahrgenommen wird. Vielleicht und das hoffen wir stark, können wir dazu beitragen, dass sich dies in Zukunft ändert.
In unserem Themenschwerpunkt Ruhrgebiet beschäftigen wir uns – in Zusammenarbeit mit dem ruhr:Hub, dem Netzwerk der Digitalen Wirtschaft im Ruhrgebiet, ausgiebig mit Start-ups im schönen Revier.
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