Sebastian Scheele im Interview
“Zu Beginn der Gründung habe ich viel Lehrgeld bezahlt”
In unserem Themenschwerpunkt Sologründer beschäftigen wir uns ausführlich mit Einzelgründern, also Gründern die als Einzelperson ein Start-up hochziehen. Im Sologründer-Interview mit deutsche-startups.de spricht Sebastian Scheele, Gründer des Immobilienmarktplatzes Immobase, über Kraftakte, Lehrgeld und Kostenfallen.
Was sind die größte Herausforderungen, der sich Sologründer stellen müssen?
Die Herausforderungen sind immens. Zu den finanziellen Kraftakten dem Mut und dem Durchhaltevermögen sollten sich Ausdauer und eigenständiges Handeln einstellen. Die Ziele, die man sich selbst gesteckt hat, müssen ständig ergebnisorientiert vorangetrieben werden. Man darf nicht nachlassen in seinem Bestreben, das Konzept immer wieder neu überdenken und dabei weiter verbessern. Wer nicht am Ball bleibt, wird überholt oder verliert das Ziel aus den Augen. Man ist „selbst“ und vor allem „ständig“ aktiv. Last, but not least: SEO. Gutes und erfolgreiches SEO ist meiner Meinung nach unerlässlich, egal für wen und welches Projekt. Gerade im Bereich der Gründung sollte man sich frühzeitig damit auseinandersetzen.
Würden Sie wieder ein Unternehmen alleine gründen?
Ja, jederzeit! Das Wichtigste nach meiner Erfahrung für einen Sologründer ist übrigens ein starker Partner an seiner Seite und bzw. oder familiärer Rückhalt. Der Rückhalt ist nötig, da bei jeder Gründung Unwägbarkeiten auf einen zukommen, als man denkt. Ich bin für die andauernde Unterstützung meiner Frau, Familie und Freunde dankbar. Ohne Sie hätte ich es sicherlich nie so weit geschafft! Danke!
Sind Ihnen Fehler unterlaufen, die bei einer Teamgründung vermutlich nicht passiert wären?
Natürlich unterlaufen einem Fehler. Aus Fehlern kann man aber auch lernen und sie gehören wie in jedem Lebensabschnitt dazu, um zu reifen, sich zu verbessern und Arbeitsschritte zu optimieren. Ob diese auch im Team entstanden wären, kann ich nicht beurteilen. Die Qualität der Teamarbeit hängt maßgeblich vom Wissen und Können der einzelnen Personen im Team ab. Wie harmonieren diese Personen und wie sind diese anderen Vorschlägen gegenüber offen, auch wenn diese mal komplett von der eigenen Vorstellung abweichen. Die Verbesserung der Ideen, mithilfe eines Teams kann sehr konstruktiv sein. Sicher fehlt Sologründern dieser gedankliche Austausch.
Wie kann man sich diesen als Sologründer holen?
Man kann diese Tests in seinem privaten Umfeld vollziehen und die Rückmeldungen kritisch, ehrlich und objektiv in den Produktentwicklungsprozess einfließen lassen. Wichtig ist dabei ein ehrliches und konstruktives Feedback auch von Leuten, die sich in den Bereichen auskennen oder einfach interessiert sind. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Man muss sich dabei immer wieder auf die ursprüngliche Aufgabenstellung zurücksetzen. Ich hab mich zu Beginn der Gründung zu oft in Details verloren und zu viel gleichzeitig geplant und umgesetzt. Natürlich habe ich auch – im Team – mit externen Dienstleistern, vor allem Programmierern zusammen gearbeitet. Zu Beginn hatte ich keine Ahnung von PHP und Co., dabei sind mir gravierende Fehler in der Beauftragung und Beurteilung der Qualität der Dienstleister unterlaufen. Mittlerweile habe ich – vor allem mit Hilfe eines “geduldigen Programmierers” – viel gelernt und selbst beigebracht. Ich bin dankbar für das, was ich bis jetzt erreicht habe und dafür, wo ich bereits heute stehe! Das war nicht immer so. Zu Beginn der Gründung habe ich viel Lehrgeld bezahlt. Ich habe daraus viel gelernt und vermeide diese Kostenfallen heute. Die beiden Coder, mit denen ich heute zusammenarbeite, sind genial. Sie harmonieren zusammen sehr gut und sind trotz Projektlänge immer noch motiviert. Sie sind auf Ihrem Gebiet echte Spezialisten: Für Ihre Mithilfe und Unterstützung bin ich sehr dankbar. Gute Dienstleister, die über den Tellerrand hinaus sehen und sich auch mit dem Projekt identifizieren können, können die fehlende Teamstruktur gut kompensieren.
Blicken wir einmal auf die positive Seite: Was ist der größte Vorteil, den Sologründer haben?
Der Hauptvorteil der Selbständigkeit liegt in hohem Maße in der Freiheit des eigenen Handels. Man ist sein eigener Herr. Man muss nicht jede Entscheidung abstimmen oder sich gegebenenfalls dafür sogar rechtfertigen. Dies birgt aber auch eine gewisse Gefahr, die man nur durch Weitsicht und konstruktives Feedback von Freunden und Bekannten halbwegs kompensieren kann. Eine Gründung alleine, zu zweit oder im Team hängt von der Ausgangslage und dem Geschäftsmodel ab. Der Sologründer sollte hundert prozentig von seiner Idee und Konzept überzeugt sein. Der mögliche wirtschaftliche Erfolg dient als Motivation, sollte aber nicht der ausschlaggebende Faktor sein. Die Grundvoraussetzung für eine Gründung sollte immer einen gewissen wirtschaftlichen Erfolg in Aussicht stellen. Mit einer guten Idee alleine lässt sich noch kein Deckungsbeitrag erwirtschaften. Ein Solopreneur kann autark gut von zu Hause oder aus der Garage heraus arbeiten. Ein Team benötigt in der Regel ein Büro, mehr Budget und die richtigen Leute. Der Druck der Rentabilität dürfte im Team deutlich größer sein, weil ja auch die Kosten höher sind. Als Einzelgründer kann man zudem sehr schnell und gezielt auf Marktveränderungen reagieren. Man kann Kompetenzen zukaufen, wenn nötig oder darauf verzichten, wenn kein Bedarf mehr besteht. Man hat seine Kosten und Ausgaben besser „im Griff“ und ist nicht gezwungen sofort und auf Anhieb positive Deckungsbeiträge zu erwirtschaften.
Jetzt ein Blick auf die negative Seite: Was ist der größte Nachteil, den Sologründer haben?
Im Team kann man sich gegenseitig motivieren und ist füreinander da. Zusammen eine Idee zu verfolgen, auszubauen und zu realisieren setzt mehr Kräfte frei, als wenn man alleine einen Schritt nach dem anderen vollziehen muss. Im Team kann schneller gearbeitet werden, da Aufgaben verteilt werden können und jeder das macht, worin er am besten qualifiziert ist. Sologründern sollten in der Lage sein alleine Dinge umsetzen zu können. Bis ein Resultat erzielt ist muss eine Person alleine viele Male jedes Für- und Wider bedenken und abwägen. Die Synergien, die in einem Team entstehen, gibt es hier nicht. Prozesse dauern länger. Entscheidungen und Ergebnisse können nicht erörtert werden. Ein „Ein-Mann-Team“ muss daher kreativer und agiler sein und die Ideen von vielen Seiten alleine betrachten und Entscheidungen und Folgen daraus alleine treffen. Der Sologründer sollte nicht nur eine gute Geschäftsidee mitbringen, sondern unbedingten Willen, Durchhaltevermögen besitzen, selbständiges Arbeiten lieben, KEINEN Arbeitsaufwand scheuen, ein gesundes Selbstvertrauen und Mut besitzen. Man muss die PS, etwas bewegen zu wollen, tatsächlich auch auf die Straße bringen.
Welchen Tipp geben Sie anderen Sologründern mit auf den Weg?
Erstens: Nicht träumen, sondern handeln! Zweitens: Realistisch bleiben! Nicht jede Idee ist wirtschaftlich tragfähig. Drittens: Unbedingt auf die Ausgaben achten und zunächst nicht damit rechnen, dass sofort hohe Erträge erwirtschaftet werden. Jede Ausgabe überdenken und das Budget genau kalkulieren. Viertens: Jeden Tag nutzen! Selbst und ständig am Thema dran bleiben. Die Arbeit erledigt sich nicht von alleine. Die undankbaren Aufgaben müssen auch zeiteffizient abgearbeitet werden, auch wenn man lieber direkt am Projekt weiter arbeiten möchte. Die Buchhaltung muss eben auch gemacht werden!
Aus unserem Themenschwerpunkt Sologründer: “So finden Solopreneure das passende Geschäftsmodell“, “Einzelgründer sind keine schlechten Teamplayer” und “Einzelgründer müssen nicht immer kleine Brötchen backen“.
Buchtipp für Sologründer: Ausführliche Informationen über das große Thema Solopreneurship (in all seinen Facetten) bietet das gelungene und lehrreiche Buch “Solopreneur: Alleine schneller am Ziel“ von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg, das als Buch und EBook zur Verfüfung steht. Hier ein Auszug: “Lieber solo gründen? Drei Mythen rund um Teams“.
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